Späte Familie
Wachs bedeckt, unsere Kinder haben sich in Kerzen verwandelt, in Wachsstatuen, und wir werden hier bis zum Morgengrauen bleiben, verwaist, ein vulgärer bunter Haufen,in Trauer vereint, und mit einem Mal kehrt der Fluch meines Vaters zu mir zurück, ergreift Besitz von meinem Inneren, bis ich das Gefühl habe, dass alle seine Stimme hören können, er wird es nicht überleben, er wird ausgelöscht werden, die Stimme ist wirklicher als das freudige Geschrei der zu uns zurückkehrenden Kinder, die auf dünnen Beinen hüpfen, wie weiÃe Raben, bevor man sie schwarz anstrich, als Strafe dafür, dass sie nicht zu Noahs Arche zurückgekommen sind. Mama, die Königin Schabbat ist schön wie eine Braut, schreit Gili, rennt begeistert auf mich zu, mit roten Wangen und die Hände voller SüÃigkeiten, sie hat blonde Haare und einen Brautschleier und ihr Gesicht ist rosa, wir haben sie am Himmel gesehen, sie hat uns SüÃigkeiten heruntergeworfen, direkt vom Himmel, und ich drücke ihn an mein Herz, streichle seine verschwitzten Haare, du kostbares Kind, in deinem kleinen Körper habe ich mir ein Haus gebaut, das einzige Haus, in dem ich sicher bin, frei, geliebt, denn das ist das Antlitz der Liebe, ihre Manifestation, Herbstlaubaugen und kleine wacklige Zähne, eine schmale, zarte Nase und mit Schokolade verschmierte Wangen.
Er drückt mir ein klebriges Weingummi in die Hand und rennt zu seinem Vater, ich humple hinter ihm her zu dem Lager, das sich mit Leben füllt, nun, da wir wieder vereint sind, müssen wir zu unseren Plätzen zurückkehren und der Regie der Lehrerin folgen und uns, wie jede Familie, vorstellen, mit Namen und, zu meinem Schrecken, auch mit Hobbys, und schon sind wir an der Reihe, Gili zwitschert mit seiner hohen Stimme, mein Vater heiÃt Amnon und meine Mutter Ella, und ich Gilâad, aber ich werde Gili genannt, und als die Lehrerin fragt, und was macht ihr gerne zusammen, zögert er ein wenig, und dann murmelt er leise, wir streiten uns gern.
Man versteht dich nicht, Gilâad, sagt die Lehrerin, du musst lauter sprechen, und er murmelt, wir streiten uns gern, und die Lehrerin wiederholt seine Worte erstaunt, streiten? Wie schön, und dann macht sie gedankenlos weiter mit Familien, die gerne Picknicks machen, ins Ausland verreisen oder schwimmen und tauchen oder zusammen ins Kino gehen, und ich beobachte beschämt die stolzen Frauen, die mit angespanntem Lächeln ihre Kinder beim Sprechen beobachten, bestimmt hat Amnon Recht und sie kennen ebenfalls Schwierigkeiten und Streitereien, und trotzdem sehen sie zufrieden aus, als hätten sie eine Entscheidung gefällt, vielleicht haben sie wirklich alle einen Bund geschlossen, einen Bund wie der, den mein Vater mir empfohlen hat, der vollkommenes Glück ermöglicht, der die Erwartungen begrenzt und die Träume tötet, dafür aber groÃe Gelassenheit verleiht. Ich überlege, ob ich mich nicht auch danach richten müsste, und wieder lehne ich mich auf, nein, ihr Weg ist nicht meiner, ihr Leben nicht meines, und mir ist, als würde ich einen geheimen Wettkampf zwischen ihnen und mir verkünden, zwischen meinem Weg und ihrem, einen Wettkampf, der heute Abend beginnt, schlieÃlich hat dieses Jahr erst angefangen, wir werden uns alle hier wiedertreffen, an Chanukka, an Pessach, an Purim und an Schawuâot, dann werden wir sehen, wo ich stehe und wo ihr, und inzwischen bemerke ich, dass die ermüdende Zeremonie zu Ende ist und die Erfrischungen serviert werden, die Kinder gehen wie kleine Kellner zwischen uns herum, verteilen Stücke von mehligen Wassermelonen, die vom Sommer übrig geblieben sind, süÃe, mit Rosinen bestreute WeiÃbrotzöpfe, und eine der Frauen steht auf, rank und schlank und geschmeidig, in engen Jeans und einem weiÃen T-Shirt und mit langen glatten Haaren und einem wunderschönen Baby auf dem Arm, und sagt verlegen, aber begeistert,hört zu, heute Abend machen wir ein Fest, jeder, der kommen will, ist eingeladen.
Aus welchem Anlass gebt ihr das Fest, fragt einer, und sie schaut ihren Mann an und lächelt, als teile sie ein Geheimnis mit ihm, eine leichte Röte steigt ihr in die Wangen, einfach so, sagt sie, wir haben Lust zu feiern, und dann nennt sie ihre Adresse, es wird viel Wein geben und gute Musik, es wird sich lohnen, und ihr Mann stellt sich neben sie, auch er jung und gut aussehend, legt ihr den Arm um die
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