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Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Voosen , Kerstin Signe Danielsson
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Dinger haben. Im Mai werden die verrosteten Ungetüme dann zum Müllplatz gefahren, und es gibt eine neue Marotte, die einen Sommer lang anhält, so viel zum Thema Wegwerfgesellschaft!«
    Nyström gehörte zu den Menschen, die ihren Müll trennten, das war sicher, dachte Forss. Frederik Axelsson öffnete ihnen die Tür und bat sie herein. Nyström zog sich an der Garderobe ihre robusten Schuhe aus, und Forss tat es ihr nach. Sie dachte an die türkischen Haushalte, in die sie ihr Dienst in Kreuzberg und Neukölln geführt hatte, auch dort betrat man die Wohnung nicht mit Schuhen. Sie folgten Axelsson durch einen kurzen Flur in das Wohnzimmer. Er ging stark nach vorne gebeugt und stützte sich beim Gehen auf einen Stock. Es fiel Forss schwer, sich den Alten hinter dem Steuer eines Autos oder mit ruhiger Hand beim Bemalen von Seide vorzustellen, aber als Axelsson am Wohnzimmertisch saß und sprach, änderte sich ihr Eindruck, denn der Blick und die Stimme des alten Mannes waren fest und bestimmt. Er bot ihnen Kaffee an, den sie dankbar annahmen.
    Axelsson zog sich an seinem Stock hoch und verschwand in der Küche. Sie sahen sich im Raum um. Hier fanden sich ebenfalls großformatige Kalligrafien an den Wänden, wenn auch nicht so aufwendig und teuer gerahmt wie bei Frost. Mehr Parallelen gab es allerdings nicht. In Axelssons Wohnzimmer war alles deutlich einfacher und billiger. Nyström schien Ähnliches zu denken.
    »Das sind alles Ikeamöbel aus den Siebzigerjahren. Siehst du die Anrichte dort? Die Gleiche haben mein Mann und ich uns damals für unsere erste Wohnung gekauft.«
    Axelsson war ein groß gewachsener Mann mit müdem Gesicht und braunen, klugen Augen. Sein Haar war dunkel, dicht und sorgfältig frisiert. Forss fragte sich, ob er eine Haartönung benutzte. Während Nyström Fragen stellte, beobachtete Forss die Hände des Alten. Sie zeigten eine Spannung, als stünden sie unter Strom, sie zuckten, wenn er nach der Kaffeetasse griff, wenn er seine Haare glatt strich, wenn er sich im Gesicht berührte. Der Mann war wie eine Gewitterwolke, die sich auflud. Wann würde sie sich entladen?
    In dem Augenblick begann Axelsson zu weinen. Tränen liefen über sein Gesicht, sein Körper bebte. Nyström griff nach der Hand des alten Mannes und sprach beruhigendauf ihn ein. Langsam ging das Beben seines Körpers in ein Wiegen über. Er erinnerte Forss jetzt trotz seiner imposanten Körpergröße an ein Kind. Nyström setzte ihre Befragung fort, aber der Alte antwortete einsilbig. Man konnte hören, dass seine Nase verstopft war. Wieder flossen Tränen. Abrupt stand Forss auf. Sie konnte das nicht. Sie konnte den Gefühlsausbruch des Alten nicht aushalten. Sie murmelte etwas von der Toilette und verließ das Wohnzimmer. Eine Tür weiter fand sie das Bad. Sie drehte den Wasserhahn auf, bückte sich und wusch sich das Gesicht. Dann richtete sie sich wieder auf. Sie atmete tief durch, lauschte ihren Atemzügen, wie sie kamen und gingen. Wie Wellen am Strand. So hatte es ihr der Therapeut beigebracht. Einatmen. Ausatmen. Auf die Wellen hören. Und wieder einatmen.
    Nach einer Minute hatte sie sich wieder im Griff. Verdammt, sie würde lernen müssen, mit solchen Situationen besser umzugehen. Sie massierte sich die Schläfen, nahm einen Schluck Wasser aus dem Hahn. Schließlich verließ sie das Bad.
    Im Flur warf sie rasch einen Blick in die anderen Räume. Neben der Küche gab es noch ein karg eingerichtetes Gästezimmer. Die Bettwäsche hatte ein Muster aus Orangen und Zitronen. Hinter der letzten Tür befand sich eine Art Hobbyraum. Hier mussten Axelsson und Frost gesessen und gemalt haben. In einer Ecke standen Holzrahmen, auf die ein schimmernder, heller Stoff gespannt war. Forss nahm an, dass es Seide war. Auf einem Regal befanden sich Gläschen mit Farben und Pinsel in verschiedenen Größen. Ein Seniorentelefon mit großen Tasten stand auf einem niedrigen Tisch. Dieses Zimmer war ebenfalls mit Postern und Fotografien geschmückt. Die Aufnahmen zeigten Landschaftsmotive mit jungen, unbekleideten Menschen. Sie hatte solche Bilder schon einmal irgendwo gesehen, aber sie erinnerte sich nicht mehr daran, wo das gewesen war. Sie schloss die Tür und ging wieder zurück ins Wohnzimmer.
    Axelsson weinte jetzt nicht mehr, auch wenn sein Gesicht noch ganz feucht war. Er war mit Nyström ins Gespräch vertieft und sah nicht einmal auf, als sie in das Zimmer trat und neben Nyström Platz nahm. Seine Stimme klang jetzt wieder

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