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Späte Familie

Späte Familie

Titel: Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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du willst, dass ich es bereue? Und ich sage, nein, wieso denn, gib mir nur etwas Zeit, ich laufe im Haus herum wie eine Braut, die es zu ihrem neuen Leben drängt, der es aber schwer fällt, sich von ihrer Kindheit zu verabschieden, von ihrer Familie, von ihrer Jungfräulichkeit.
    Es sind nur wenige Gegenstände, die ich vorausschicke, ein Pullover und ein Schal und einige Bücher, Shampoo und Strümpfe und Ähnliches, es scheint, dass die Dinge ihren eigenen Willen haben, sie kennen schon den Weg dorthin, aber nicht den Rückweg, wie jener Rabe, der nicht zur Arche Noah zurückkehrte und deshalb schwarz wurde. Einer nach dem anderen machen sie sich auf den Weg, aber wir beide, Gili und ich, gehören noch immer hierher, in die Wohnung, in die wir einige Wochen vor seiner Geburt eingezogen sind, die auf einen bunten Innenhof hinausgeht, zu den Granatapfelbäumen, die jetzt noch nackt sind, aber schon bald werden sie Blätter bekommen und danach violette Blüten wie Kelche voller Wein, aus denen Früchte werden, die dann im Herbst reifen und den Hof wie rote Lampions erleuchten, sie werden Scharen von Zugvögeln anlocken, die an ihnen herumpicken und sie von innen aushöhlen, auch wenn sie von außen unberührt wirken, und gegen Winter werden sie wie seelenlose Körper unhörbar auf die schmalen gepflasterten Wege fallen und sie mit ihrem dunklen Saft beflecken, und wir werden nicht hier sein, und zwischen den Stämmen wird der erste Sauerkleewachsen, und wir werden nicht hier sein, und der wilde Orangenbaum wird mit seinen ungenießbaren Früchten prahlen, und wir werden nicht hier sein, wir werden nicht mit einem Ball und einer Decke und Keksen zu dem mickrigen Rasen hinuntergehen, wir werden nicht die zutraulichen Katzen im Hof streicheln, wir werden nicht deren Junge bewundern, die aus dem Dickicht brechen, ein Haufen von Schwänzchen und Ohren, die man nicht mehr auseinander halten kann, wenn sie zwischen den Sträuchern herumtollen, und vielleicht ist mein Schmerz nichts anderes als jener bekannte Hauch von Trauer, der zu jeder Veränderung gehört, schließlich werde ich zu einer anderen Familie hinüberwechseln, die die frühere Familie verdunkelt, gerade weil sie nicht selbstverständlich ist, wird sie zu einem Wunder, zu einer heiligen Familie, und dagegen wird unsere kleine Familie, Mutter und Sohn, ganz armselig aussehen.
    Und trotzdem zögere ich, zweifellos geht das alles zu schnell, zu plötzlich, ich werde mich nicht so leicht an die Anwesenheit zweier weiterer Kinder im Haus gewöhnen, an die Anwesenheit eines neuen, beinahe fremden Mannes, denn obwohl wir uns oft getroffen haben, hat sich wenig zwischen Gili und Oded entwickelt, und wenn ich mich bei Oded darüber beklage, wehrt er sich sofort, das sei ja auch kaum möglich bei solch kurzen Treffen, wenn wir erst unter einem Dach wohnen, werde sich alles ergeben, dies scheint im Moment seine einzige Antwort zu sein, wenn wir erst unter einem Dach wohnen, kommt alles in Ordnung, hör auf, deine Ängste zu füttern, sie werden davon nur immer hungriger, blass und müde nach vielen Stunden Arbeit sitzt er mir gegenüber und schaut mich mit wachsendem Zweifel an, Ella, mach es nicht kaputt, vertrau mir, und wenn er bei mir ist, bin ich schon fast überzeugt, dass es keinen Grund gibt zu warten, aber sobald er fort ist, fange ich wieder anzu zweifeln, mit weichen Knien stehe ich vor Gili, wie eine Frau, die ihrem Mann die Liebe zu einem anderen beichten möchte und es doch nicht wagt.
    Und das Geheimnis, das ich vor ihm verberge, lässt mich erstarren, ich weiche vor ihm zurück aus lauter Mitleid, und er, der die Veränderung spürt, klammert sich plötzlich an mich, zwingt mich, unsere gemeinsamen Nachmittagsstunden zu zelebrieren, unsere vertrauten Gespräche, das einfache Blöken eines Mutterschafs und eines Lammes, was ist los, Mama, fragt er besorgt, bist du traurig? Bist du böse auf mich? Und es scheint, dass ich aus lauter Angst, ihm wehzutun, ihm auf eine andere Art schade, und vielleicht ist es auch für ihn besser, dass es endlich geschieht, dass die Veränderung offen zutage tritt, statt heimlich jeden meiner Schritte zu begleiten.
    Manchmal erinnere ich mich verwundert daran, mit welcher Leichtigkeit ich ihm unsere Trennung verkündet habe, immer wieder denke ich an jenes kurze Gespräch, bei dem Amnon zwar neben mir saß, aber

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