Späte Heimkehr
doch um die Pferde.«
Shannon sah wenig begeistert aus. Abbys gelassene und souveräne Entschlossenheit machte sie unsicher und nervös. Ihr passte es gar nicht, dass Abby das Kommando über Barney übernehmen wollte. »Nein. Lassen Sie mich helfen.«
»Bitte, Shannon, lass Abby machen. Sie kennt sich mit Erster Hilfe aus«, bat Barney mit schwacher Stimme.
Die beiden Mädchen halfen ihm auf die Beine und hievten ihn unter Abbys Anleitung auf den Beifahrersitz.
»Bringen Sie die Pferde zurück, Shannon. Und rufen Sie den Arzt an, um ihm zu sagen, dass wir auf dem Weg sind. Und wenn es Ihnen nichts ausmacht, rufen Sie doch auch gleich die Holtens und meine Mutter an, womöglich machen sie sich schon Sorgen und fragen sich, wo wir bleiben.«
Shannon nickte und wandte ihre Aufmerksamkeit den Pferden zu. Sie machte einen sehr verstimmten Eindruck.
Dr. Malone bestätigte Abbys Vermutung, dass es sich um eine ausgerenkte Schulter handelte, verabreichte Barney eine Spritze und renkte das Gelenk wieder ein. Abbys Ruhe und ihre praktischen Fähigkeiten schienen ihn zu beeindrucken, und er sah sie nachdenklich an, während sie sich unterhielten. »Ich habe Sie und Ihre Familie schon in der Kirche und beim Picknick gesehen. Wie wäre es übrigens mit einer Tasse Tee?«
»Das wäre nicht das Verkehrteste, Doktor«, sagte Barney.
»Kann ich Ihnen dabei helfen, Dr. Malone?«, bot Abby an. »Haben sie eigentlich keine Sprechstundenhilfe?«
»Bis vor drei Tagen schon, aber dann beschloss die Gute urplötzlich, in die Stadt zu ziehen. Ohne jede Vorwarnung.« Dr. Malone schien plötzlich eine Idee zu haben. »Möchten Sie die Stelle vielleicht übernehmen? Können Sie Maschine schreiben?«
Abby starrte ihn an. »Um ehrlich zu sein, suche ich sogar gerade nach Arbeit. Meine Tippkenntnisse sind zwar etwas eingerostet, aber mit ein bisschen Übung ginge es.«
»Ihre Talente als Krankenschwester kann ich wärmstens empfehlen«, setzte Barney hinzu.
»Gut. Dann bringen Sie den Patienten doch in einer Woche zur Nachuntersuchung vorbei, und wir besprechen alles Weitere. Bis dahin schlage ich mich allein durch. Es ist natürlich keine besonders aufregende Tätigkeit, nichts für eine Florence Nightingale. Ich fürchte, es geht hauptsächlich darum, Termine auszumachen oder Krankenblätter zu schreiben und solche Sachen.«
»Das klingt fabelhaft. Ich bin Ihnen sehr dankbar, Dr. Malone, und ich werde mein Bestes tun.«
Der Arzt lächelte sie an. »Also gut. Bringen Sie ihn jetzt nach Hause. Lassen Sie den Arm bis zur Untersuchung nächste Woche in der Schlinge, Barney. Ich gebe Ihnen noch Schmerztabletten mit – eine für jetzt und eine, falls Sie heute Nacht noch Schmerzen haben.«
Obwohl Barney sich auf der Heimfahrt noch etwas benommen fühlte, war er begeistert darüber, dass Abby die Stelle angeboten bekommen hatte.
»Wenn ich nicht vom Pferd gefallen wäre, wäre das alles nicht passiert. Im Nachhinein bin ich wirklich froh über den Sturz.«
»Ich freue mich auch über das Angebot. Hoffentlich klappt alles.«
»Mir fällt gerade ein, dass wir noch eine Schreibmaschine im Schuppen haben, ich werde sie für Sie heraussuchen. Es ist eine uralte Remington, stammt noch aus der Steinzeit, aber Sie können gern darauf herumklappern. Haben Sie sich übrigens schon überlegt, wie Sie jeden Morgen in die Stadt kommen? Mit Ihrer Betsy?«
»Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Ich denke, ich nehme den Schulbus und bitte Dr. Malone, schon um vier Uhr gehen zu dürfen, wenn ich dafür eine kürzere Mittagspause mache.«
»Damit ist er bestimmt einverstanden. Für so etwas hat man hier viel Verständnis. Die Leute wissen ja, was für Entfernungen teilweise zurückgelegt werden müssen.« Nach einiger Zeit wurde Barney müde und döste ein, der Kopf sank ihm auf die Brust, rollte zur Seite und kam schließlich an Abbys Schulter zu liegen. Sie fuhr ganz langsam und genoss seine Nähe.
Als sie die Abzweigung nach Amba erreichten, blieb Abby zögernd im Auto sitzen, weil sie Barney nicht wecken wollte, wenn sie ausstieg, um das Gatter zu öffnen.
Er bewegte sich, blickte auf und fragte verschlafen: »Sind wir schon da?« Plötzlich begriff er, dass sein Kopf an ihrer Schulter lag, richtete sich auf und sah sie an.
»Ja, Barney. Sie sind zu Hause«, sagte sie sanft. Barney beugte sich zu ihr hinüber und küsste sie leicht auf die Lippen. Der Kuss kam völlig unvorbereitet, und Abby stieg die Röte ins
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