Späte Familie
müssen vernünftig miteinander umgehen, Gili zuliebe, und er brüllt laut, Gili zuliebe, Gili zuliebe, das ist doch die reinste Heuchelei, Gili ist dir so wichtig, dass du seine Familie zerstörst, und das reicht dir dann noch nicht mal, du ziehst auch noch um und setzt ihm einen neuen Mann vor die Nase, mit dem er sich messen muss, und das alles mit einer solchen Geschwindigkeit, dass du nur ja keine Zeit hast, es zu bereuen, kapierst du überhaupt, was du tust, manchmal glaube ich, du bist einfach nicht normal, du brauchst dringend einen Psychiater, sage ich dir, und bevor ich ihm mitteilen kann, dass ich jetzt einen Psychiater habe, dass er sich also beruhigen kann, steht er plötzlich auf, stöÃt seinen Stuhl zurück und schreit, weiÃt du was, lass mich in Ruhe mit dem ganzen Durcheinander, das du veranstaltest, schau selbst, wie du zurechtkommst, von mir hast du keine Hilfe mehr zu erwarten, nicht mit Gili und nicht mit dem Rabbinat und mit überhaupt nichts, soll dir doch dein neuer Freund helfen, und schon stürzt er davon, zitternd, begegnet unterwegs der Kellnerin, die das Frühstück an unseren Tisch bringt.
Nervös beobachte ich ihre Bewegungen, wie sie sorgfältig den Tisch für zwei Personen deckt, vor den leeren Stuhl das duftende Spiegelei stellt, ein Glas mit frisch gepresstem Orangensaft, und das Besteck auf die gefaltete Serviette legt, als verspräche die präzise Ordnung seine Rückkehr, und auch ich setze ein abwartendes Gesicht auf, trinke nervös von dem kalt gewordenen Kaffee, während ich aus demFenster schaue, ein schwerer Schatten hat sich über den Glanz des neuen Lebens gesenkt, ein Wurm ist im Apfel, Ameisen auf dem Kuchen, und ich versuche, mich zu besänftigen, er redet nur so dahin, er wird sich schon wieder beruhigen, auch damals, als wir uns getrennt haben, hat er mir gedroht und sich aufgeführt, und am Schluss ist alles gut gegangen, was kann er schon tun, er wird mir den Jungen nicht wegnehmen, und er wird auch nicht von der Bildfläche verschwinden, nur um mir Schwierigkeiten zu machen, und auch wenn sich die Scheidung hinauszögert, werde ich zurechtkommen, aber er hat trotzdem eine Angst in mir geweckt, als hätte er mit seinen Worten eine vergessene Spieldose geöffnet, er hat den Schlüssel umgedreht, und schon ist die düstere, bedrückende Melodie zu hören, von Unsicherheit und Zweifel.
Wem gehört das Spiegelei, höre ich eine fröhliche Stimme fragen, und sofort hebe ich erfreut den Blick, es war für meinen Mann, aber er hat darauf verzichtet, du kannst es haben, sage ich, stehe auf und umarme sie, Talja, wie gut, dich zu sehen, ich habe mich so nach dir gesehnt, und sie schimpft, ich bin nicht mehr deine Freundin, nachdem du monatelang nicht zurückgerufen hast, wenn es dir nichts ausmacht, esse ich Amnons Spiegelei und verschwinde, und ich sage, glaub mir, ich war unfähig, mit irgendjemandem zu sprechen, du hast keine Ahnung, was ich durchgemacht habe, und sie wirft mir kauend einen prüfenden Blick zu und sagt, so wie du aussiehst, kann es nur Gutes gewesen sein.
Du irrst dich, sage ich, das Gute kam erst jetzt am Schluss, und sie bestreicht ihr Brötchen sorgfältig mit Quark und fragt, also, was ist, hast du dich verliebt? Ich verziehe das Gesicht zu einem verlegenen Lächeln, du hast keine Ahnung, wie sehr, es ist ganz unwirklich, so schön ist es, undsie sagt, du machst mir Sorgen, Ella, das hört sich nicht gut an, und ich protestiere, es reicht, willst du mir etwa auch noch alles kaputtmachen, so wie Amnon? Was habt ihr denn alle heute Morgen, ihr seht eine glückliche Frau und dreht auf der Stelle durch vor Neid.
Nun ja, du hast doch wohl nicht erwartet, dass Amnon sich mit dir freut, sagt sie, und ich seufze, ich habe gedacht, es macht ihm nichts aus, und sie kichert, ich stehe auf seiner Seite, also hüte dich vor mir, als du meine Anrufe nicht beantwortet hast, habe ich ihn jedes Mal angerufen, wenn Joâav Gili treffen wollte, wir waren ein paarmal bei ihm, hat Gili dir das nicht erzählt? Und ich sage, nein, du weiÃt doch, wie sie in diesem Alter sind, sie erzählen nichts, ich versuche, meine Verlegenheit zu verbergen, sie soll nicht merken, wie groà die Kluft ist, die sich zwischen mir und meinem Sohn aufgetan hat.
Wir haben viel Spaà gehabt, fährt sie fort, direkt und sachlich, wie es ihre Art ist, du hast keine Ahnung, wie Amnon
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