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SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

Titel: SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Winterhoff
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aus einem österreichischen Kindergarten:
    »Zur Zeit ist das Thema ›Offene Systeme‹ scheinbar das Lieblingsthema der Fachberatungsstellen bei uns. Ich erlebe sehr viele bemühte und engagierte Kindergartenpädagogen, die gute und qualitätvolle Bildungs- und Erziehungsarbeit leisten, die ›ihre Kinder‹ gut wahrnehmen und kennen und das Zusammenleben in den Kindergartengruppen differenziert gestalten. Sie verschließen sich nicht den Bedürfnissen der Kinder. Oft sind sie jedoch der starken Kritik ausgesetzt, wenn sie sich dem einen oder anderen neuen pädagogischen Konzept nicht ›beugen‹ wollen. Pädagogische Prozesse sind immer in Bewegung, und Methoden und Strukturen gehören meiner Meinung nach natürlich hinterfragt und gegebenenfalls modifiziert. Grundbedürfnisse bleiben jedoch gleich. Konzepte verordnen zu wollen, halte ich für schwierig und für ein Untergraben der fachlichen Kompetenz derer, die an der Basis arbeiten.«
    Der entscheidende Satz aus der Feder dieser altgedienten Erzieherin lautet: »Grundbedürfnisse bleiben jedoch gleich.« Genau so ist es. Es bleiben aber nicht nur die Grundbedürfnisse der Kinder nach Schutz und Anleitung gleich, sondern auch die entwicklungspsychologischen Grundlagen dieser Bedürfnisse sowie die Grundrechte der Kinder. Zu diesen Grundrechten gehört für mich auch das Recht auf Erwachsene, die imstande sind, eine altersgemäße kindliche Entwicklung zu gewährleisten.
    Wie dramatisch sich die Situation im Kindergartenbereich verschlechtert hat, zeigt folgende Mail, die ich von einer Erzieherin aus dem Ruhrgebiet erhielt und die ich als mahnendes Beispiel am Ende dieses Kapitels in voller Länge zitieren möchte:
    »Ich bin seit 30 Jahren in der Sozialarbeit tätig. Meinen Berufseinstieg hatte ich in einem Heim für verhaltensauffällige Jungs von 8 bis 20 Jahren. Die Arbeit machte mir Spaß. Wir waren ein Team von 35 Mitarbeitern. Wir arbeiteten im Schichtdienst und die 90 Kinder und Jugendlichen, die wir betreuten, hatten ihre problematischen Geschichten. Dennoch ging ich gern zur Arbeit. Auffallend war nämlich, dass die Erzieher/Innen, die fähig waren, klare Ansagen zu machen, bei den Jugendlichen angesehen waren und als ›cool‹ bezeichnet wurden. An die Namen dieser Betreuer erinnerten sich die jungen Männer noch Jahre später. Die Kollegen, die glaubten, bester Freund der Jungs sein zu müssen, erlebten zum Teil ihr blaues Wunder: Eine Kollegin wurde bei eisigem Wetter auf den Balkon ausgesperrt und rief etliche Zeit um Hilfe. Einem Kollegen wurde das gesamte Wohnzimmermobiliar aus dem 5ten Stock geworfen. Beispiele hätte ich noch einige parat.
    Durch einen Umzug und zwei eigene Kinder wechselte ich Ende der 90er das Arbeitsfeld und ging in die Vorschularbeit. Eingearbeitet wurde ich in die Kindergartenarbeit unter einer Leiterin, die der Überzeugung war, dass bei Kindern alles eine Frage der Entwicklung ist; alles kommt von allein. Wenn man den einzelnen Kindern nur ihr Tempo lässt und ihnen genug Freiraum bietet, ihre Präferenzen auszuleben, dann ist unser Erziehungsauftrag erfüllt. Ich war entsetzt! Da betreute ich Kinder, die 4 Jahre lang ausschließlich in der Sandkiste spielten. Andere, die ihre Zeit im Kindergarten damit verbrachten, im Bewegungsraum auf der Schaukel zu sitzen und kleinere Kinder zu vertreiben, die in ihr Revier eindrangen. Nach einem Jahr in dieser Einrichtung wurden die ersten Kinder eingeschult. Ich weiß es wie heute: Es sollten Raben ausgeschnitten, angemalt und aufgeklebt werden. Die Kinder, die nicht von ihren Eltern dazu angehalten wurden, feinmotorisch zu arbeiten, versagten auf ganzer Linie…
    So konnte ich nicht arbeiten. Ich bewarb mich um eine Leitungsstelle in einem kommunalen Kindergarten und stellte beim Vorstellungsgespräch mein Konzept vor. 1999 übernahm ich daraufhin diesen Kindergarten, der bald im Umkreis dafür bekannt war, dass klare Grenzen für die Kinder existieren, dass es in der Woche jeweils eine Aufgabe für die Kinder gibt und dass die Anforderungen bis zum Schuleintritt stetig peu à peu steigen. Wir arbeiten gruppenbezogen, frühstücken z. B. mit den Kindern zusammen und bieten ihnen im Tagesablauf Strukturen an, in denen sich auch die Jüngsten sicher fühlen können. Unser Team war immer sehr stolz darauf, dass wir Kinder an die Schulen übergaben, die sich durch eine hohe Sozialkompetenz auszeichneten.
    Da meine Kolleginnen und ich psychisch relativ stabil ausgestattet sind, haben

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