Sorry
Wir sollten uns für ihn entschuldigen, bei der Toten.
– Und dann?
– Dann wollte er, daß wir die Spuren verwischen.
– Und das konntest du mir gestern abend nicht sagen?
– Ich wollte, daß du es von uns allen hörst. Ich dachte, wenn sie dich kennenlernen, fällt es ihnen leichter, darüber zu sprechen. So war es aber nicht.
– Ich weiß, ich war dabei.
– Hätte ich gewußt, daß Kris und Wolf die Leiche bei uns im Garten vergraben, dann hätte ich - - -
– Sie haben was?
– Die Leiche liegt jetzt bei uns im Garten, deswegen bin ich hier.
Gerald war verwirrt. Er ließ Frauke wissen, daß sie hier sehr schwere Anschuldigungen auf den Tisch legte. Frauke hob abwehrend eine Hand.
– Wir haben nichts mit dem Mord zu tun. Kannst du das nicht verstehen, Gerald, er hat uns allen gedroht, was sollten wir tun? Gerald beugte sich vor.
– Frauke, dir ist klar, daß das alles ein wenig ...
– ... verrückt klingt? sprach Frauke weiter. Ich weiß. Aber ich kann dir alles zeigen.
Gerald fuhr mit Frauke nach Kreuzberg, um sich die Wohnunganzusehen, in der Wolf die tote Frau angeblich gefunden hatte. Gerald sagte nie das Wort angeblich , aber Frauke hörte es aus jedem seiner Sätze heraus.
Die Wohnung war verlassen, nicht einmal Dreck lag auf dem Boden, es klebte auch keine Fototapete an der Wand. Als Frauke auf die zwei Löcher hinwies, blieb Gerald unbeeindruckt und meinte, damit könne er nicht viel anfangen. Äußerlich wirkte Gerald interessiert, aber Frauke sah ihm die Nervosität an.
Wahrscheinlich gehen ihm die Geschichten durch den Kopf, die ich über meine Mutter erzählt habe, und er fragt sich, ob ich auch einen Schlag weghabe.
– Hier ist nichts, stellte Gerald fest. Wir haben nur eine verlassene Wohnung. Du mußt mir schon mehr geben.
– Die tote Frau liegt jetzt in unserem Garten, reicht dir das? fragte Frauke gereizt zurück.
Sie war sich bewußt, daß Gerald bei jedem anderen Menschen schon längst abgewunken und ihn gebeten hätte, das nächste Mal weniger Drogen zu nehmen. Frauke war für Gerald nicht jeder andere Mensch.
– Was willst du von mir? wollte Gerald wissen.
– Ich will, daß du die Leiche ausgräbst.
– Frauke, ich kann das nicht ohne eine Anzeige.
– Dann erstatte ich Anzeige. Wenn du willst, zeige ich mich selbst an.
Gerald seufzte. Er blickte sich in der verlassenen Wohnung um.
– Du bist dir sicher?
– Ich bin mir sicher.
Gerald trommelte zwei Einsatzwagen zusammen und verzichtete auf Fraukes Anzeige. Wäre er den üblichen Rechtsweg gegangen, hätte er mit dem zuständigen Ermittlungsrichter reden müssen, um eine richterliche Anordnung zur Haus- und Grundstücksdurchsuchung zu erhalten. Es hätte zu lange gedauert. Gerald wollte die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen und verzichtete deshalb bewußt auf Unterstützung von anderen Dienststellen. Er wollte nur sein eigenes Team dabeihaben, weil er seinen Männern gegenüber nichts erklären mußte. Sie stellten ihn nicht in Frage.
Nachdem sie nichts als einen Schlafsack in der Grube gefunden hatten, war Gerald sehr erleichtert, als Wolf die Einverständniserklärung für die Durchsuchung ohne zu zögern unterschrieb. Fraukes Mitbewohner hätten ihm völlig legal die Hölle heiß machen können.
– Ich wollte mich bei dir entschuldigen, sagte Frauke zu Gerald, als sie eine halbe Stunde später im Café saßen. Ich war mir sicher, daß die Frau in dem Grab liegt.
– Deine Freunde wirkten auf mich sehr überzeugend.
– Gerald, sie lügen.
– Ja, vielleicht, aber sie sind deine Freunde.
Frauke preßte die Lippen zusammen, als wollte sie sich selbst zum Schweigen bringen. Sie wich Geralds Blick aus. Sie hatte keine Ahnung, wie sie ihn überzeugen sollte.
Wovon auch, da ist ja nichts , raunte eine Stimme in ihrem Kopf.
Der Schnee wehte in waagerechten Böen gegen das Fenster, das Prasseln erinnerte an winzige Finger, die gegen das Glas trommelten. Frauke sah und hörte das alles nicht. Ihre Gedanken überschlugen sich. Konzentrier dich, überzeug ihn. Sie wollte vorschlagen, daß Gerald sich vielleicht den Kofferraum von Wolfs Wagen näher ansah. Und was ist mit dem Schlafsack? Wieso hat Gerald ihn zurückgelassen? Frauke fielen im nachhinein so viele Details ein.
Man könnte die Löcher in den Wänden nach Blutspuren untersuchen ...
Man könnte einen Lügentest machen ...
– Ich verstehe das alles nicht, sagte sie leise, ich verstehe es einfach nicht.
– Wenn du
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