Spätkontrolle aufschlussreich
Geschützrohr des langsam heranfahrenden Marspanzers verriet mir alles. Ein Blick auf die spiralige und dann trichterförmig auslaufende Mündung bewies, daß es sich dabei nicht um eine Paralysewaffe mit nervenschockender Wirkung handelte. Das war der Tod in der Form eines ultrablauen Thermostrahls.
Sekunden zuvor hatte ich eine etwa zwei Meter breite Basaltschlucht übersprungen. Dann war ich einen Steilhang hinabgeglitten, um den noch zwanzig Meter entfernten, in guter Deckung abgestellten Gleiter erreichen zu können.
Diese soeben überwundene Schlucht war mein instinktives Ziel. Dort mußte ich hinein.
Ich spürte, daß die geringe Mondschwerkraft von meiner überbeanspruchten Beinmuskulatur bezwungen wurde. So weit war ich noch nie im Leben aus dem Stand davongehechtet.
Ich flog rücklings und ohne mich sofort drehen zu können in den tiefen Bodenriß hinein, streifte mit den gepanzerten Schultern eine hervorstehende Zacke und prallte dann bei einer Längsrolle mit der anderen Schulter gegen ein massiveres Hindernis.
In meinem Druckhelm dröhnte der Aufschlag wie eine weitere Detonation. Ich konnte mich einigermaßen gut abfangen und sank auf die Knie nieder. Auf der Erde wären Kunststücke dieser Art niemals möglich gewesen. Mit dem schweren Panzer hätte ich noch keinen Meter überspringen können.
Ehe ich mich erneut wenden oder eine noch bessere Deckung suchen konnte, blendete heller Feuerschein auf. Als mich die Druckwelle rasch expandierender Gase erfaßte und mit dem Bruststück gegen den Boden preßte, ahnte ich, daß die nichtvollzogene Wendung mein Glück gewesen war.
Meine auf Nachtsichtigkeit hochgepeitschten Extrasinne hätten eine derartige Lichtflut wohl nicht mehr einwandfrei absorbieren können. Ich wußte längst, daß in dieser langsamen und noch sehr schwerfälligen Umschaltung vom Normalsehen zur ultrahohen Restspurverstärkung erhebliche Gefahrenquellen lagen, aber vorerst war dagegen kein Mittel erfunden.
Die Umstellung meiner neuerwachten Hirnsektoren erfolgte, ohne daß ich es wollte. Es blieb nur die Hoffnung, daß sich der soeben erst begonnene Prozeß möglichst schnell stabilisierte.
Ich kniff krampfhaft die Augen zusammen, klammerte mich fest und wartete auf die zweite Druckwelle. Wenn es zu einer sekundären nuklearen Reaktion mit spontanem Charakter kam, war ich verloren. Die erste Druckfront war von dem Schuß an sich erzeugt worden. Sie hätte mich zweifellos zerschmettert, wenn es auf diesem Himmelskörper eine Lufthülle gegeben hätte.
Die zweite Welle kam nicht! Der marsianische Energiekissengleiter war ohne jede unangenehme Reaktion seines Triebwerks verglüht. Dort, wo wir den Wagen abgestellt hatten, klaffte ein glutflüssiger Krater im Boden.
Hannibal rief. Es dauerte eine Weile, bis ich mich auf die telepathische Kommunikation konzentrieren konnte.
»Alles in Ordnung, Kleiner. Glück gehabt. Der Gleiter ist vernichtet worden. Bringt Normans, egal wie. Noch habt ihr eine Chance. Wo steht der marsianische Panzer?«
»Wo kommt das Teufelsding her? Wieso haben wir noch nie solche Konstruktionen gefunden? Der ist ebenso unangreifbar wie …«
»Du sollst Normans bringen«, forderte ich heftig. »Zum Teu fel, ich darf mich vorerst nicht sehen lassen. Allison soll ihm sofort seine Notbatterie geben, damit wenigstens Saft auf den Regenera tor kommt. Sage ihm das per Kabelfunk. Keinen drahtlosen Kontakt aufnehmen.«
»Okay, wir kommen. Peile mich ein. Allison handelt bereits. Woher willst du jetzt frischen Sauerstoff für Normans nehmen?«
Ich antwortete nicht mehr.
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