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Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele

Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele

Titel: Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Rachel
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durch die Schwingtür auf der anderen Seite. Waren sie allein, steckten sie den Kopf in ihre Krankenakten oder blickten stur geradeaus. Kamen sie in Grüppchen, durchdrangen Gesprächsfetzen die Stille im Wartezimmer. Die Mitarbeiter wichen alle ausnahmslosden Blicken der Patienten aus, während die Wartenden ihnen so hoffnungsvoll nachsahen, dass ich es kaum mit ansehen konnte.
    „Hast du ihn gesehen?“, flüsterte ich Nash zu und musterte verstohlen die männlichen Gesichter im Warteraum.
    „Nein, und das werden wir auch nicht, wenn er uns nicht lässt.“
    Ich schob die Hände in die Hosentaschen, um dem Drang zu widerstehen, aus lauter Unbehagen nach Nashs Hand zu greifen. Wenn mir schon der Anblick der zusammengekauerten Menschen zu viel war, die wie Zombies ins Leere starrten, wie wollte ich dann dem Reaper gegenübertreten? Auch wenn es nur einer von vielen war? „Wie sollen wir ihn finden?“, fragte ich leise.
    „Der Plan ist eigentlich, dass er uns findet“, flüsterte Nash zurück. „Die Tatsache, dass sich während seiner Schicht zwei Banshees hier herumtreiben, müsste ihn eigentlich aus der Reserve locken. Und wenn er uns nur verscheuchen will.“
    „Dann hat er sich wohl entschieden, sich nicht zu zeigen.“
    „Sieht so aus.“ Nashs Blick fiel auf ein Schild, das den Weg zum Souvenirshop, der Cafeteria und dem Röntgenlabor auswies. „Hast du Durst?“
    „Nicht wirklich.“ Ich hatte gerade erst fast einen Liter Cola getrunken und verspürte eher ein anderes dringendes Bedürfnis.
    „Dann leiste mir doch einfach Gesellschaft. Wenn wir ihm klarmachen, dass wir die ganze Nacht Zeit haben, vertreibt er uns bestimmt.“
    „Aber wir haben nicht die ganze …“
    „Pst!“ Nash hielt einen Finger an die Lippen und beugte sich dicht zu mir. „Du darfst es nicht verraten“, flüsterte er, und ich spürte einen wohligen Schauer, als sein Atem mein Ohr kitzelte.
    Wir folgten den Schildern mit der Aufschrift „Cafeteria“ und erreichten sie schließlich am Ende des Flurs. Selbst jetzt, um halb acht Uhr abends, gab es noch etwas zu essen. Nash bestellte ein großes Stück Schokoladenkuchen und ein Tetrapak Milch, ich eine Cola. Dann setzten wir uns an einen kleinen, viereckigen Tisch in einer Ecke des halbleeren Raums.
    Nash saß mit dem Rücken zur Wand und verdrückte seinen Kuchen, als sei es das Normalste der Welt, den Abend damit zu verbringen, einen Reaper aufzuspüren. Mir dagegen fiel es schwer, still zu sitzen und mich nicht unablässig im Saal umzuschauen. Ich beobachtete, wie ein Aufseher die Mülltonnen leerte und eine Frau mit Haarnetz welke Salatblätter aus dem Buffet sortierte. Meine Beine zuckten wie eine Nähmaschine, sodass ich mit den Knien immer wieder an die Tischunterseite stieß. Jedes Mal verschüttete ich ein wenig von Nashs Milch, doch er schien es nicht einmal zu bemerken.
    Als er die Hälfte seines Kuchens verspeist hatte – ich hatte ein, zwei Bissen davon genascht –, fiel ein Schatten auf unseren Tisch. Ich blickte auf und sah einen jungen Mann neben dem leeren Stuhl rechts von mir stehen. Er trug ausgewaschene, weite Jeans und ein kurzärmeliges T-Shirt, keinen Mantel, trotz der Kälte draußen. Unter einem Schopf blonden Haars funkelten hellblaue Augen, und selbst der grimmige Gesichtsausdruck konnte seinen engelhaften Lippen keinen harten Zug verleihen.
    Nash blickte nicht einmal auf.
    Ich folgte dem Blick des blonden Typen zu den Salz- und Pfefferstreuern auf unserem Tisch und griff danach, weil ich annahm, er wolle sie sich ausleihen. Doch just in diesem Moment zog sich der Fremde den leeren Stuhl heran und setzte sich zu uns. Er stützte die Unterarme auf die Tischplatte.
    „Was willst du?“, raunte er mit einer Stimme, die so tief und rau war, dass sie nicht zu diesem engelhaften Gesicht zu passen schien.
    Nash kaute in aller Ruhe zu Ende und schluckte den letzten Bissen seines Kuchens hinunter, ehe er den Teller beiseiteschob. „Antworten.“
    Ich musterte den blonden Typen erstaunt. „Du bist der Sensenmann?“
    Todd blickte mir zum ersten Mal direkt ins Gesicht. Die Falten auf seiner Stirn schienen dort eingegraben zu sein. „Du hast dir mich wahrscheinlich älter und größer vorgestellt. Mit hageremGesicht und knochendürrem Körper?“ Seine Stimme troff vor Verachtung, und er funkelte Nash verärgert an. „Siehst du? Das ist das Problem mit dieser alten Bezeichnung. Ich sollte mich wirklich lieber ‚Abholungsbeauftragter‘ nennen oder so

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