Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)
Fußgängerzone und war vom Polizeipräsidium aus bequem zu Fuß zu erreichen.
Melin Dohuk war Mitte vierzig, dunkelhaarig und modisch gekleidet. Er saß an einem kleinen Tisch an der Seite und hatte zwei leere Espressotassen vor sich stehen, wartete also bereits eine ganze Weile. Doch das Letzte, was Knutsson jetzt gebrauchen konnte, war Zeitdruck, der Vormittag hatte hektisch genug begonnen, schließlich gab es nicht alle Tage eine Mordermittlung. Und dazu nervte noch Olsson mit seinem Kleinkram, Verkehrsunfälle und geklaute Fernseher. Als hätte er nichts Besseres zu tun, als sich um so einen Mumpitz zu kümmern! Er gab Melin Dohuk die Hand, ging weiter zum Verkaufstresen und bestellte ein Stück Apfelkuchen mit Milchkaffee und für Dohuk einen dritten Espresso. Dazu ein kleines Täfelchen Zartbitterschokolade. Mit Freundlichkeit kommt man doch immer noch am weitesten im Leben, dachte er. Dann balancierte er das Tablett zu dem Tisch, an dem der Taxifahrer saß. Dohuks genervter Blick sah allerdings nicht so aus, als würde er den Espresso honorieren. Oder die Schokolade. Knutsson setzte sich, der Stuhl unter ihm knarrte.
»Vielen Dank, dass du dir einen Moment Zeit nehmen konntest. Wie gesagt, es geht um eine wichtige Ermittlung.«
Er schob Dohuk den Kaffee und die Schokolade zu.
»Man tut, was man kann. Man zahlt Steuern, man hilft der Polizei.«
Dohuk hob die Schultern. Er sprach schnell, kehlig und ohne Akzent. Knutsson dachte, dass er schon sehr lange in Schweden leben musste. Oder genau wie er selbst in Schweden geboren war. Der Einwanderer-Schwede.
»Deine Einstellung ist vorbildlich.«
Er lächelte sein breitestes Polizistenlächeln. Das, mit dem man brave Bürger lobt.
»Du warst ja am Samstagabend mit deinem Taxi unterwegs, vorgestern also. Gegen sechs Uhr hattest du eine Fahrt von Ramnåsa bei Dädesjö nach Öjaby. Ein Ehepaar, die Erlandssons.«
Dohuk wippte ungeduldig mit dem Fuß. Den Espresso rührte er nicht an, ebenso wenig die Schokolade.
»Ja, das stimmt, Samstagabend hatte ich Dienst. Ich bin diese Tour gefahren, von der du sprichst.«
Er sah Knutsson mit einem Blick an, den dieser nicht deuten konnte. Knutsson räusperte sich, als versuchte er ein aufkommendes Gefühl des Unbehagens abzuschütteln.
»Es ist nämlich so: Gegen sechs Uhr ist dort oben ein schweres Verbrechen verübt worden. Nur wenige hundert Meter entfernt vom Haus der Familie Erlandsson. Wir gehen davon aus, dass der oder die Täter auf demselben Weg zu dem Tatort gekommen sind, den du mit deinem Taxi gefahren bist, einen anderen Weg gibt es dort oben nämlich nicht. Und dass sie den Ort auch auf diesem Weg wieder verlassen haben. Deshalb kann es sein, dass du ein ganz wichtiger Zeuge bist. Falls du auf deiner Fahrt irgendetwas gesehen oder bemerkt hast. Ein entgegenkommendes Fahrzeug. Oder einen Spaziergänger. Irgendetwas.«
Dohuk antwortete, ohne lange nachzudenken.
»Da war nichts. Es war dunkel und still an dem Abend. Ein anderes Fahrzeug hätte ich bemerkt. Aber da war niemand. Ich habe diese Erlandssons abgeholt und nach Öjaby gebracht.«
»Bist du dir sicher?«
Knutsson entgegnete Dohuks Blick.
»Vollkommen. Da war nichts Ungewöhnliches. Eine ganz normale Fahrt.«
Wieder hatte er rasch geantwortet. Sein Fuß wippte immer noch. Dann wiederholte er, was er gesagt hatte.
»Es war eine ganz normale Fahrt.«
Knutsson nickte. Er trank von seinem Milchkaffee und aß ein Stück von dem Apfelkuchen. Kauend fuhr er fort.
»Die Erlandssons sprachen von einer Verspätung. Zwanzig Minuten, haben sie gesagt. Das Taxi sei zwanzig Minuten zu spät gewesen. Kannst du erklären, wie es dazu gekommen ist?«
»Das war mein Fehler. Ich habe mich zuerst verfahren. Dann habe ich das Haus gefunden.«
»Du hast doch bestimmt ein Navigationsgerät im Auto? Das haben fast alle Autos heutzutage und bestimmt alle Taxis.«
»Ja, das habe ich natürlich. Aber ich habe die falsche Adresse eingegeben, deshalb bin ich falsch gefahren. Ich musste umdrehen und zurückfahren, als ich es bemerkt hatte. Das hat insgesamt zwanzig Minuten gedauert. Ich habe mich bei den Fahrgästen entschuldigt, und sie haben einen Rabatt bekommen. Es hatte alles seine Richtigkeit.«
Knutsson aß mehr von seinem Kuchen. Dohuk hatte den unberührten Espresso von sich weggerückt. Dann halt nicht, dachte Knutsson. Ihm fiel eine weitere Frage ein.
»Kennst du einen Balthasar Melchior Frost?«
»Nein. Den Namen habe ich noch nie gehört. Wer ist
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