Spatz mit Familienanschluß
Markus.«
»Grüß dich«, sagte Markus und wunderte sich, daß er immer nur an seine Klassenkameraden gedacht hatte und nie an die Kameradinnen, die ihn nicht nur geärgert, sondern auch manchmal in Schutz genommen hatten. Freilich hatte er es ihnen wenig gedankt. So fragte er jetzt Elisabeth: »Na, wie waren die Ferien?« Und sie begann gleich zu schwärmen von ihrer Großmutter und dem Obstgarten, vor allem von dem Mirabellenbaum über dem Hühnerstall. Es hörte sich so an, als hätte sie den Mirabellenbaum lieber als die Großmutter und die ganzen Ferien nur auf ihm verbracht »Und du?« fragte Elisabeth schließlich Markus.
»Ich? Ich bin von der italienischen Poizei verhaftet worden.«
»Was? Das gibt’s doch nicht. Warum denn?«
»Ich hab Luft aus den Reifen gelassen, bei einem teuren Sportwagen, einem Cabriolet.«
»Au, du! Muß ich das glauben?«
»Frag meine Eltern.«
»Und wem hast du diesen Streich gespielt?«
»Das war kein Streich. Ich wußte, daß das Auto gestohlen werden sollte, und keiner hat mir geglaubt. Da blieb mir keine andere Wahl, und da hat mich die Polizei erwischt. Das andere ist eine lange Geschichte. Auf jeden Fall hat die Polizei die zwei Autodiebe durch mich verhaften können.«
»Ich denke, du hast die Luft aus den Reifen...«
»Ja schon, aber die Polizei hat von meinem Vater verlangt, daß er sie auf seine Kosten wieder aufpumpen läßt. Dann haben sie den Wagen doch gestohlen, die Diebe natürlich. Hättest sehen sollen, wie die Polizeibeamten dann auf mich gehört haben.«
»Du könntest ihr aber auch etwas von mir erzählen«, rief Lucas im Vorbeifliegen und setzte sich auf den nächsten Briefkasten.
»Und außerdem«, sagte Markus sofort, »hab ich unten einen Freund gefunden.«
»Italiener? Wie heißt er?«
»Er heißt Lucas Altamura und ist aus sehr gutem Haus.«
»Altamura hört sich gut an. Ist aber auch höchste Zeit, daß du einen Freund hast. Ist er stark?«
»Und wie! Er nimmt es gegen jeden auf.«
»Wau! Zeigst du ihn mir einmal?«
»Möglich.«
Noch vor der Schule stießen sie auf Bauer und Kaltenböck. Die beiden blieben stehen und ließen Markus und Elisabeth an sich herankommen.
»Na«, sagte Bauer, »da kommt ja die Niete des neuen Schuljahres.«
»Auf Nieten muß man draufloshämmern«, sagte Kal-tenböck.
Markus tat, als hörte er nicht.
»Ihr könnt es ja versuchen, wenn ihr es mit seinem neuen Freund aufnehmen wollt«, rief Elisabeth.
Lucas kam herangeflattert und rief im Vorüberfliegen Markus zu: »Sag ihr nur, sie soll sich mit den zwei Burschen nicht zuviel abgeben, aber laut.«
»Du nimmst die zwei Stänkerer viel zu ernst, Elisabeth. Gib dich nicht mit ihnen ab. Jetzt hast du sie gewarnt. Schade, ich hätte es gern gesehen, wenn Lucas sie sich einmal vorgeknöpft hätte.«
Noch bevor es klingelte, war es zunächst bei den Mädchen herum, daß Markus einen unerhört starken Freund hatte.
Lucas Altamura saß indessen unter dem Pult und hörte sich das vergnügt an. Nach dem Klingeln erschien Herr Dachdecker, der das entsetzte Gemurmel der meisten Schüler irrtümlich für Beifall hielt.
»Ich habe eine traurige Nachricht für euch«, begann er, »ich bin in diesem Jahr euer Klassenlehrer — leider nicht mehr. Ich mußte für Frau Weise, die ein Kind erwartet, einspringen und die Neun a übernehmen.«
»Fein!« riefen einige.
»Wer hat da fein gerufen? Wer war das?«
Lucas zischte Markus an: »Melde dich!«
Markus stand auf.
»Ach, du hast fein gerufen?«
»Ja.«
»Und warum?«
»Weil es mich sehr freut.«
Herr Dachdecker wurde rot im Gesicht. »Jetzt sag mir einmal, was dich so unerhört erfreut, daß du >fein< gerufen hast.«
»Ich finde, das ist doch klar.«
»Was hier klar ist, bestimme ich!« Herr Dachdecker erreichte seine volle Lautstärke. »Was ist also an meiner Mitteilung so fein, daß du >fein< rufen mußtest?«
»Weil ich mich freue, daß... Ich denke man kann sich doch freuen, daß Frau Weise ein Kind erwartet.« Einige lachten, und Markus setzte sich wieder.
»Da haben noch andere fein gerufen, wer war das?« fragte Herr Dachdecker wutschnaubend.
Die Schüler konnten nicht mehr aufstehen, um sich zu melden, Herr Stadler betrat das Klassenzimmer, und Dachdecker sah sich gezwungen, zu gehen.
»Hallo«, sagte Stadler, »ich bin...« Er konnte nicht ausreden, allgemeiner Jubel brach aus.
»Also bitte, etwas Fassung«, rief er in die Klasse hinein. »Bei mir muß man auch lernen. Ersparen werde ich euch
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