Sorry, Ihr Hotel ist abgebrannt
Anstalten, nach Hause zu gehen. Als er mich rufen hört, eilt er zur Tür und schließt sie auf. »Haben Sie mich vergessen?«, frage ich. »Ich musste eine Anzeige aufnehmen«, sagt er ausweichend. »Wie auch immer – vielen Dank für die Gastfreundlichkeit!« Endlich wieder frei, wandere ich guten Mutes weiter.
Freya Hoffmeister, Jahrgang 1964, umrundete 2010 als erster Mensch auf einer Solotour den Kontinent Australien mit dem Seekajak. Für die 13 714 Kilometer entlang der Küsten brauchte die Husumerin 332 Tage.
Ein einziges Mal habe ich an meinem Plan, ganz Australien zu umpaddeln, gezweifelt. Und überlegt, ob es das Risiko wirklich wert ist. Das war an der Nordküste, etwa auf halber Strecke: Ich war um Mitternacht vom Ninety-Mile-Beach kurz hinter Broome gestartet, da es dort einen großen Tidenhub von zwölf Metern gibt und ich mich nach den Gezeiten richten musste. Um sechs Uhr morgens, es wurde gerade hell, gab es einen kräftigen Ruck am Heck. Ein Haiangriff! Ich musste aufpassen, dass ich mit meinem Seekajak in dem milchigen Wasser nicht kenterte.
Ich war das schon gewohnt: In diesen tropischen Gewässern hatte ich zwei bis drei Raubfischattacken am Tag. Wenn die Haie längere Zeit hinter mir hergeschwommen waren, stießen sie einfach mal ins Heck rein, um meine Futtertauglichkeit zu testen. Zunächst bekam ich jedes Mal einen Riesenschreck, es wackelte, und ich musste das Kajak mit dem Paddel stützen. Es ging aber immer glimpflich ab, und irgendwann habe ich mich nur noch umgedreht und gerufen: Verpiss dich!
Diesmal aber wurde mein Boot immer schwerer. Wahrscheinlich bist du nach rund zwölf Stunden Paddeln einfach müde, dachte ich und landete mittags an. Da bemerkte ich, dass der hintere Teil mit Wasser vollgelaufen war. Zudem entdeckte ich am Heck jede Menge Kratzer und Löcher in der Bootshaut. Bissspuren! In einem Loch ganz oben fand ich sogar einen kleinen Haizahn. Dem Kieferabdruck nach muss der Hai etwa fünf Meter groß gewesen sein und mit weit aufgerissenem Maul in mein Boot gebissen haben. Hätte ich ein weniger stabiles Boot gehabt, wäre es vielleicht zerbrochen. Nach dieser Erkenntnis saß ich erst einmal zwei Stunden lang am Strand, um mich von dem Schock zu erholen. Anschließend habe ich einfach die Löcher geflickt und gedacht: Weiter geht’s!
Nach dem Angriff muss es sich wohl rumgesprochen haben, dass mein Fiberglasboot nicht essbar ist – denn an der ganzen restlichen Küste bin ich nie wieder von Haien attackiert worden.
Michael Martin, Jahrgang 1963, reist seit über 30 Jahren in die heißesten Regionen der Erde. Der Münchner Fotograf und Geograph hat mit seinem Motorrad alle Wüsten der Welt durchquert und mehr als 20 Bücher veröffentlicht.
Die Piste zum Ol Doinyo Lengai, einem aktiven Vulkan im Norden Tansanias, ist mit Motorrädern schwierig zu befahren. Meine drei Mitfahrer und ich kommen langsamer vorwärts als gedacht und müssen in der halbwüstenartigen Landschaft übernachten – eine Fahrstunde vom letzten Massai-Dorf entfernt.
Als ich am nächsten Morgen aus dem Zelt krieche, um den Morgenkaffee zu kochen, fällt mir auf, dass unsere beiden Ersatzreifen fehlen. Hatten wir in der Nacht etwa Besuch von Dieben? Kurze Zeit später stehen zwei hochgewachsene Massai, junge Moran-Krieger mit Speeren, im Lager und beobachten unsere Frühstücksvorbereitungen. Mein Freund Kay mustert die beiden von oben bis unten. Sein verblüffter Blick bleibt an den Schuhen unserer Besucher hängen. Sie sind nagelneu – und aus Reifengummi!
Mittlerweile sind noch zwei Moran dazugekommen, wortlos beobachten auch sie uns und winken dann weitere Krieger herbei. Bevor wir uns über die Motive unserer Besucher im Klaren sind, bemerkt Kay, dass seine Kamera weg ist. Einer der Massai weicht zurück und versucht, unauffällig etwas unter seiner Shuka, seinem roten Umhang, zu verbergen. Als Kay ihn darauf anspricht, greifen sich die Krieger alles Mögliche vom Boden und verschwinden.
Auf dem felsigen Gelände wäre eine Verfolgungsjagd per Motorrad völlig sinnlos. Stattdessen machen wir eine Bestandsaufnahme: »Mir fehlt das Waschzeug!« »Meine Kamera haben sie auch geklaut!« Auch ein paar Töpfe und zwei Schlafmatten sind gestohlen. Was tun? Wir fahren die Piste weiter und treffen bald an einem Brunnen auf die Diebe. Die Massai begrüßen uns freundlich und benehmen sich zunächst, als wüssten sie von nichts. Auf unsere Drohung, dass wir in Mondule die Polizei verständigen,
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