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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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30. August 2009 – 22.15 Uhr
    Paul Greenberg saß an der Konsole des Netzwerkservers und las ein Protokoll auf dem Bildschirm. Er nahm seine Rolle als Systemadministrator sehr ernst und führte daher zu Beginn jeder Schicht eine Reihe von Tests durch, um herauszufinden, in welchem Zustand das System vom vorherigen Systemadministrator hinterlassen worden war.
    An diesem Abend machte er im Zuge seiner Routinekontrollen eine unerwartete Entdeckung. Er beugte sich vor und starrte ungläubig auf den Bildschirm. Im User-Protokoll stand, dass er heute bereits eingeloggt gewesen war. Dabei war er doch gerade erst zur Nachtschicht erschienen!
    Er tippte einen Befehl ein und rief das Änderungsprotokoll auf. Und tatsächlich: Dort war vermerkt, er habe Dateien hoch- und heruntergeladen – etwas, was er die ganze Woche nicht getan hatte. Er lud nur dann Dateien herunter oder hoch, wenn Mitarbeiter von Polizei oder Staatsanwaltschaft Probleme mit dem System hatten und ihn um Hilfe baten.
    Schnell verschaffte er sich eine klarere Vorstellung von den Vorgängen. Jemand hatte sich Administratorenzugriff auf den Webserver verschafft und von dort auf den Datenbankserver zugegriffen. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
    Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Server der DNA-Datenbank und überprüfte das Änderungsprotokoll. Was er dort fand, jagte ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken.
    Jemand hatte per Remote-Access eine Datei gelöscht und sie durch eine andere ersetzt.
    Das war verboten!Auf den DNA-Server durfte niemand von außerhalb zugreifen. Es handelte sich um einen lokalen Datenbank-Index, mit Betonung auf »lokal«. Nur das im Government Center ansässige DNA-Labor durfte ihn benutzen. Tatsächlich war das Verbot von Remote-Zugriffen eine Voraussetzung dafür gewesen, dass der hiesige Datenbank-Index auch die DNA-Profile der kalifornischen Datenbank und der nationalen Datenbank in Washington abrufen durfte. Aber irgendein Hacker hatte dieses Verbot offensichtlich umgangen, indem er sich in den Webserver eingeloggt und von dort aus einen Weg durch die internen Verbindungen gebahnt hatte, um kein Misstrauen zu erregen. Und was noch viel schlimmer war: Dieser Hacker hatte sich als Paul Greenberg ausgegeben!
    Er hatte das Bedürfnis, jemandem davon zu erzählen, aber um diese Zeit war er ganz allein in der Abteilung. Er musste erst mehr herausfinden.

Montag, 31. August 2009 – 10.15 Uhr
    Es war Montagmorgen, und Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten sich wieder einmal in Richterin Wagners Büro versammelt, um zu diskutieren, wie im Anschluss an die neuen DNA-Ergebnisse weiter verfahren werden sollte.
    Da bereits alle mit diesen Ergebnissen vertraut waren, kam Richterin Wagner sofort zum Punkt: »Inzwischen steht also fest, dass weder Elias Claymore noch Louis Manning als Verdächtige ausgeschlossen werden können. Die Geschworenen sind sich bewusst, dass Steven Johnson die ursprünglichen Testergebnisse gefälscht hat. Es ist also nicht davon auszugehen, dass sie dem Angeklagten gegenüber negativer eingestellt sind als vor dieser Entwicklung. Allerdings können die neuen Testergebnisse nicht von der Anklage vorgelegt werden, da diese ihre Beweisführung bereits abgeschlossen hat.«
    Sarah Jensen beugte sich vor. »Euer Ehren, wir würden die DNA-Ergebnisse gern als Gegenbeweise vorlegen.«
    Richterin Wagner betrachtete die Staatsanwältin mit einer Herablassung, die an Verächtlichkeit grenzte. »Sie machen wohl Witze, Mrs Jensen. Wie soll das gehen?«
    »Steven Johnson war ein Zeuge der Verteidigung, Euer Ehren. Wir reagieren also auf seine Aussage. Daher ist es rein theoretisch ein …« Sie brach ab, weil ihr aufging, wie schwach ihr Argument war.
    Richterin Wagner ergriff das Wort: »Die neuen Testergebnisse sind keineswegs ein Gegenbeweis als Reaktion auf Steven Johnsons Aussage, sondern völlig neues Beweismaterial, Mrs Jensen. Sie fechten schließlich nicht die Tatsache an, dass Ihre eigenen Testergebnisse durch Steven Johnsons Nachlässigkeit und anschließende Vertuschung fehlerhaft waren, sondern Sie sind auf eine zweite Chance aus. Sie wollen schlicht und ergreifend die Tatsache ausmerzen, dass Ihre ursprünglichen DNA-Beweise nicht mehr zu gebrauchen sind.«
    Sarah Jensen schwieg.
    »Ich weiß, dass Sie befürchten, Bethel Newton nach allem, was sie bereits durchgemacht hat, nicht mehr zu einer Aussage überreden zu können, wenn es zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens kommt. Und Sie, Mr Sedaka,

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