Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)
zu.
»Schwarz kommt dieses Jahr ganz groß raus, glaub mir das. Lila ist durch, Lila ist tot. Lila ist toter als tot! Schwarz ist das neue Schwarz. Und es passt hervorragend zu deinem Teint! Nicht wie die blasse Madame Bitterschnute neben dir.«
Lindholm sah schnell zu Hultin hinüber. Sie sah wirklich blasser aus als sonst, auch wenn sie gerade einige hektische, rote Flecken im Gesicht hatte.
»Also Frosty-Rosty. Es ist wirklich schade um ihn. Ein treuer Hund, ein treuer Kunde. Der mir über all die Jahre die Stange gehalten hat ...«
Gino hielt sich in gespielter Empörung die Hand vor den Mund.
»Tja, gesehen haben wir uns nicht mehr so oft in den letzten Jahren. Ein bisschen eingerostet ist er draußen bei seinen Schmetterlingen. In den Clubs in Malmö und Stockholm ist er ewig nicht mehr gewesen. Seit E-wig-kei-ten nicht. Ich meine, Gino ist ja nun auch nicht mehr der Jüngste, aber gelegentlich ... So ein kleines Rendezvous, ein kleines Tête-à-Tête ... Rrrrrrrrrrr, da sagt der alte Gino nicht nein.«
Jetzt sah er direkt zu Hultin.
»Du, Tante Teiggesicht. Ich hab eine prima Idee: Geh du doch mal raus, uns einen Schnaps suchen, und ich kümmere mich hier so lange um den netten jungen Mann.«
Gleich erschießt sie ihn, dachte Lindholm. Gleich holt sie keinen Schnaps, sondern ihre Dienstwaffe. Und dann erschießt sie ihn einfach.
Aber Anette Hultin beherrschte sich. Sie holte nicht ihre Waffe, sie stellte eine Frage.
»Frost ist mit seiner Homosexualität erpresst worden. Weißt du darüber etwas?«
9
»Erpresst?«
Augenscheinlich war Evert Johansson von der Frage völlig überrascht. Er fasste sich an seinen Anglerhut.
»Balthasar? Um Gottes willen! Aber warum denn? Nein, er hat nie ...«
»Es war nur eine Routinefrage.«
»Aber ...«
»Routine«, sagte Delgado mit Nachdruck. Er sah auf seine Notizen. Er hatte alle Fragen gestellt, die er sich vorher aufgeschrieben hatte. Weitergebracht hatte es sie eigentlich nicht. Denn dass jemand wegen des Admirals zum Mörder wurde, konnte er sich nicht vorstellen. Beim besten Willen nicht. Er blickte zu Johansson, der noch immer erschrocken aussah. Es war an der Zeit, dass er den Mann wieder loswurde und zurück an seinen Computer kam. Aber der Rentner sah nicht so aus, als habe er schon vor, zurück in seine Gemeinde nach Jönköping zu fahren. Erneut blieb Delgados Blick an dem silbernen Kreuz hängen, das Johansson am Revers trug. Und dann fiel ihm eine Frage ein, die nicht auf seinem Notizblock stand.
»War Frost eigentlich religiös?«
Irgendetwas in Johansson reagierte auf Delgados Frage. Er sah jetzt sehr konzentriert aus. Es dauerte mehrere Augenblicke, bevor er antwortete.
»Interessant, dass du das fragst. Genau darüber habe ich häufiger nachgedacht, wenn ich ihm begegnet bin. Versteh das nicht falsch, ich fühle mich nicht als Missionar oder so etwas, aber als ehemaliger Diakon interessiere ich mich natürlich für den Glauben. Und für Religionen. Als ich bei Balthasar zu Hause war, bin ich irgendwie immer davon ausgegangen, dass er sich dem Buddhismus zugehörig fühlte, nicht, dass er etwas in der Richtung erwähnt hätte, ich glaube, es war einfach die Atmosphäre in seiner Wohnung, die mich darauf gebracht hat. Diese ganzen fernöstlichen Schriftzeichen, die Seidenkissen, vielleicht hatte sein ganzes Wesen etwas von Zen, jedenfalls hatte ich ihn innerlich immer als Buddhisten verbucht. Aber das war nur meine subjektive Assoziation, ein Vorurteil, nichts weiter.
Es muss jetzt einige Wochen her sein, dass wir das Gespräch hatten. Auf einer Autofahrt nach Stockholm. Aber was heißt schon Gespräch? Im Grunde war es nur eine Frage, die er gestellt hat.«
»Was hat er dich denn gefragt?«
Johansson sah Delgado an.
»Er hat mich gefragt, ob ein Protestant bei einem katholischen Priester die Beichte ablegen darf.«
10
Der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt starrte Anette Hultin und Göran Lindholm lange an, bevor er antwortete. Als Gino schließlich sprach, war seine Stimme nicht mehr dieselbe wie vorher, sie hatte ihre Likörlaune und jeden Schwung verloren.
»Nein, von einer Erpressung weiß ich nichts. Aber wundern tut es mich nicht. In einer Gesellschaft, die uns lange Zeit wie Dreck behandelt hat, wäre es doch merkwürdig, wenn ausgerechnet Kriminelle die Ausnahme bilden würden.«
Er griff nach seiner Sporttasche. Dann sah er die Ermittler an.
»War das alles? Es gibt hier nämlich noch Menschen, die ein Fußballtraining zu
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