Soulbound (Ghostbound) (German Edition)
die Schulter gelegt, so dass Elizabeth nun bei jedem Schritt, den er tat, mit der Nasenspitze gegen seinen Rücken stieß.
„Hey!“, quiekte sie. „Hast du sie noch alle? Was soll das werden?“
„Nach was sieht es denn aus, Liz? Ich schone deine Füße.“ Daniel, tätschelte ihren Hintern und begann zu allem Überfluss auch noch gutgelaunt die Melodie aus Die Brücke am Kwai zu pfeifen. Die zusätzliche Last schien ihm nicht das Geringste auszumachen.
„Lass mich sofort wieder runter, du Spinner!“, verlangte sie und unterstrich ihre Forderung mit mehr oder weniger ernstgemeintem Getrommel gegen seinen Rücken. „Was bin ich? Ein Sack Kartoffeln?“ Daniel pfiff einfach weiter, als würde er nichts hören und nichts spüren. „Die Leute gucken schon! Die denken wahrscheinlich, ich werde entführt und rufen die Polizei!“ Aus dem empörten Kreischen war ein atemloses Lachen geworden. “Werd erwachsen!“
„Das wäre ja noch schöner.“ Elizabeth konnte zwar sein Gesicht nicht sehen, aber Daniels unverschämtes Grinsen konnte sie mehr als deutlich hören. Endlich setzte er sie ab und Elizabeth hielt sich ihre schmerzende Seite. Allerdings war sie sich nicht sicher, ob der Schmerz von Daniels harter Schulter oder ihrem Lachen herrührte. Vermutlich von beidem.
Fünfzehn Minuten später waren sie – dank eines Taxis – im Hotel und ruhten sich noch ein wenig aus, bevor sie sich frisch machten und nach Pacific Hights aufbrachen.
Sowohl Cynthia Henrickson als auch Chris hatten sich bereits im Wintergarten eingefunden, als Elizabeth und Daniel eintrafen. Abby Belford hatte sich diesmal richtig in Schale geworfen und trug eine schwarze Hose, eine lavendelfarbene Seidenbluse sowie eine Perlenkette mit passenden Ohrsteckern. Auf dem Tisch hatte sie neben Tee auch Sandwiches und Kuchen angerichtet. Offenbar wollte Abby ihren Besuch aus England mit waschechtem Afternoon Tea beindrucken. Chris, der auch heute wieder für seine Tante den braven College-Studenten gab, hatte sich schon bei den Sandwiches bedient und lächelte ihnen mit großen Augen entgegen. Auch Cynthia ließ zur Begrüßung ihre strahlend weißen Zähne aufblitzen.
Nachdem sie eine Weile lang Höflichkeiten ausgetauscht und Small-Talk betrieben hatten, fragte Daniel an Cynthia gewandt: „Wann haben Sie eigentlich das erste Mal gemerkt, dass Sie die Gabe besitzen, mit Geistern zu sprechen?“
„Kurz nachdem mein Vater starb“, entgegnete die blonde Frau. „Meine Großmutter kam mich eines Tages besuchen, um mich zu trösten und hat mir dann von meiner Aufgabe erzählt.“
„Und Ihre Großmutter war zu diesem Zeitpunkt schon tot, oder?“, wollte Chris aufgeregt wissen.
Als Antwort lächelte Cynthia nur hintergründig. Ihre Hand wanderte zu dem goldenen Skarabäus auf ihrer Brust. „Sie hat mir erklärt, was von mir erwartet wird.“
„Und dazu gehört auch, dass Sie von Ihren… Klienten kein Geld annehmen dürfen?“, meldete sich Elizabeth zu Wort. „Das ist sehr ungewöhnlich.“
Anstelle von Cynthia antwortete Abby. „Nun, ich denke, daran erkennt man wahre Berufene, nicht wahr? Ich meine, nur Scharlatane verdienen ihr Geld mit dem Leid anderer.“ Sie legte eine Hand auf Cynthias. „Aber du weißt, dass ich mich nur zu gerne bei dir erkenntlich zeigen würde, meine Liebe“, sagte sie vertraulich. „Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, dann...“
„Vielen Dank, Abby. Aber das ist wirklich nicht nötig.“
„Darf ich fragen, was Sie dann hauptberuflich machen, Cynthia?“ Es war Daniel, der die Frage gestellt hatte und das Medium dabei charmant anlächelte.
„Mein Bruder hat einen Elektroladen in Oakland. Ich helfe ihm im Büro.“ Sie sah zu Elizabeth. „Für die Miete ist also gesorgt.“
„Ich finde es ja besonders interessant“, sagte Daniel, „dass Sie zu Seelen Kontakt herstellen können, die bereits ins Licht gegangen sind. Bis jetzt hatten wir nur von erdgebundenen Geistern gehört und waren deshalb der Ansicht, dass es von der anderen Seite kein Zurück in diese Welt gibt.“
„Oh, aber das kommt öfter vor als Sie glauben“, antwortete Cynthia. „Allerdings sind erdgebundene, oder wie ich sie nenne, unerlöste Seelen leichter wahrzunehmen, weil sie… nun, lauter sind. Sie haben noch nicht völlig losgelassen und sind deshalb noch immer auf eine gewisse Art mit dieser Ebene verhaftet, weswegen sie hier auch mehr Macht besitzen als erlöste Seelen. Für erlöste Seelen ist es viel schwieriger,
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