Späte Heimkehr
Ernstes, aber wir wohnten damals in der Nähe von Gilgandra, und dort fand sich kein Arzt, der es machen konnte. Als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, haben meine Mutter und ich uns die Geschäfte angesehen. Gekauft haben wir nichts, aber so ein Schaufensterbummel macht ja auch Spaß.«
Barney blickte in ihre blitzenden Augen und überlegte sich, was sie wohl gehabt hatte. Jedenfalls waren sie wunderschön. Ihm wurde klar, dass sie vermutlich kein Geld für einen Einkaufsbummel in Sydney gehabt hatte – im Gegensatz zu einigen seiner Bekannten, die sich in Sydney immer den ›allerletzten Schrei‹ besorgten.
»Inzwischen gibt es bestimmt mehr Waren in den Geschäften in Sydney als zu meiner Zeit. Es hat ein bisschen gedauert, bis sich das Land vom Krieg erholt hat, aber jetzt geht's so richtig bergauf, das ist mal sicher. Wo haben Sie denn schon überall gelebt? Vermutlich haben Sie mehr von Australien gesehen als ich.«
Die beiden plauderten fröhlich, und Abby entspannte sich. In der großen Gruppe fühlte sie sich sicher, und außerdem schien es ihr, dass Barney sich lieber mit jemandem unterhielt, der in etwa in seinem Alter war. Ihr war bereits aufgefallen, dass sich die Männer ihm gegenüber eher distanziert verhielten. Im Gegensatz zu ihnen sah sie ihn aber nicht als ›Boss‹. Schließlich war dieser Job für sie, wie wohl auch für ihren Vater, eine einmalige Sache.
Nach einer Weile blickte Barney auf seine Uhr. »Oh, ich verteile jetzt wohl besser mal das Geld, sonst gibt es hier gleich einen Aufstand.«
»Das glaube ich weniger. Alle scheinen sich doch prächtig zu amüsieren«, sagte Abby in dem Augenblick, als Mrs. Anderson auf sie zukam.
»Ich hole jetzt den Kuchen und einen Likör zum Nachspülen. In Ordnung, Barney?«
Er nickte und erhob sich. »Also dann …«
»Soll ich Ihnen helfen, Mrs. Anderson?«
»Ja, Abby, das wäre nett. Komm gleich mit.« Die beiden machten sich auf den Weg zum Haus, während Barney nach seiner Jacke griff, Umschläge mit den Namen aller Männer daraus hervorholte und sie zu verteilen begann.
Die Fahrt durch den herrlich angelegten Garten dauerte nur ein paar Minuten. Als das mächtige Dach des Herrenhauses mit den hohen Kaminen in Sicht kam, musste Abby tief Luft holen: »Mein Gott, ist das schön!«
Mrs. Anderson sah erst sie und dann wieder die imposante Fassade an. »Ja, nicht wahr? Wenn man an einem solchen Ort lebt, sieht man die Schönheit irgendwann selbst nicht mehr. Komm hinten rum, wir gehen am Rosengarten vorbei.«
Innen bestaunte Abby die riesige Küche mit den breiten Arbeitsflächen, dem großen Tisch, den hohen Geschirrschränken und der Speisekammer von der Größe eines kleinen Zimmers. »Das wäre eine Küche für meine Mutter. Sie kocht so gern und hat nie genug Platz.«
»Kann sie gut kochen?«
»Wir finden schon. Sie backt auch gern und macht Marmeladen und legt Gemüse ein. Für ihre Kuchen hat sie schon Preise gewonnen.«
»Und du, kochst du auch?«
»Ja, aber ich kann leider nicht so gut backen. Mama sagt, ich hätte zwei linke Hände. Dafür muss ich ihr immer die Eier aufschlagen«, berichtete Abby.
»Meine Backkünste sind auch nicht so berauschend. Aber mein Früchtekuchen kommt bei den Männern immer gut an. Wartest du einen Moment hier, während ich die Sahne aus dem anderen Kühlschrank hole?«
»Ihr Kuchen schmeckt bestimmt köstlich«, rief Abby ihr hinterher und wunderte sich, dass es in dieser Küche gleich zwei Kühlschränke gab. Sie selbst besaßen nicht einmal einen Eiskasten. Als sie gerade die stattliche Anzahl der Töpfe und Pfannen bewunderte, sah sie auf einmal ein weißes Knäuel, dem ein zweites folgte, blitzschnell auf sie zurasen. Sie quietschte erschrocken auf, machte einen Satz nach hinten und betrachtete dann erstaunt die kleinen Kreaturen zu ihren Füßen, die wie verrückt zu japsen begannen und auf ihren kurzen Beinchen und spitzen Pfötchen um sie herumtanzten.
Abby brach in Lachen aus. »Was seid ihr denn für komische Hündchen? Wie seht ihr denn aus?«
Sie beugte sich hinunter und betrachtete die frechen Schnauzen und die schwarzen Rosinenaugen. Dann streckte sie kichernd die Hand aus, und Tucker, der nicht ausschließen wollte, dass sie ihm etwas zu fressen anbot, kam mutig näher. Noch bevor er weglaufen konnte, hatte Abby ihn gepackt und hochgehoben. Stehend hielt sie den verdutzten Hund in Augenhöhe von sich weg, sodass sie ihn sich ansehen konnte. Diet kläffte immer noch
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