Spätkontrolle aufschlussreich
Fehler unterläuft, ist nicht nur er erledigt. Dann kann es nämlich geschehen, daß es der gesamten Menschheit an den Kragen geht. Was hätten Sie getan?«
Ich holte tief Luft, unterdrückte eine Verwünschung und erklärte:
»Noch zwei- bis dreimal geschaltet. Wenn die Bank dann nicht angesprungen wäre, hätte ich jede verstreichende Sekunde als Kostbarkeit angesehen, denn Klimaanlage und Wasserförderpumpe bedeuten auf einem luftleeren, hitzeglühenden Himmelskörper das Leben.«
»Aha! Das wollte ich wissen. Und, Konnat, das sollte Normans auch wissen! Okay, wie hätten Sie den Schaden zu beheben versucht?«
»Sagen Sie mal – wer ist hier eigentlich der Prüfling?« fuhr ich ihn erbost an. »Beenden Sie den Test, oder ich werde Normans Druckhelm persönlich öffnen.«
»Das können Sie sofort tun. Er hat nur noch zwei Minuten. Nach meiner Erfahrung!« fügte er gedehnt hinzu. »Wie hätten Sie sich geholfen?«
»Lebenserhaltungstornister abklemmen, an den flexiblen Verbindungen zur Seite in Reichweite ziehen, den angebrochenen Schalter aus der Halterung reißen. Drahtverbindungen lockern, mit dem Seitenschneider aus Kombigürtel durchtrennen und blanke Drähte kurzschließen. Dann wäre die Strombank angelaufen. So, und jetzt helfe ich dem Opfer Ihrer sadistischen Gelüste.«
»Lassen Sie es sein. Der Medo-Gleiter kommt schon«, hielt er mich zurück. Er deutete über die Schulter.
Ein Luftkissengleiter der GWA-Zentrale »Oguilet el Hamra« jagte mit heulenden Turbinen den Geröllhang hinauf. In der Luft erblickte ich zwei große Hubschrauber des Rettungsdienstes.
»Sie dachten doch wohl nicht, wir hätten Normans leichtfertig in die Hölle der Wüstenberge geschickt? Er trägt genug Mikrosensoren am Körper, um jederzeit aus fünfzig Meilen Entfernung peinlich genau untersucht werden zu können. Jetzt wird es Zeit. Der Kreislauf bricht zusammen. Nein, bleiben Sie hier!«
Er hielt mich gewaltsam am Arm fest. Ich faßte ihn wütend an der Verschlußleiste seiner Kombination, lüftete ihn an und – stellte ihn wieder auf die Beine.
Skupin lachte. Es klang wie ein Bellen.
»Großartig. Das nenne ich Selbstbeherrschung. Wissen Sie, General, für einen Mann, der so gebaut ist wie Sie, bedeutet es eine Kleinigkeit, einen dürren Burschen meiner Art gegen den nächsten Felsblock zu schleudern. Normans hat das auch schon gelernt; die Beherrschung, meine ich. Das kann er! Da er aber Ihr Double ist, das Ihnen nicht nur äußerlich sondern auch im Denkvermögen gleichen soll, kann er sich Fehlreaktionen wie mit dem Schalter nicht erlauben. Schön, wir haben eine Sollbruchstelle eingebaut. Das Kunststoffgehäuse mußte beim kleinsten Ausrutscher zerbrechen. Aber genau das war unsere Absicht. Er hat sich nicht zu helfen gewußt, sondern ist wie ein stumpfsinniger Urmensch, der nur seinen Kräften vertraut, auf die rettende Kuppel zumarschiert. Sir, das kann sich der Ersatzdarsteller des GWA-Schattens HC-9 nicht erlauben. Gregor Gorsskij, zum Beispiel, würde ein derartiger Versager sofort auffallen. Das wird von Spitzenagenten der GWA erwartet. Verstehen wir uns jetzt besser?«
Ich antwortete nicht. Aus brennenden Augen starrte ich zu den Medizinern hinüber. Sie hatten Normans Helm geöffnet. Hochdruckspritzen zischten.
Die Sonne brannte erbarmungslos. Über dem öden Gebirge hing ein sichtverzerrender Dunst- und Hitzeschleier.
»Na also, er schimpft schon wieder«, vernahm ich Skupins Stimme. »Warten Sie noch zehn Minuten. Das Activinol bringt ihn blitzartig auf die Beine.«
Ich ging schweigend über die Geröllhalde hinweg. Skupin folgte mir, jetzt aber schweigend.
Moris J. Normans’ Gesicht wurde soeben
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