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Sorry

Titel: Sorry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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beerdigt?
    Frauke schweigt.
    – Nicht jeder Mensch verdient ein Begräbnis, Frauke. Manche Leute sollte man einfach verscharren.
    – Hast du sie dir deswegen von unserem Grundstück geholt? Die Gestalt am gegenüberliegenden Seeufer rührt sich nicht.
    – Wer sagt, daß ich sie geholt habe? fragt Meybach nach einer langen Pause.
    Frauke atmet zischend ein.
    – Was tust du? fragt Meybach.
    Frauke sieht erstaunt an sich herab. Sie hat das Eis der Krummen Lanke betreten.
    – Mach keinen Quatsch. Das Eis wird dich nicht tragen. Denkst du, ich wäre so dumm, mich hier hinzustellen, wenn es dich tragen würde?
    Frauke antwortet ihm nicht. Ihre rechte Hand umklammert den Messergriff in der Manteltasche. Trotz der Kälte spürt sie Schweiß auf ihrem Rücken. Wie gestern in der Sauna, alles wiederholt sich.
    – Hast du wirklich gedacht, ich würde mir die Mühe machen, die Leiche aus eurem Garten zu holen? Ich habe dich für klüger gehalten. Wahrscheinlich sollte ich mich ohnehin nicht mehr an dich halten, da du ja jetzt aus dem Spiel bist.
    – Wer sagt, daß ich aus dem Spiel bin?
    Meybach lacht, schon für dieses Lachen könnte Frauke ihn töten.
    – Du meinst, deine Freunde verzeihen dir und freuen sich, dich wiederzusehen, nachdem du ihnen die Polizei ins Haus gebrachthast? Ich wünschte, wir hätten uns unter anderen Umständen kennengelernt, ich glaube, wir hätten uns gut verstanden. Was auch immer du mit eurer Agentur zu tun hast, so richtig gehörst du nicht dazu. Du solltest dir selbst verzeihen, Frauke, das ist der erste Schritt, und den kann niemand sonst für dich - - -
    – Wie kannst du es wagen, dich in mein Leben einzumischen!
    Fraukes Worte hallen übers Eis. Sie hat nicht in das Handy gesprochen, sie hat sich vorgebeugt und ihm die Worte zugerufen. Als sie das Handy wieder an ihr Ohr drückt, sagt Meybach sanft:
    – Da habe ich aber einen wunden Punkt getroffen.
    Sie kann ihn nicht mehr ansehen. Es ist vorbei. Sie kann nicht mehr. Ich gehe nicht in die Knie, denkt sie und klappt das Handy zu. Sie verstaut es in ihrem Mantel und sieht zu Meybach hinüber, als würde sie auf ein Startzeichen warten, dann rennt sie los.

DU
    Frauke Lewin hat es dir als einzige wirklich angetan. Als du dir die Agentur näher angesehen hast, fiel sie dir sofort auf. Irgendwas an ihr hat dich fasziniert. Sie wirkte anders als Tamara Berger, die dir zerbrechlich und verängstigt vorkam, zu schwach für ein richtiges Leben. Sie war anders als Kris Marrer, der scheinbar nur aus Ecken und Kanten bestand. Und sie war ganz anders als der kleine Bruder Wolf, der zwar berechenbar erschien, doch du wußtest, daß das nur eine Täuschung war. Wir Menschen mit Schuldgefühlen sind die unberechenbarsten Wesen.
    Du hast dich auf Frauke Lewin konzentriert. Zwei Tage lang warst du ihr so nahe, daß es dich im nachhinein wundert, weshalb sie dich nicht bemerkt hat. Da war eine Nähe, da war eine Verbindung, da war ... Du kannst es noch immer nicht richtig greifen. Du weißt nur, daß du mehr über sie erfahren wolltest.
    Ihr Vater war dir auf den ersten Blick unsympathisch. Aber die Mutter hat dich fasziniert. Ihr Krankenbericht, ihr Leben vor und nach der Einweisung in die Klinik, ihre Beziehung zu Frauke. Du hast gesehen, woher die Schuld kam, und beschlossen, der Mutter einen Besuch abzustatten. Es war eine dumme Idee. Es war unverantwortlich und gefährlich von dir. Dann hat sie dich auch noch abgewiesen und dir nichts erzählt. Dennoch hat dein Besuch sich gelohnt. Du bist Frauke nicht nur ein Stück nähergekommen, nein, sie hat sich bei dir gemeldet und wollte dich sehen. Und jetzt, da sie nur durch die Krumme Lanke von dir getrennt ist, bereust du es sehr, daß es zwischen euch dieses Problem gibt. Du wünschst dir, sie wäre dir im normalen Leben begegnet. Du wünschst dir auch, sie würde über alles in Ruhe nachdenken. Mit einem kühlen Kopf. Sie würde dich verstehen. Mit mehr Verständnis würde sie dich verstehen. Aber so ...
    – So richtig gehörst du nicht dazu, sagst du und versuchst,ihren Gesichtsausdruck auf die Entfernung zu lesen. Du solltest dir selbst verzeihen, Frauke, das ist der erste Schritt, und den kann niemand sonst für dich - - -
    – W IE KANNST DU ES WAGEN , DICH IN MEIN L EBEN EINZUMISCHEN ! hallt ihre Stimme übers Eis.
    Für einen Moment bist du sprachlos, dann sagst du vorsichtig: – Da habe ich aber einen wunden Punkt getroffen.
    Es sind die falschen Worte, das Gespräch ist beendet. Frauke

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