Späte Familie
weiÃem Zuckerzeug, und auch sie verdarb ich, und als die Kinder kamen, fanden sie mich zusammengekrümmtund mich übergebend unter dem Tisch, verschmiert von Tränen und Schokolade, bestäubt vom Puderzucker, was habe ich gemacht, Mama, Papa, helft mir, ich habe meinen Geburtstag kaputtgemacht, ein ganzes Jahr habe ich darauf gewartet, und schaut nur, was ich getan habe.
Erst als ein Mann und eine Frau, in ein angeregtes Gespräch vertieft, mir entgegenkommen, fällt mir auf, wie leer die StraÃe ist, ich betrachte sie, er ist groÃ, ein bisschen gebeugt, sie klein und dünn und schiebt einen Doppelkinderwagen, hinter ihnen geht ein mittelgroÃer Junge im Alter unseres Sohnes, schau uns an, Amnon, das sind wir, so werden wir parallel weiterleben, wir werden Kinder bekommen, und ich lege die Hand über die Augen, nach den Worten verbünden sich nun auch die Bilder gegen mich, jeder zufällige Anblick, den ich ab jetzt bis in alle Ewigkeit sehen werde, wird mir gekrümmte Katzenkrallen entgegenstrecken, alles, was aus meinem Leben entfernt wurde, so wie Fundstücke aus einer Grabungsstätte entfernt werden und nur noch schriftliche oder gefilmte Dokumentationen zurückbleiben, alles wird zu einem bedrohlichen Anblick werden, Arm in Arm gehende Paare, schwangere Frauen, Eltern mit ihren Kindern, und ich wende den Blick zur StraÃe, ein elegantes Auto fährt langsam an mir vorbei, weckt einen Moment lang ein unbehagliches Gefühl in mir und verschwindet wie das Licht, das in den Fenstern erlischt, und die Menschen verabschieden sich dankend von ihren Gastgebern, schau an, ein weiterer Abend ist vorbei, aber für mich ist das nicht irgendein weiterer Abend, es ist der Abend, an dem mein Vorhaben misslungen ist, mein Plan, an den ich mich die letzte Woche über geklammert habe, und jetzt ist bei mir jedes Interesse an der Zukunft erloschen.
Mit weichen Knien steige ich die Treppe zu meiner Wohnung hinauf, was habe ich hier noch verloren, dort will ichwohnen, in der schönen Wohnung mit Blick auf das Kloster, dort möchte ich schlafen, in dem Bett mit dem bestickten Ãberwurf, hinter dem Perlenvorhang, am Morgen, wenn Gili vor mir steht, werden die Perlen in der Sonne glänzen, er wird den Vorhang ungläubig zur Seite schieben und seinen Augen nicht trauen, ein Anblick, mit dem er nicht mehr gerechnet hat, seine Mutter und sein Vater in einem Bett, nebeneinander, mit geschlossenen Augen, genau wie es auf dem Plakat steht, das er eigenhändig gemalt hat, das Zimmer von Mama und Papa. Wie schäbig meine Wohnung aussieht, fleckig, abgenutzt, ein Körper, der seine Seele verloren hat. Und ich mache schnell das Licht aus und schlüpfe aus dem Kleid.
Eine unendliche Wut erfüllt das Bett, ein tobender Stier scheint unter der Matratze zu schnauben und droht, das Bett, das Haus, die ganze Stadt auf dem Rücken davonzutragen, in den Untergang, und ich fürchte mich nicht, ebenso wie sich in der Vorzeit die Einwohner Theras nicht vor dem Stier gefürchtet haben, der im Innern der Erde tobte, sie wollten nur, dass er sich aufrichten und die Ordnung der Welt erschüttern möge, die unvorstellbar und unerträglich geworden war. Wie konnte es so weit mit uns kommen, dass ich hier allein in der Wohnung bin, an einem Schabbatabend, als wäre ich allein auf der Welt, als hätte ich noch nie eine Familie gehabt, und sie sind dort ohne mich, ein Vater und sein einziger Sohn, wie sich die Realität verzerrt hat, wie eine gesunde, hübsche Frau, der eine plötzliche Lähmung das Gesicht entstellt, warum habe ich diese ganzen Geschichten über Geschiedene geglaubt, die ich mit halbem Ohr gehört habe, naiv und begeistert, wieso habe ich nicht verstanden, dass es sich um ein Erdbeben handelte, dessen Staub noch monatelang das Auge der Sonne verdunkeln würde?
Und da dringt ein vertrautes, beruhigendes Geräusch an mein Ohr, das Drehen des Schlüssels in der Wohnungstür, das zögernde Knarren in den Angeln, um mich nicht zu wecken, so ist er nachts nach Hause gekommen, und ich, die ich ohne ihn nicht einschlafen konnte, hörte es, und sofort war der Schlaf da, und auch jetzt würde ich mich, als ich das Quietschen der Tür höre, am liebsten dem Schlaf hingeben, der mir so fehlt, bis die Freude mich mit wilden Sätzen durchdringt, von den Fingerspitzen bis zu den Haarwurzeln, er ist gekommen, er hat mir nicht widerstanden, er hat
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