SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)
Egoisten, Narzissten sowie beziehungsunfähige und lustorientierte Egoisten in unserer Gesellschaft haben, müssen wir sehr schnell aufwachen und gegensteuern.
Das zentrale Problem dabei sind aber nicht die Kinder, sondern wir Erwachsenen. Wir verkraften die gesellschaftlichen Veränderungen seit Anfang/Mitte der Neunzigerjahre nicht mehr. Dadurch gerät ein funktionierendes gesellschaftliches System aus dem Gefüge. Immer mehr Eltern lassen sich im Rahmen einer Symbiose, in die sie unbewusst geraten sind, vom Kind steuern. Auch immer mehr Großeltern verhalten sich gegenüber ihren Enkeln nicht mehr angemessen. Sie wollen als Kompensation für die überfordernde gesellschaftliche Situation unbedingt von den Enkelkindern geliebt werden. Das führt dazu, dass sie die Enkelkinder übermäßig verwöhnen und teilweise sogar die Erziehungsbemühungen der Eltern unterlaufen.
In der Beziehungsstörung kompensieren Erwachsene ihre Defizite über die Psyche der Kinder. Diese Kompensation versetzt sie letztlich in die Lage, mit dem Druck, der auf ihnen lastet, umgehen zu können. Wir Erwachsenen kommen dann weiterhin mit dem Leben klar, aber die Kinder können sich nicht entwickeln, weil es ihnen am erwachsenen Gegenüber fehlt. Immer mehr Kindergartenkonzepte sind weitgehend offen und frei. Selbst Kinder, die bis dahin eine altersgemäße psychische Entwicklung hinter sich haben, erfahren im Kindergarten keine ihrem Alter entsprechende Förderung mehr. Sie sind in weiten Teilen sich selbst überlassen, scheinen für ihre weitere Entwicklung somit auch selbst verantwortlich.
Auf dem Boden ideologisch geprägter Vorstellungen werden nicht in Langzeitstudien untersuchte Konzepte auf Kinder in der Grundschule übertragen. Man behandelt sie aus meiner Sicht wie kleine Erwachsene, die selbstverantwortlich und selbstbestimmend lernen sollen. Der Schwerpunkt der schulischen Arbeit liegt auf Lernkonzepten und Lernergebnissen. Dabei haben immer mehr Lehrer Kinder vor sich, die nicht in der Lage sind, Strukturen und Abläufe zu erkennen. Sie können auch ihr Gegenüber, also Lehrer und Erzieher, nicht erkennen und steuern diese permanent.
Der Grund dafür liegt in den Familien. Immer mehr Erwachsene laufen ständig auf Hochtouren und leben nur noch im Moment. Sie denken nicht mehr an morgen oder an übermorgen. Die Leidtragenden sind die Kinder.
Das ist die Situation, und wir müssen und können umgehend gegensteuern. Zunächst einmal müssen Eltern wieder zur Ruhe finden, über ihre Intuition verfügen und ihr Kind wieder als Kind sehen. Das wäre die beste Möglichkeit, um eine altersgemäße soziale und emotionale Entwicklung der Kinder zu gewährleisten. Genauso wünschenswert ist es, dass Großeltern wieder Großeltern sind, ihre Enkel angemessen fördern und nicht unvernünftig überverwöhnen.
In jedem Fall geht es in Bezug auf die Kinder immer um ein entscheidendes Puzzleteil: die Entwicklung ihrer emotionalen und sozialen Psyche. Da leider immer weniger Kinder im Rahmen der Familie eine angemessene psychische Entwicklung durchlaufen können, müssen die Institutionen Kindergarten und Schule dafür Sorge tragen, den Kindern ins Leben zu helfen.
Dabei müssen Lehrer und Erzieher erkennen, dass sie keine frechen, verweigernden beziehungsweise erkrankten oder nicht erzogenen Kinder vor sich haben, sondern Kinder, die sich nicht entwickelt haben, weil sie sich nicht entwickeln konnten . Wir alle – Pädagogen und Eltern – müssen das Kind als Ganzes sehen und nicht nur auf Lernen und Lernerfolge schauen. Diese Kinder brauchen erst eine altersgemäße psychische Entwicklung als Basis, um dann gut lernen zu wollen und zu können. Das ist die große Herausforderung, hier muss der Schwerpunkt zukünftiger pädagogischer Überlegungen liegen.
Unabhängig davon müssen Pädagogen sich auch selbst überprüfen, ob sie noch Kinder als Kinder sehen und als Pädagogen in sich ruhen.
Das englische Internat
An dieser Stelle möchte ich auf das eingangs angekündigte Beispiel zu sprechen kommen. Es zeigt, wie rasch selbst bei sechzehn- bis siebzehnjährigen Jugendlichen die Störung einer nicht entwickelten Psyche zu beheben ist, wenn ideale Voraussetzungen vorliegen.
Manche Jugendliche in diesem Alter, die zu mir in die Praxis kommen, weisen einen psychischen Entwicklungsstand von zehn bis sechzehn Monate alten Kleinkindern auf. Sie können sich nicht auf ihr Gegenüber einstellen, sondern steuern es permanent. Diese Jugendlichen
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