Späte Schuld
aufs Änderungsprotokoll. »Vorher.«
»Sie meinen, der neue Abgleich ist mit der manipulierten Datei erfolgt?« Aus Alvarez’ Stimme war die aufsteigende Panik herauszuhören.
»Ich fürchte ja.«
»Verdammt! Okay, Sie sagen, die Datei wurde überschrieben. Heißt das, dass sie nicht mehr zu retten ist?«
Greenberg dachte eine Weile darüber nach und sagte dann: »Na ja, wir erstellen jeden Abend um sechs eine Sicherungskopie, aber die Manipulation ist vorher durchgeführt worden.«
»Dann ist die Datei also für immer verloren. Und da der Test zerstörend war, haben wir auch keine Probe mehr. Scheiße! «
»Eins können wir noch versuchen: Wenn ich mir den Computer anschauen könnte, in den die Daten eingegeben wurden, könnte ich die abgehenden Datenpakete nach dem Upload auf den Datenbank-Server durchsuchen.«
»Werden die Uploads denn gespeichert?«
»Nur als temporäre Datei. Aber wenn das System sie wieder löscht, dann nicht durch Überschreiben, wie es der Hacker in der Datenbank getan hat. Stattdessen wird die Speicherfläche auf dem Laufwerk einfach zur Wiederverwendung freigegeben. Wenn der Computer anschließend nicht viel benutzt wurde, ist die temporäre Upload-Datei vielleicht noch vorhanden und lässt sich mit einem Standardprogramm wiederherstellen.«
»Könnten Sie das schnellstmöglich versuchen?«
»Uns bleibt wohl nichts anderes übrig. Jedenfalls muss der Computer sofort für den Gebrauch gesperrt werden.«
»Gut. Sobald Sie die Daten der Fingernagelprobe wiederhergestellt haben, veranlassen Sie bitte, dass sie erneut mit allen drei Referenzproben verglichen werden, also mit Bethel Newton, Elias Claymore und Louis Manning.«
»Wird erledigt. Die Probe von Louis Manning werde ich allerdings von der kalifornischen DNA-Datenbank herunterladen müssen. Ich glaube, die wurde vom kriminaltechnischen Labor in Oakland erstellt.«
»Okay. Lassen Sie mich bitte wissen, wenn Sie damit fertig sind.«
»Mache ich.« Greenberg wollte noch etwas sagen, aber dann fiel ihm plötzlich das naive Dummchen wieder ein, das ihn vor ein paar Tagen im Büro angerufen hatte. Er hatte der jungen Frau zwar nicht sein Passwort verraten, aber ihr gesagt, dass es der Mädchenname seiner Mutter war. Eigentlich hatte er gehofft, dass sie in der nächsten Nacht wieder anrufen würde, zumal sie einem seiner Kollegen gleich am nächsten Morgen alle möglichen Fragen über ihn gestellt hatte. Natürlich hatte der ihn hinterher gnadenlos damit aufgezogen.
Sie hatte nach seinem Alter, seiner Augenfarbe und seinem Sternzeichen gefragt.
Plötzlich wurde ihm klar, dass sie psychologische Kriegsführung betrieben hatte. Sie hatte ihn und einen seiner Kollegen eiskalt manipuliert, und mit seinem Geburtsdatum war es bestimmt kein Problem mehr gewesen, den Mädchennamen seiner Mutter herauszukriegen. Dabei hatte sie am Telefon so einfältig geklungen.
Reine Schauspielerei natürlich.
Wie konnte ich nur so dumm sein? Er versuchte, diesen Gedanken zu verdrängen, während er die Dateizuordnungstabelle durchging. Dabei fiel ihm noch etwas auf.
»Dr. Alvarez, wie ich sehe, wurden für die Referenzproben zusätzliche Dateien erstellt. Unter Eigenschaften steht hier, dass es sich dabei um mitochondrische DNA-Profile handelt.«
»Ja, das ist richtig. Bei Referenzproben erstellen wir immer auch mitochondrische DNA-Profile. Bei den Fingernagelproben haben wir uns hingegen für eine Analyse der Short Tandem Repeats der Y-Chromosomen entschieden.«
»Und es sind keine Ersatzproben mehr verfügbar?«
Alvarez dachte einen Moment nach. »Lassen Sie mich kurz nachsehen.« Er tippte etwas in seinen Computer und lächelte dann. »Doch. Es gibt noch eine Ersatzprobe. Von der anderen Hand des Opfers.«
Greenberg lächelte ebenfalls. »Vielleicht wäre es dann eine gute Idee, ein mitochondrisches DNA-Profil von dieser letzten Probe zu erstellen? Schließlich kann es sein, dass die Verteidigung die Ergebnisse der gelöschten Datei in Frage stellt, selbst wenn es uns gelingt, sie aus dem Upload-Protokoll wiederherzustellen. Aber wenn wir zusätzlich einen Abgleich der mitochondrischen DNA hätten und nachweisen könnten, dass sie mit Claymore übereinstimmt, aber nicht mit Manning, haben wir den Angeklagten festgenagelt.«
Alvarez lächelte. »Gute Idee. Ich mache mich gleich an die Arbeit.«
Dienstag, 1. September 2009 – 06.30 Uhr
Nach den gestrigen Ereignissen im Gerichtssaal verbrachte Andi eine schlaflose Nacht. Sie hatte
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