Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sorry

Titel: Sorry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
Vom Netzwerk:
zeigen. Der Mann weiß, wo deine wunde Stelle ist.
    – Wer also bist du? fragt er.
    – Lars Meybach.
    – Und du bist dir da sicher?
    – Ich bin mir sicher.
    Der Mann nimmt einen Hammer von der Werkbank und beginnt, dir die Rippen zu brechen.
     
    Der Herbst war das Ende, nicht der Winter. Im Herbst verloschen die Lichter, und die Schatten erwachten zum Leben. Es war die Zeit der Wandlung. Damals wußtest du nicht, daß es auch die Zeit deiner Wandlung sein sollte.
    Du erinnerst dich an die Gerüche. Du weißt noch, wie sich das Leben anfühlt. Alles war möglich. Sundance war voller Hoffnungen, Butch ging es gut.
    Während ihres gemeinsamen Sommerurlaubs in Schweden hatte Sundance sich den Knöchel verstaucht und im Krankenhauseine Ärztin kennengelernt. Er nahm sich zum Herbstanfang eine Woche frei und besuchte die Ärztin in Stockholm. Weil sein Rückflug ausfiel, wurde er umgebucht und kehrte einen Tag früher aus Schweden zurück. Butch wußte nichts davon, Sundance wollte ihn überraschen.
    Nachdem er vom Flughafen nach Hause gefahren war, machte er sich auf den Weg zum Supermarkt und kaufte ein. Er wollte kochen, und wenn Butch am Abend nach Hause käme, würden sie seine Rückkehr feiern.
    Gegen drei Uhr nachmittags hörte Sundance Schritte in der Wohnung über sich. An manchen Tagen kam Butch früher von der Arbeit nach Hause. Sundance beeilte sich mit dem Kochen. Er deckte den Tisch und stellte den Backofen an, dann nahm er die zwei Geschenke für Butch, die er in Stockholm besorgt hatte, und ging nach oben.
    Niemand öffnete.
    Sundance klingelte ein zweites Mal und überlegte, ob er schnell seinen Schlüssel holen sollte. Er glaubte nicht, daß er sich die Geräusche vorhin eingebildet hatte. Andererseits wollte er nicht in die Wohnung platzen, während Butch auf dem Klo saß. Er hatte sich geschworen, Butch zu vertrauen und seine Privatsphäre zu achten. Er klingelte erneut. Das Trommeln von Schritten war zu hören, dann ging die Tür auf.
    Der kleine Butch stand vor ihm. Als wäre er aus der Vergangenheit angereist, um sich dem großen Sundance zu zeigen. Aber die Haarfarbe stimmte nicht, die Augen waren anders, und je länger Sundance hinschaute, desto mehr wunderte er sich, wie er den Jungen für den kleinen Butch hatte halten können.
    – Geh weg von der Tür, hörte er Butchs Stimme aus der Wohnung.
    Der Junge sah Sundance nur an, dann wich er zurück in die Schatten, ging rückwärts durch den Flur und berührte dabei eine Wand mit den Fingerspitzen, um sich zu orientieren. Als er den Türrahmen des Schlafzimmers erreicht hatte, blieb er stehen.
    – Wer ist an der Tür? fragte Butch.
    – Ein Mann.
    – Was für ein Mann?
    Der Junge zuckte mit den Schultern.
    Butch sagte dem Jungen, er solle ihn ansehen.
    Der Junge sah ihn an.
    – Du lügst doch nicht, oder?
    Der Junge schüttelte den Kopf.
    Butch trat aus dem Schlafzimmer.
    Die Wohnungstür stand immer noch offen, aber da war niemand mehr.
    Butch schaute in den Hausflur.
    – Scheißwerbefuzzis, sagte er und schloß die Wohnungstür.
     
    Sundance handelte. Er durchdachte jeden Schritt. Es sollte keine Fehler geben. Nachdem er in seine Wohnung zurückgekehrt war, stellte er den Backofen aus und setzte sich an den Küchentisch. Er dachte nach. Er hatte zwei Sorten Schlafmittel in seinem Medizinschrank. Er öffnete eine Flasche Wein. Um halb acht rief er Butch über das Handy an und sagte ihm, er wäre eben gelandet und würde sich ein Taxi nehmen. Ob Butch Lust hätte, um neun mit ihm zu essen.
    – Was gibt es denn? fragte Butch.
    – Ich kratz irgendwas zusammen, versprach Sundance und unterbrach die Verbindung.
    Er saß die nächste halbe Stunde reglos auf einem Stuhl, dann ging er zur Haustür, öffnete und warf sie wieder zu.
    Er war wieder zu Hause.
     
    Sie umarmten sich, sie setzten sich zum Essen, er holte Butchs Geschenke, und sie lachten über den Blödsinn, den er gekauft hatte. Einen Pullover mit einem roten Rentier vorne drauf, eine Mütze mit Ohrenklappen. Sie tranken Wein, und Sundance erzählte von seiner Zeit in Schweden; Butch erzählte von der vielen Arbeit und weshalb er heute beinahe nicht aus der Werbeagentur rausgekommen wäre. Einmal verschwand Sundance auf die Toilette. Er nahm sich ein Handtuch, drückte es auf sein Gesicht und schrie hinein. Danach wartete er, bis seine Gesichtsfarbe wieder normal war, und kehrte an den Tisch zurück.
    Das Schlafmittel begann nach dem dritten Glas zu wirken. Butchwurde erst warm,

Weitere Kostenlose Bücher