Späte Familie
mein übermächtiger Kummer, Amnons Schimpfen, das Weinen des Jungen, wie er sich an die inzwischen nutzlose Fernsteuerung in seiner Hand klammerte und wieder und wieder auf die Knöpfe drückte, als versuchte er, den Rausch der Kraft wiederherzustellen, das Vergnügen der vollkommenen Herrschaft, die er bis vor ein paar Minuten noch gefühlt hatte.
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Ein Flugzeugflügel ist in die Erde gebohrt wie ein Furcht einflöÃender Spaten, glitzert im Licht der früh untergehenden Sonne, weckt die alte Angst vor einem Aufenthalt in der Luft, daneben stehen in einer langen Reihe Flugzeugrümpfe mit ausgerissenen Flügeln, beschämt, als hätten sie nie den Himmel durchfurcht. Wäre er jetzt hier neben mir, würde ich zu ihm sagen, schau, ein Flugzeugkrankenhaus. Wir sind noch immer auf demselben Erdteil, er und ich, aber gleich nicht mehr, seine ohnehin kleine Gestalt wird sich vor meinen Augen verkleinern wie die Pupillen einer Katze, wenn er hier neben der Startbahn stehen und mir zum Abschied zuwinken würde, könnte ich gleich seine Hand nicht mehr sehen, ihn selbst nicht mehr, ich steige himmelwärts und er bleibt auf der Erde zurück, die kleinen FüÃe stecken in den Turnschuhen vom letzten Jahr, seine Zehen bohren sich immer durch die Strümpfe, und die Entfernung zwischen uns wird immer gröÃer.
Unter mir liegt noch die Küstenebene, ausgebreitet wie eine schmale Flickendecke, die Stadt, die sich an das Meer lehnt, sieht auf einmal erstaunlich ordentlich aus, zerteilt in geometrische Formen, die man nur von oben erkennen kann, unter mir bewegt sich eine Autokarawane in einer auffallenden, bedrohlichen Ordnung, von oben hört man kein Hupen, keine Flüche, keine laute Musik, keine Gesprächsfetzen, still wie bei einem Leichenzug bewegen sich die kleinen Autos vorwärts, schau, mit einem Schlag löscht eine graue Wolke die Lichter der Stadt aus, trägt den silbernen Vogel hinaus aufs Meer, wie hastig ist der Abschied.
Unter meinen FüÃen, die in Stiefeln stecken, spüre ich die Motoren, gewaltig und Furcht einflöÃend, wilde Tiere, gefangen im Bauch des Flugzeugs, und die ganze Zeit ist der silberne Flügel neben mir, erinnert mich an seinen Zwilling, der in die Erde gebohrt ist. Der rauschende Wind zerbricht an seinem kalten Körper, wenn er jetzt hier wäre, würde er sagen, schau, am Himmel schwimmt ein Schiff aus Wolken, komm, springen wir aus dem Flugzeug und fahren mit dem Schiff.
Eine junge Stewardess mit schwarzen zusammengebundenen Haaren und stark geschminkten Augen beugt sich zu mir, ist Ihnen nicht gut, und ich hebe den Kopf, kann ich ein Glas Wasser haben? Mir ist übel, und sie bemüht sich um mich, bietet mir ein Stück Zitrone an, eine Dose Cola, ich bin zum Baby der Stewardess geworden, die bestimmt zehn Jahre jünger ist als ich, und ihre umfassende pflichtgemäÃe Fürsorglichkeit rührt mich, als wäre sie für mich persönlich bestimmt. So alt wie diese Stewardess war ich, als ich Amnon geheiratet habe, so stolz darauf, dass ich es geschafft hatte, diesen nicht mehr jungen Junggesellen an mich zu binden, diesen widerspenstigen Mann, der durch die Universitätsflure voller verführerischer Studentinnen lief, vielleicht war mein Stolz gröÃer als meine Verliebtheit, meine Mutter schüttelte manchmal den Kopf und sagte, er ist ein harter Mann, so wie dein Vater, und dann widersprach ich, wie kannst du die beiden vergleichen, er ist viel wärmer und lange nicht so egoistisch, und sie wiegte zweifelnd den Kopf hin und her und fragte, wirklich?
Ein junger Mann kaut neben mir sein Abendessen, er hat ein Gesicht, das glatt ist wie das eines Knaben, seine Haare sind lang und voll, wir haben kein einziges Wort gewechselt, und trotzdem scheint zwischen uns Nähe entstanden zu sein, weil wir das gleiche Essen zu uns nehmen, Würstchen,Räucherlachs, ein süÃes Brötchen, und den gleichen Geschmack im Mund haben, und selbst das Wissen, dass diese zweifelhafte Nähe von allen Passagieren des Flugzeugs geteilt wird, schwächt das Gefühl nicht. Als er einen Schluck Wein trinkt, hebt er das Glas leicht in meine Richtung, und ich antworte mit einem verblüfften Zwinkern. Früher, als ich so alt war wie die Stewardessen, hätte mir solch eine Bewegung gereicht, um diesen wunderlichen Prozess in Gang zu setzen, bei dem die Pferde der Einbildung losgaloppieren und die
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