Sorry
Besseres verdient haben.
– Denken Sie?
– Ja, denke ich.
– Mir gefällt es hier.
– Nein, Ihnen gefällt es hier nicht.
Sie hört auf, die Visitenkarte zu drehen. Sie widerspricht ihm nicht.
Gott sei Dank.
– Wohin wollen Sie? fragt Kris.
– So einfach? fragt sie zurück.
– Ja, so einfach. Ich beschaffe Ihnen eine bessere Position in einer anderen Firma, dafür nehmen Sie Hessmanns Entschuldigung an und lassen die Wut und Verletztheit hinter sich, das ist mein Angebot.
Kris weiß, daß es nie so einfach ist, Wut und Verletztheit hinter sich zu lassen. Er findet aber, daß Julia Lambert hören sollte, daß die Möglichkeit besteht und daß ein besserer Job als der vorherige eine gute Revanche darstellt.
Das Telefon klingelt. Julia Lambert läßt es klingeln und drückt zwei Knöpfe, damit sie Ruhe haben. Das Telefon verstummt.
– Ab wann? fragt sie.
– Hessmann hat mir Carte blanche gegeben, was Sie angeht. Das heißt, wann immer Sie wollen. Niemand lebt gerne mit Schuld. Auch Hessmann nicht.
Julia Lambert lacht zum zweiten Mal, seit Kris bei ihr ist. Es ist zwar ein verhaltenes Lachen, dennoch ist es ein Lachen, das aus der Tiefe kommt.
Gut.
– Er konnte das letzte halbe Jahr großartig damit leben, sagt sie. Ich bezweifle, daß er schlaflose Nächte hatte.
Der Sarskasmus ist deutlich zu hören. Kris befindet sich noch nicht auf sicherem Terrain. Es ist die Art, wie Julia Lambert dasitzt. Angespannt, mißtrauisch.
Das alles könnte ein großer Gag sein.
– Hier ist mein Vorschlag, sagt Kris und steht auf. Ich lade Sie jetzt zum Essen ein, und während wir essen, lassen Sie mich wissen, welche Firmen Sie interessieren, welche Position Sie sich zutrauen oder haben möchten und was für Sie ein angemessenes Gehalt wäre.
Kris breitet die Hände aus, damit sie sehen kann, daß er nichts versteckt, daß er auf ihrer Seite steht. Keine Tricks.
– Was halten Sie davon?
Ihre Nasenflügel weiten sich, der Mund ist einen Spalt geöffnet, kein Wort kommt heraus. Schluß mit Sarkasmus. Sie ist erregt, sie hat es begriffen. Kris kann sehen, daß Julia Lambert viel von seinem Angebot hält. Es ist soweit. Sie gehört ihm.
– Du hast was getan? fragt Wolf am Abend, als sie im Wintergarten der Villa sitzen.
– Ich war mit ihr essen.
– Nein, nein, nein, ich rede von dieser Carte blanche ...
Wolf beugt sich vor und tippt seinem Bruder zweimal gegen die Stirn.
– ... was ist denn das für eine Idee?
– Ich dachte, es wäre passend.
– Und was hat Hessmann dazu gesagt?
– Was denkst du, was er gesagt hat?
– Sie haben was ?
Hessmanns Stimme klang schrill, dann gab es ein sanftes Knakken in der Leitung, und Kris wußte, daß jemand sich dazugeschaltet hatte. Vor zehn Minuten hatte Kris sich von Julia Lambert verabschiedet und ihr versprochen, daß er sich am nächsten Tag meldet. Danach hatte er Hessmann aus dem Auto angerufen.
– Wie stellen Sie sich das vor?
Kris hörte die Panik in Hessmanns Stimme. Panik ist nicht gut. Panik kann zu Kurzschlußreaktionen führen. Kris war erleichtert, daß er nicht allein mit Hessmann sprach. Wer auch immer am anderen Ende mithörte, Hessmann war dadurch gezügelt. Kris räusperte sich und sagte, wie er sich die Lösung des Problems vorstellte:
– Sie besorgen Frau Lambert eine Anstellung bei einer der zwei Firmen, die sie sich gewünscht hat. Sie wissen, daß Sie das können. Damit wären Frau Lambert und Sie quitt. Frieden.
Wieder war das sanfte Knacken in der Leitung zu hören, Kris lauschte in die darauffolgende Stille. Für Sekunden war er sich sicher, daß die Verbindung unterbrochen worden war, dann vernahm er ein lautes Einatmen, und Hessmann sagte sein Dankeschön und daß es ihm eine Freude gewesen sei, mit der Agentur zusammenzuarbeiten.
– Wie konntest du dir so sicher sein, daß es funktioniert? will Wolf wissen. Typen wie Hessmann verspeisen dich zum Frühstück, was hast du dir nur dabei gedacht?
Kris ist überrascht von Wolfs Reaktion.
– Ich hatte nichts zu verlieren, antwortet er. Außerdem finde ich es richtig, daß er ein wenig blutet.
Wolf läßt sich das einen Moment lang durch den Kopf gehen.
– Ich habe das Gefühl, daß sich dieses ganze Entschuldigen für dich allmählich zu einer persönlichen Angelegenheit entwickelt.
– Ein wenig persönlich kann doch nicht schaden, gibt Kris zu. Sei doch mal ehrlich, es geht doch nicht nur ums Entschuldigen. Es geht um Verständnis. Was bringt es dir, dich bei
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