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Sorry, Ihr Hotel ist abgebrannt

Titel: Sorry, Ihr Hotel ist abgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Blinda
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immer wieder ansteuere. Die Bären dort erkennen mich an Stimme und Geruch – so wie ich die Tiere an ihrem Verhalten erkenne. »Lass uns angeln gehen«, schlug meine Mitseglerin vor, und wir kämpften uns vom Boot aus mit Stiefeln durch das hohe Gras zum Fluss vor, der in die Bucht mündet. Im Hintergrund erhob sich eine Bergkette aus erloschenen Vulkanen.
    Wie sich zeigte, war der Fluss voll mit verschiedenen Lachs-arten. Dreimal fing ich einen der wenig schmackhaften Hundslachse, die – wie der Name schon sagt – höchstens an Hunde verfüttert werden. Dreimal ließ ich sie wieder schwimmen. Endlich hatte ich einen leckeren Silberlachs an der Angel, die Schnur straffte sich, die Rute bog sich, und im richtigen Moment zog ich den Fisch an Land. Gerade wollte ich mit einem Stück Holz das zappelnde Tier betäuben, da tauchte direkt neben uns ein Grizzly auf. Blitzschnell schnappte er sich den Lachs unter dem Holzknüppel weg.
    Erschrocken schrie ich auf, und der tierische Dieb flüchtete mit dem Fisch im Maul. Im wilden Lauf durch die Graslandschaft zog er die Angelrute an der Schnur hinter sich her und verschwand. Das junge, über 300 Kilogramm schwere Männchen hatte sich zuvor von hinten an uns herangeschlichen und bis auf zwei Meter genähert. Die Hundslachse hatten auch seine Gourmetzunge nicht gelockt – erst bei der Silberlachsdelikatesse schlug er gezielt zu.
    Am nächsten Tag fanden wir den Fischkopf im Gras, das Hirn säuberlich ausgeleckt, den Blinker noch im Maul. Daneben lag die Angel mit der gerissenen Schnur. Meine junge Kollegin, die während des Überfalls zur Salzsäule erstarrt war, beschloss nach insgesamt drei Monaten auf der »Tardis«, dass das mit der Tierfilmerei doch nichts für sie ist.
    Tony Wheeler, Jahrgang 1946, reiste als 26-Jähriger zusammen mit seiner Frau Maureen über Land von Europa nach Asien. Danach waren sie pleite – und veröffentlichten den Reiseführer »Across Asia on the Cheap«. Es war das erste Lonely-Planet-Buch und der Beginn einer einzigartigen Erfolgsgeschichte. Ihren Verlag haben die Wheelers inzwischen verkauft, sind aber weiterhin jedes Jahr mehrere Monate unterwegs.
    Ich war schon seit ein paar Monaten in Indien, um unseren Reiseführer für das Land zu überarbeiten. Allmählich rückte der Abgabetermin näher, und ich musste noch mehrere Orte im Bundesstaat Himachal Pradesh besuchen. Im Kolonialstädtchen Shimla mietete ich für drei Tage ein Auto mit Fahrer – unvermeidlich war, dass der einen Assistenten mitnahm. Die Rundreise sollte über Manali und Dalhousie nach Dharamsala und zuletzt Chandigarh führen.
    Wir handelten einen Preis aus und vereinbarten, dass ich eine Anzahlung für Benzin und andere Kosten leisten würde. Der Restbetrag sollte dann am Zielort beglichen werden. Am nächsten Morgen kletterte ich auf den Rücksitz des ehrwürdigen Hindustan-Ambassador-Kleinwagens. Bevor wir die Stadtgrenze erreicht hatten, hielt der Fahrer an, um einen weiteren Vorschuss fürs Benzin zu erbitten. »Ich habe euch eine Anzahlung für Benzin gegeben«, protestierte ich. »Wir haben ausgemacht, dass ich den Rest zahle, wenn wir nach Chandigarh kommen, warum braucht ihr jetzt schon mehr Geld?« Eine umständliche Erklärung folgte. Nach einigen Minuten wurde mir klar, dass wir nirgendwohin fahren würden, wenn ich nicht die Tankfüllung bezahlte, also rückte ich widerwillig das Geld heraus. Anschließend folgten wir weiter der Straße, bis wir nach einigen Kilometern den ersten Platten hatten.
    Das Ersatzrad wurde aus dem Kofferraum gewuchtet. Der Reifen war – natürlich – ebenfalls platt, und der Fahrer und sein Assistent setzten sich an den Straßenrand, um beide zu reparieren. Dieser Ablauf wiederholte sich in den nächsten drei Tagen immer wieder: Die beiden fragten nach Cash für Benzin, wir fuhren ein bisschen, dann gab es eine Reifenpanne, und die beiden flickten wieder.
    Am zweiten Tag erreichten wir nach Einbruch der Dunkelheit endlich Dharamsala. Und wieder einmal bat das unerschrockene Duo um einen Obulus. »Wir haben kein Geld für Essen und keinen Schlafplatz für die Nacht«, winselte der Assistent. »Ich auch nicht«, antwortete ich mit einem Gefühl boshafter Befriedigung – die Benzin-Vorschüsse hatten in Kombination mit einem kompletten Fehlen von Banken an der Strecke dazu geführt, dass ich keine Rupie mehr in der Tasche hatte.
    Bis die Banken am nächsten Morgen öffneten, war ich völlig mittellos und ganz sicher nicht in der

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