Soulbound (Ghostbound) (German Edition)
Spitzes, um das Perlmutt herauszuheben.“
„Sollen wir in der Küche nachsehen?“, schlug Elizabeth vor, ein Gähnen unterdrückend.
Daniel richtete sich auf. „Ja, lass uns das tun.“ Auf dem Weg zur Tür hob er sein T-Shirt vom Boden auf und zog es über.
Wachsam schlichen sie durch die nächtliche Pension, deren Gänge und Treppen mit gedämpften Nachtlichtern beleuchtet wurden. Mittlerweile schien sich jeder Bewohner schlafen gelegt zu haben. In der Küche angekommen, schalteten sie das Licht ein und durchsuchten die Schubladen nach geeignetem Werkzeug. Sie entschieden sich jeweils für spitze Fleischmesser mit breiter Klinge.
„Hallo“, sagte da jemand von der Tür her. „Kann ich euch helfen?“ Den Kopf zur Seite gelegt, lehnte Carla im Türrahmen und sah die beiden argwöhnisch an. Sie trug ein weißes Baumwollnachthemd und darüber eine hellblaue Strickjacke. In der Hand hielt sie ein leeres Wasserglas.
Während Elizabeth ertappt das Messer hinter dem Rücken versteckte und spürte, wie ihr verräterische Hitze ins Gesicht schoss, hatte Daniel seine Überraschung bereits überwunden.
„ Buona sera , Carla“, sagte er und zeigte dabei sein herzlichstes Lächeln. „Liz und ich haben oben auf unserem Zimmer einen kleinen Mitternachtssnack, aber leider fehlt uns das Besteck.“ Mit einem entschuldigenden Schulterzucken hob er das Messer hoch. „Ich hoffe, es ist okay, wenn wir uns zwei Messer ausleihen?“
„Sicher“, erwiderte Carla langsam. Mit einer skeptisch nach oben gezogenen Augenbraue maß die junge Frau das große Fleischmesser in Daniels Hand, und Elizabeth fragte sich, ob sie Carlas Antwort als Zustimmung oder eher als sarkastischen Kommentar deuten sollte.
Mit einer lässig-eleganten Bewegung schwang die junge Italienerin ihre fast schwarze Mähne hinter die Schultern, stieß sich vom Türrahmen ab und schlenderte zum Kühlschrank. „Bringt es morgen Früh wieder mit runter, okay?“, sagte in mit diesem Akzent, der jedes R wunderbar rollen ließ. Ohne sich weiter um Daniel und Elizabeth zu kümmern, nahm sie eine Flasche aus dem Kühlschrank und füllte ihr Glas.
„Aber klar.“ Daniel ergriff Elizabeths Hand und zog sie mit sich aus der Küche. Dann eilten sie zurück ins Mansardenzimmer, wo ein Schatz darauf wartete, geborgen zu werden.
„Erinnere mich daran, dass wir morgen Früh als erstes einen Sekundenkleber kaufen“, murmelte Elizabeth, während sie gebannt beobachtete, wie Daniel am ersten Vogel ein Perlmuttblättchen entfernte. Vorsichtig fuhr er mit der Spitze des Messers die Ränder des weiß-silbernen Blättchens nach, das die Brust einer sich in die Luft schwingenden Elster darstellte. Anschließend fuhr er sachte mit der Klinge unter das Perlmutt und hebelte es heraus.
Elizabeth hielt die Hand auf, so dass er die dünne Scheibe hineinlegen konnte. „Und?“, fragte sie ungeduldig. Daniel hatte sein Gesicht so nah an das schwarze Holz gebracht, dass Elizabeth nicht sehen konnte, was unter dem Perlmutt zum Vorschein gekommen war.
Er seufzte und schloss die Augen.
Elizabeth sank das Herz. Offenbar hatten sie schon wieder Pech gehabt.
Doch dann begann Daniel mit noch immer geschlossenen Augen zu singen. „ A kiss on the hand “, sang er leise, öffnete die Augen und zwinkerte ihr zu, bevor er sich wieder über das Holz beugte. „ May be quite continental .“ Mit der Messerspitze stocherte er in die freigelegte Stelle und hielt dabei die andere Hand unter. Schließlich zog er die Messerspitze zurück und zeigte sie Elizabeth, der es bei dem Anblick schier den Atem verschlug.
„ But diamonds are a girl´s best friend! “, hauchte sie den Rest des Textes.
Zwei funkelnde Diamanten, etwa so groß wie Kieselsteine, lagen auf der Klinge. Zögerlich nahm sie einen der glitzernden Steine zwischen Daumen und Zeigefinger und hob ihn ins Licht. „Grundgütiger“, flüsterte sie ehrfurchtsvoll. „Ob sich unter allen Perlmuttblättchen Diamanten verbergen?“
„Wahrscheinlich“, entgegnete Daniel und betrachtete zufrieden lächelnd den zweiten Stein. „Diese Klunkerchen garantieren Rosa mehr als nur ein sorgenfreies Leben.“ Er reichte Elizabeth den Diamanten und machte sich daran, die nächste Perlmuttscheibe zu lösen. Zwanzig Minuten später hatte er alle herausgehebelt, und Elizabeth hielt dreißig kalt-funkelte Steine auf der offenen Handfläche.
„Wie viel die wohl wert sind?“, überlegte sie, mit den Fingerspitzen behutsam durch das kleine
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