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Spätkontrolle aufschlussreich

Spätkontrolle aufschlussreich

Titel: Spätkontrolle aufschlussreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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be­han­delt. All­mäh­lich nahm es wie­der sei­ne nor­ma­len For­men an. Die zer­platz­ten Lip­pen schlos­sen sich un­ter dem fei­nen Bio­synt­rin-Ne­bel. Das syn­the­tisch ge­züch­te­te Zell­ge­we­be be­gann au­gen­blick­lich mit dem Hei­lungs­pro­zeß.
    Man hat­te ihm kein Was­ser ge­reicht. Statt des­sen hing er an ei­ner Dau­er­tropfin­fu­si­on, die sich im Fall ei­ner be­gin­nen­den De­hy­drie­rung als we­sent­lich wir­kungs­vol­ler er­wie­sen hat­te als gie­rig ge­schluck­te Flüs­sig­keit.
    Als er mich sah, woll­te er sich auf­rich­ten.
    »Blei­ben Sie lie­gen!« wur­de er so­fort zu­recht­ge­wie­sen.
    Ich wink­te ihm zu und mus­ter­te ihn nach­denk­lich.
    So sah ich al­so aus! Das war ich in der Form ei­nes plan­voll auf­ge­bau­ten Dop­pel­gän­gers. Ge­ne­ral Re­ling, Chef der GWA, hat­te es be­reits vor zehn Mo­na­ten für not­wen­dig ge­hal­ten, sei­ne bei­den ein­zi­gen her­an­ge­züch­te­ten Te­le­pa­then ab­zu­si­chern und ih­nen je ein Dou­ble zur Sei­te zu stel­len. Nor­mans soll­te im­mer dann öf­fent­lich auf­tre­ten, wenn ich aus Grün­den der Tak­tik im Hin­ter­grund blei­ben soll­te.
    Was das für Nor­mans be­deu­te­te, war klar. Er war un­ter ei­ni­gen hun­dert­tau­send »vor­sor­tier­ten« Män­nern aus­ge­sucht wor­den. Im Grun­de ge­nom­men hat­te er mir nur im Kör­per­bau ge­nau ge­gli­chen. Al­les an­de­re hat­ten un­se­re Bio­lo­gen, Bio­che­mi­ker und Chir­ur­gen be­werk­stel­ligt.
    Er be­saß einen ho­hen In­tel­li­genz­grad, die wis­sen­schaft­li­che GWA-Aus­bil­dung und ent­sprach nach ei­nem ent­spre­chen­den Trai­ning al­len kör­per­li­chen An­for­de­run­gen, die auch an mich ge­stellt wur­den.
    Heu­te, am 18. Ja­nu­ar 2011, soll­te er sei­ne letz­te Be­wäh­rungs­pro­be ab­le­gen, ehe wir ihn zum ers­ten­mal ein­set­zen woll­ten.
    Ich sah in zwei große, blaue Au­gen, die vor ih­rer bio­lo­gi­schen Um­fär­bung braun ge­we­sen wa­ren. Sie fleh­ten mich an.
    Ich muß­te ge­gen mei­ne auf­wal­len­den Ge­füh­le an­kämp­fen. Ha­ben Sie schon ein­mal vor Ih­rem Dop­pel­gän­ger ge­stan­den? Man sieht sich ganz an­ders als im Spie­gel! Man er­blickt je­de Win­zig­keit im rech­ten Sei­ten­ver­hält­nis und stellt fest, daß die­ses oder je­nes bes­ser sein könn­te. Man be­merkt je­de Un­zu­läng­lich­keit, vor al­lem aber stellt man bei sach­li­cher Be­trach­tung fest, daß man nicht so vollen­det ist, wie man bei der häu­fi­gen Un­ter­drückung der Ob­jek­ti­vi­tät glaub­te.
    Ich räus­per­te mich.
    Mo­ris J. Nor­mans war mit sei­nem neu­en Ge­sicht sehr zu­frie­den – sag­te er! Er be­zeich­ne­te sich als in­ter­essant, wenn auch kei­nes­wegs schön.
    »Nor­mans«, sprach ich ihn an, »wes­halb ha­ben Sie den zer­bro­che­nen Not­schal­ter nicht ent­fernt und die Dräh­te kurz­ge­schlos­sen? Das müß­te Ih­nen doch in den Sinn ge­kom­men sein! Es han­delt sich um ei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit.«
    Er lach­te hu­mor­los auf. Die Stim­me klang tief und so­nor.
    Er rich­te­te sich auf den rech­ten El­len­bo­gen auf. Links war die Tropfin­fu­si­on an­ge­legt wor­den. Die Flüs­sig­keit rann sehr schnell in sei­ne Ve­ne. Sie nor­ma­li­sier­te nicht nur sei­nen Was­ser­haus­halt, son­dern kräf­tig­te ihn auch un­er­war­tet schnell. Er wür­de tat­säch­lich nach zehn Mi­nu­ten wie­der auf den Bei­nen ste­hen und so­gar hand­lungs­ak­tiv sein kön­nen.
    »Kunst­stück, Sir«, be­gehr­te er auf. »Das war mein ers­ter Ge­dan­ke, aber der Rück­en­tor­nis­ter schwenk­te nicht her­um. Ich kam nicht an die Schal­ter­hal­te­rung her­an. Sir, ich tra­ge einen schwe­ren Raum­an­zug in Mas­siv­kon­struk­ti­on, an dem nur die Ge­lenk­man­schet­ten be­weg­lich sind. Da soll mir ei­ner vor­ma­chen, wie man an den tief­lie­gen­den, oh­ne­hin kaum zu fas­sen­den Schal­ter­so­ckel her­an­kom­men kann.«
    Ich at­me­te be­freit auf. Sku­pin deu­te­te mein La­chen rich­tig.
    Er schau­te erst mich an, dann Nor­mans, um sich da­nach auf den Bauch zu le­gen.
    »Blei­ben Sie auf der Sei­te lie­gen«, fauch­te er Nor­mans an. »Oder wol­len Sie mir mit Ih­rem Tor­nis­ter

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