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Spatz mit Familienanschluß

Spatz mit Familienanschluß

Titel: Spatz mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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aufgeregte Rufe hinter sich, er wandte sich um, konnte aber niemanden entdecken. Lucas hatte ihn mittlerweile überholt. Er saß auf dem Bogen eines Gartentores und schimpfte wie ein Rohrspatz. »He«, rief er, »hast du mir nicht etwas versprochen? Ich warte darauf. Warum hast du’s denn so eilig?«
    »Ich wollte die Schule sehen.«
    »Heute schon?«
    »Vielleicht gibt’s was Neues.«
    »Das erfährst du morgen früh genug.«
    »Ich will es aber heute wissen.«
    »Ich will auch etwas heute wissen. Hast du an den Mürbteigboden gedacht?«
    Markus hielt ihm das große Stück Teigboden hin. »Hier, das wird doch hoffentlich reichen.«
    Lucas betrachtete das Stück, schätzte es mindestens auf das gleiche Gewicht, das er selber hatte und sagte: »Das schaffe ich nicht. Erstens, es heimzubringen, zweitens, es zu essen. Wenn du mir ein Viertelchen davon gibst, dann kehre ich um und laß dich in Frieden.« Markus brach ein Stückchen von dem Mürbteig ab, Lucas riß den Schnabel auf und schwirrte aufgeregt davon, sobald er das Krümelchen sicher in seinem Schnabel wußte.
    Am Schultor war ein Zettel mit der Unterschrift des Direktors angeschlagen. Da war vom Gottesdienst vor Unterrichtsbeginn die Rede und welche Klassen diesmal außerhalb des Hauses in Behelfsräumen untergebracht waren.
    Nach einer Weile hatte Markus die Empfindung, daß jemand hinter ihm stand. Er drehte sich um und zuckte zusammen. Es war Dachdecker.
    Für einen Augenblick vergaß Markus zu atmen... »Na«, sagte der Lehrer, »du scheinst es nicht erwarten zu können.«
    Früher hätte Markus ein paarmal Luft geschnappt und keine Antwort gewußt. Heute aber sah er den Lehrer Dachdecker fest an und sagte nebenbei: »Ich informiere mich nur, wie Sie.«
    »Was hast du denn da auf der Nase?«
    »Sie meinen die Narbe?«
    »Ja, die meine ich.«
    »Das ist von einem... einem Unfall.«
    »Nicht angegurtet gewesen, wie?«
    »Nein, von einem Radunfall, eine Zuckerbude stand mir im Weg.«
    Es war ein Wettrennen, hörte er plötzlich eine Stimme sagen, die wie die Stimme Altamuras klang, ohne daß dieser zu sehen gewesen wäre. Und Markus wiederholte laut: »Es war ein Wettrennen.« Schließlich war es wirklich eine Art Wettrennen gewesen.
    Dachdecker schwieg zu dieser Bemerkung. Als Markus sich umwandte, sah er den Lehrer eben in sein Auto steigen, das im absoluten Halteverbot stand.

    Lucas erwartete Markus in seinem Nest auf dem Schrank in Markus’ Zimmer. Er schien das erstemal seit der Abreise aus Italien gut gelaunt. Und Markus erfuhr auch gleich den Grund.
    Lucas hatte sich auf dem Heimflug geirrt. Statt erst in die Rauchgasse, war er schon in die Bergstraße rechts eingebogen, was er nicht gleich bemerkte, weil er an das Miirbteigstück dachte, das Markus noch in der Hosentasche hatte, und ihm die deutschen Straßennamensschilder noch einige Schwierigkeiten bereiteten. Kurzum, er merkte seinen Irrtum erst, als er schon ein gutes Stück in der Bergstraße war. Sein Entschluß, sofort umzukehren, wurde jedoch von einem Duft zurückgedrängt, der ihm sehr vertraut war. Er flog einige Meter weiter und setzte sich auf einen Kiefemzweig in einem Vorgarten. Kein Zweifel, es roch hier eindeutig nach Kaffee. Und zwar nicht nach irgendeinem Kaffee, sondern genau nach der Kaffeemischung, die man im Residence verwendete, jetzt rastete er auf einem Birkenzweig, und von da aus konnte er das Schild Gelate-ria Venezia sehen und daneben einen riesigen Eisbecher mit einem Berg der buntesten Eiskugeln.
    »Ich hockte da eine Weile«, berichtete Altamura, »und atmete den Duft ein, denn die Gelateria war auch ein Espresso. Im kleinen Vorgarten saßen ein paar Leute und löffelten ihr Eis. Ein Mann mit schwarzem Schnauzbart schlürfte mit Genuß seinen Capuccino. Er war bestimmt ein Italiener. Ihn fröstelte auch etwas.
    Die Leute, die das Eis löffelten, als wäre es der heißeste Tag im Jahr, waren Deutsche. Als ich auf eine Stuhllehne flog, warf mir ein Mädchen eine halbe Eiswaffel zu. Was von ihr sehr aufmerksam war.«
    »Jetzt fällt mir der Mürbteig ein«, sagte Markus und suchte in der rechten Hosentasche nach ihm. Da waren aber nur noch feine Brösel. Er meldete es erschrocken Lucas.
    »Macht nichts, macht nichts«, beruhigte ihn Altamura. »Jeder gute Mürbteig zerbröselt in der Hosentasche. Da gibt’s nur eines, du mußt die Tasche vorsichtig nach außen kehren. So komm ich doch zu meinem Schmaus.«
    Markus holte sich ein Stück Karton vom Schrank und leerte die

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