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Sorry

Titel: Sorry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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Kris fragen, ob er mir kurz mal helfen kann.
    Frauke dachte nach, dann holte sie ihr Handy heraus und tippte Kris’ Nummer im Dunkeln ein.
    Bitte, laß es nicht - - -
    Der Klingelton kam aus der Küche. Frauke unterbrach sofort die Verbindung, der Ton verstummte, und Frauke schlich auf Sokken über den Dielenboden. Ihre Schritte waren kaum zu hören, nur in der Küche knarrte leise der Boden.
    Das Handy lag auf einem Stapel Zeitschriften. Sie schob es in ihren Mantel und schlich wieder aus der Küche. Als sie in den Flur trat, stand sie sich plötzlich selbst gegenüber. Ihr Herz legte eine schmerzhafte Pause ein, dann wandte Frauke den Blick von ihrem Spiegelbild ab und trat nach draußen. Stiefel an, Tür vorsichtig schließen, Treppe runter und zum Eingangstor. Das Knirschen ihrer Schritte im Schnee war erschreckend laut. Sie warf keinen Blick zurück. Sie wußte, daß niemand ihr hinterherschaute. Sie war zuversichtlich, so wie sie jetzt selbst verschwand, würden auch ihre Fußspuren in der nächsten Stunde verschwinden.
    Ihr Vater hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Er könnte tot sein ,dachte Frauke und legte die Hand auf seinen Rücken. Wärme, der Rhythmus seines Atems. Frauke schloß sich im Bad ein. Sie fand die richtige Nummer nach wenigen Sekunden. Kris hatte ihr keinen Namen, sondern ein Zeichen zugeordnet: #.
    Frauke drückte auf VERBINDEN .
    Meybach hob nach dem vierten Klingeln ab.
    – Ich habe mich schon gefragt, wann ihr euch meldet. Ich wollte mich für die Datei bedanken, das war gute Arbeit.
    – Du bist so ein kranker Wichser, zischte Frauke.
    Stille.
    – Hallo?
    Sie sah auf das Display. Meybach hatte aufgelegt. Sie drückte die Wahlwiederholung. Er ließ sie warten und hob erst nach dem elften Klingeln ab.
    – Fangen wir noch einmal von vorne an, sagte er.
    Frauke atmete tief durch.
    – Das klingt besser, du entspannst dich.
    – Wie konntest du nur zu meiner Mutter gehen?
    – Ah, du bist es, Frauke Lewin, schön, dich auch einmal zu hören. Dir muß schon aufgefallen sein, daß ich irgendwie einen Narren an dir gefressen habe. Vom ersten Tag an wußte ich, daß wir eine besondere Verbindung zueinander haben.
    – Wir haben keine Verbindung. Ich will wissen, wie du es wagen konntest, meine Mutter aufzusuchen.
    – Sie ist ein interessanter Fall. Die Vergangenheit der anderen hatte mir nicht viel zu bieten, aber deine Mutter, die ist speziell.
    – Wenn du noch einmal zu ihr - - -
    – Mensch, Frauke, es geht hier doch nicht um deine Mutter. Er verstummte. Sie wollte nicht nachfragen, sie fragte nach.
    – Worum geht es dann?
    – Um Schuld natürlich, um was soll es sonst gehen? Begreifst du die Ironie dahinter nicht? Ihr habt eine Agentur, die sich entschuldigt, dabei könnt ihr euch selbst so vieles nicht verzeihen.
    – Was weißt du schon über uns? Du kennst uns nicht. Du weißt nichts über uns.
    – Ich weiß nicht viel. Ich bin ehrlich. Aber was wißt ihr schon über Schuld? Was versteht ihr vom Verzeihen?
    Frauke war verwirrt, sie hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
    – Wir machen einen Job, sagte sie.
    – Das ist vielleicht das Problem. Ihr macht nur einen Job. Vielleicht sollten wir es dabei belassen. Macht euren Job. Ich brauche nur noch eine Entschuldigung von euch, dann sind wir quitt, und der Job ist beendet.
    – Q UITT ? W AS HEISST HIER QUITT ? brach es aus Frauke heraus. N IEMAND WIRD SICH MEHR FÜR DICH ENTSCHULDIGEN , DU K RANKER - - -
    Wieder diese Stille am anderen Ende. Frauke hoffte, daß ihr Vater von ihrem Gebrüll nicht erwacht war. Sie starrte auf das Display und marschierte ein paarmal durchs Bad. Sie hätte Meybach von der Straße aus anrufen können, aber sie wollte in der Nähe ihres Vaters sein. Als könnte er ihr Schutz bieten.
    Siebzehn Klingelzeichen später.
    – Es ist immer eine Frage von Verständnis, meldete sich Meybach.
    – Von mir bekommst du kein Verständnis. Du bist ein Mörder. Mörder verdienen kein Verständnis. Und denke bloß nicht, daß ich nicht weiß, wer du bist. Meine Mutter hat dich genau beschrieben. Die Polizei weiß Bescheid.
    – Frauke, du beleidigst mich. Ich kenne jeden deiner Schritte, also hör auf zu bluffen. Außerdem hört kein Mensch auf eine Frau, die seit vierzehn Jahren in einer geschlossenen Anstalt lebt und ab und zu vom Teufel besucht wird. Aber auch das ist nicht der Punkt. Ich kann dir sagen, wie ich aussehe. Du weißt , wie ich aussehe. Aber was hilft dir eine Beschreibung? Suchst du mich

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