Späte Familie
macht.
Natürlich bin ich einverstanden, sage ich, merkst du das nicht? Und er sagt, nein, ich merke es nicht, und das liegt an dir, aber auch ich habe das Recht, meine Schlüsse zu ziehen, vielleicht solltest du dir ein paar Tage für dich nehmen unddir darüber klar werden, was du tun oder lassen willst, ich bin in dieser Angelegenheit kein guter Ratgeber, nimm dir so viel Zeit, wie du willst, aber wenn du eine Entscheidung triffst, dann hoffe ich, dass sie auch gilt, in Ordnung? Und ich nehme seine Hand, gebe sofort auf, ich bin nicht fähig, die geringste Drohung zu ertragen, auch nur den Schatten eines Verlusts, hör auf, du weiÃt, dass ich mich entschieden habe, ich habe mich längst entschieden, ich werde es Gili morgen sagen, und er steht müde vom Sessel auf, sein Gesicht, nicht mehr von der Lampe erhellt, ist schmal und dunkel, die Falten entlang seiner Wangen sind tief, wie eingeschnitten, nimm dir die Zeit, die du brauchst, tu es nicht für mich, und wenn du bereit bist, sag es mir.
Mit einer schwachen Bewegung streicht er mir über die Haare und wendet sich zur Tür, und ich betrachte in dem zitronenfarbenen Licht die Bücherregale, die aussehen wie ein Mund, dem man ein paar Zähne gezogen hat, und versuche, mir das Leben ohne ihn vorzustellen, ich sehe, wie Gili heranwächst und mich immer weniger braucht, während ich ihn immer mehr brauche, würde er erwarten, dass ich ihm ein solches Opfer bringe, dass ich auf einen Partner verzichte, auf eine neue Familie? Gili, mein Schatz, komm zu mir, ich habe dir etwas zu erzählen, etwas Gutes, ich bin sicher, dass es gut sein wird, auch wenn es am Anfang vielleicht ein bisschen schwer ist, nicht wirklich schwer, verwirrend möglicherweise, aber ich werde die ganze Zeit bei dir sein und dir helfen. Hör zu, ich und Oded, Jotams Vater, wir lieben uns wie Mann und Frau, nein, wir heiraten nicht, aber wir ziehen zusammen, du und ich werden in ihre neue Wohnung ziehen, erst sind sie eingezogen und jetzt ziehen wir zu ihnen, dort werden wir ab jetzt alle zu Hause sein, du bekommst dort ein schönes Zimmer, genau wie hier, und Maja und Jotam werden da sein, wenn sie nicht bei ihrerMama sind, und es wird eine Weile dauern, aber wir werden uns daran gewöhnen und es wird uns gut gehen, denn wir werden uns gegenseitig haben, wie vorher, und zugleich werden wir eine gröÃere Familie bekommen, und wir werden uns lieb haben und uns gegenseitig helfen und wir werden miteinander spielen und Ausflüge machen, das ist viel schöner, als nur allein mit einer Mutter oder einem Vater zu sein, das stimmt doch, mein Kleiner.
Im letzten Sommer musste ich ihm erzählen, dass er ganz allein in die erste Klasse gehen würde, ohne seine Freunde vom Kindergarten, ich hatte tagelang meine Worte geplant und es nicht geschafft, sie auszusprechen, bis er einige Tage vor Schuljahresbeginn zu mir sagte, Mama, in der neuen Schule werde ich keinen einzigen Freund haben, ich atmete erleichtert auf und fragte, woher weiÃt du das denn, und er zuckte die Schultern, ich weià es eben, und da sagte ich schnell, ich bin sicher, dass du in ein paar Tagen neue Freunde haben wirst, alle werden deine Freunde sein wollen, und er sagte, ja, vielleicht, aber vielleicht auch nicht, und seine jungenhaften Augen schauten mich aus dem Kindergesicht skeptisch an, und vielleicht sehne ich mich jetzt nach einem ähnlichen Wunder, das mir die Aufgabe erleichtert, so dass ich nur noch bestätigen und beruhigen muss, statt die Nachricht selbst zu überbringen. Aber wann ist der passende Zeitpunkt, am Morgen vor der Schule auf keinen Fall, und nachmittags ist er hungrig und müde, später ist er ins Spielen vertieft, oder er lädt sich einen Freund ein, und wenn der Freund schlieÃlich geht, ist es schon spät, und vor dem Schlafengehen passt es am allerwenigsten, und am nächsten Wochenende ist er bei Amnon, komm, mein SüÃer, mein Junge, komm, setz dich einen Moment zu mir, ich habe dir etwas zu sagen.
Ist sein Gesicht weià geworden, oder bilde ich es mir nurein, Blässe vertuscht mehr als Röte, sie beunruhigt und ist nicht zu fassen, meine Augen sind schon von einem Schleier bedeckt, Mama, warum weinst du, soll ich sagen, dass ich vor Freude weine, vor Freude weine ich, komm, mein Liebster, setz dich auf meinen SchoÃ, sein Körper erstarrt in meinen Armen, seine Muskeln verkrampfen sich, und trotzdem ist sein
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