Soulbound (Ghostbound) (German Edition)
allerdings hin und wieder lästig werden kann. Geheimnisse zu wahren, ist echt eine Herausforderung!“
„Ich habe gehört, ihr heiratet sehr jung.“ Fiona bemühte sich sichtlich, nicht allzu neugierig zu wirken.
„Ja, das stimmt. Meine Tanten fangen auch schon an, mir geeignete Kandidatinnen anzupreisen. Die reinsten Kupplerinnen!“
Fiona reichte ihm einen Becher Kaffee und sah ihm dabei in die Augen. „Und? War schon was Annehmbares dabei?“
Riley zuckte mit den Schultern. „Nachdem sie nur in der hiesigen Gemeinschaft Ausschau halten, ist die Auswahl nicht besonders groß.“ Außerdem war er bis vor kurzem an diesem Thema nicht sonderlich interessiert gewesen. Aber das behielt er vor Fiona lieber für sich.
„Ist es denn eine Art Gesetz, dass ihr nur innerhalb der Gemeinschaft Verbindungen eingehen dürft?“
„Naja, Brauch trifft es wohl eher.“ Er wollte das Ganze wirklich nicht weiter vertiefen. Schon gar nicht mit ihr. Und erst recht nicht jetzt.
„Aber du bekommst doch hoffentlich keine Probleme, weil du dich mit mir triffst, oder?“
„Zumindest nicht mit meinen Leuten“, meinte Riley, bevor er in die Pastete biss.
Fiona war die Doppeldeutigkeit seines Kommentars nicht entgangen, denn ihr Lächeln machte einem angespannten Ausdruck Platz. Sie schraubte ein Marmeladenglas auf und tunkte ein Stück Scone hinein. Anstatt es sich aber in den Mund zu schieben, hielt sie es einfach nur in der Hand und flüsterte: „Nun, frag schon endlich.“
„Was soll ich fragen?“
Sie zögerte kurz. „Warum ich gestern sagte, ich sei verrückt und eine … eine Mörderin.“
„Also das mit der Verrückten brauchst du mir echt nicht zu erklären“, sagte Riley und konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen.
Fiona entlockte das jedoch nicht die geringste Reaktion. Sie sah ihn nur weiter mit ernsten Augen an.
Riley seufzte und legte die Pastete beiseite. „Okay, Finny. Warum denkst du, dass du irre bist? Und eine Mörderin.“
„Finny?“ Ihre Stimme klang wie ein Fiepen. „Kein Mensch nennt mich Finny !“
„Jetzt schon.“ Mit einem unterdrückten Stöhnen fasste er sich an die Nasenwurzel. Seine Kopfschmerzen schoben sich dank einer besonders heftigen Woge zurück in sein Bewusstsein. Es bereitete ihm große Mühe, sie auszublenden und sich auf sein Gegenüber zu konzentrieren. „Also, hast du jemanden abgeknallt oder erstochen?“
„Es gibt viele Arten, für den Tod eines Menschen verantwortlich zu sein“, lautete die kryptische Antwort. Als Riley nicht nachfragte, sondern sie nur auffordernd ansah, fuhr sie fort: „Ich habe das hier in London noch nie jemanden erzählt …“
Verwundert fragte sich Riley, warum sie sich dann ausgerechnet ihm anvertraute. Einem unbedeutenden, nahezu fremden Jungen. Nur, weil er anders war, wie sie vorhin gesagt hatte?
Fiona atmete tief durch und schien Kraft zu sammeln, um weitersprechen zu können. „Zuhause in Birmingham gab es einen Nachbarsjungen. Owen. Wir sind zusammen aufgewachsen. Seit wir im Sandkasten gespielt haben, waren wir unzertrennlich. Wir haben alles gemeinsam gemacht. Alles geteilt. Unsere Spielsachen genauso wie unsere Geheimnisse. Er hat mich verteidigt, wenn die anderen Kinder mich wieder wegen meiner Haare und der Sommersprossen gehänselt haben und ich habe ihn getröstet, wenn er sich eine blutige Nase geholt hat. Nichts und niemand hätte sich zwischen uns stellen können. Außer der Liebe.“ Ihre bereits leise Stimme war zu kaum mehr als einem Hauchen geworden. Sie schluckte hart. „Es begann, als ich vierzehn und Owen sechzehn war. Auf einmal sah er mich anders an, verhielt sich anders. Linkisch, als wüsste er nicht, was er sagen oder wie er mich anfassen sollte. Diese Vertrautheit, die keiner Worte bedurfte, war plötzlich nicht mehr da. Alles war … komplizierter. Irgendwann traute er sich dann, mich zu küssen. Ich ließ es geschehen, empfand aber nicht das Geringste dabei.“
„Du warst noch zu jung“, vermutete Riley.
„Ja, das war ich“, bestätigte Fiona. „Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich verhalten sollte, denn ich wollte Owen nicht wehtun. Und mehr als alles andere wollte ich meinen Freund nicht verlieren. Doch nach dem Kuss dachte Owen, dass ich genauso empfand wie er, dass auch auf meiner Seite aus unserer unschuldigen Kinderfreundschaft mehr geworden war.“ Sie senkte den Blick auf ihre Hände. „Und ich ließ ihn in dem Glauben. Ich habe gespürt, wie sehr er in mich verliebt war
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