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Spaziergang im Regen

Spaziergang im Regen

Titel: Spaziergang im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Barnard
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wurde. Obwohl sie sich kaum kannten, verstand sie doch vollkommen Sharas kompromisslose Arbeitsmoral und die Tatsache, dass sie jede Gelegenheit nutzen wollte, um ihre Kunst zu vervollkommnen, auch wenn dies bedeutete, dass sie einige Tage in einer schlichten Hütte verbringen musste, mit einer Frau, die sie per Vertrag vor der Kamera nachahmen sollte. Wie konnte Derek das nicht verstehen oder nicht damit gerechnet haben? Schlimmer noch: Wie konnte er sie nur emotional dafür bestrafen?
    Jessa unterdrückte ihren Ärger und beschloss, sich jedweden Kommentar zum Thema Derek Finch zu sparen. Er war sicher hinter verschlossenen Türen, und Shara musste ihn vier Tage lang nicht sehen. »Gut«, sagte sie statt dessen und konzentrierte sich darauf, aus der Auffahrt zurückzusetzen. »Ich hoffe, Sie haben Ihren Nierengurt angelegt; Dusty ist nicht so gut gefedert wie Petula.«
    »Dusty?« fragte Shara mit hochgezogener Augenbraue.
    Jessa erläuterte mit ernstem Ton: »Wie in Springfield. Ein bisschen kräftiger gebaut als Petula, wie Sie sicher bereits festgestellt haben; ein klassischer, grüner Land Rover Defender. Dusty hat eine praktische Weltsicht und gibt nicht viel darum, dass ich sie mit Petula betrüge, weil sie weiß, dass sie diejenige ist, die mich dorthin bringt, wohin kein städtischer Emporkömmling sich je verirrt.«
    »Zu Ihrer Hütte?«
    Jessa grinste. »Ganz genau. Es gibt keine Autobahn weit und breit, und die letzten fünf Kilometer sind nicht mehr geteert. Um die Lage noch etwas komplizierter zu machen, gibt es dort einen Bach, der sich bei dieser Wetterlage oft etwas zu wichtig nimmt, weshalb es da einige ziemlich feuchte Stellen geben kann, die wir überwinden müssen.«
    »Oh! Ein Abenteuer.« Shara rieb sich die Hände und hoffte, Jessa würde denken, dass sie herumalberte. Aber die Vorstellung, mit Jessa in die Wildnis aufzubrechen, versetzte sie in eine glückliche, kindliche Aufgeregtheit; sie fühlte sich wie in einem Enid Blyton-Roman. Sie würde Bäche erleben, die aus ihren Betten barsten, und sintflutartige Regenfälle – im warmen Inneren eines Geländewagens oder am prasselnden Kaminfeuer einer abgelegenen Hütte. Dann erinnerte sie sich an den Nachbarn. »Wenn Ihre Hütte so weit weg von allem ist, wo wohnt denn dann Ihr Nachbar?«
    »Sein Bauernhof ist dort, wo die geteerte Straße aufhört, aber er wohnt in einem Haus, das ungefähr auf der Hälfte des Weges von dort zu meiner Hütte liegt. In meiner Hütte und seinem Haus lebten früher die Pächter. Er macht unglaublich guten Käse, den er an Feinschmeckerläden verkauft. Als seine Frau starb, hat er die Milchproduktion auf seinem Hof zurückgeschraubt, wohl weil er dafür zu viele Leute brauchte, und er nur noch allein sein wollte. Ohne Kühe brauchte er das Land nicht mehr, also überredete seine Schwägerin ihn, es an mich zu verkaufen – nicht des Geldes wegen, sondern weil ich einen Unterschlupf brauchte, meinte sie. Ich verbringe recht viel Zeit mit Leonard, wenn ich länger dort bin, aber wir sind beide nicht gerade sehr gesellig.« Sie lächelte. »Harry sorgt da für den Ausgleich.«
    »Ich freue mich schon darauf, Harry kennenzulernen.« Shara lächelte zurück, ehe sie dann beide nach vorn in die Rückleuchten des frühmorgendlichen Verkehrs schauten, während das Geräusch des auf dem Dach trommelnden Regens durch das rhythmische Schlagen des Scheibenwischers untermalt wurde.

Kapitel 8
    S hara streckte sich und vergrub ihr Gesicht im Kissen. Durch den frischgewaschenen Kissenbezug hindurch meinte sie einen Hauch von Jessas Geruch zu entdecken; schließlich war es Jessas Bett. Sie seufzte und gestattete ihren Augen langsam, sich zu öffnen.
    Jessas Schlafzimmer lag nach Osten, und das Kopfende war genau unter dem Fenster. Die altmodischen Fensterläden waren geschlossen, weshalb trotz der geöffneten Vorhänge nur einige Lichtschimmer auf Shara fielen, während sie auf dem Bauch lag und es genoss, sich gründlich ausschlafen zu können.
    Sie fragte sich, wieviel Uhr es wohl war. Sie konnte nicht abschätzen, wie lange sie geschlafen hatte, aber sie fühlte sich so entspannt, dass sie den ungewohnten Luxus acht traumloser Stunden vermutete. Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr, die sie am Abend zuvor angelassen hatte, weil sie zu müde gewesen war, sie abzunehmen. Sieben Uhr. Sie war überrascht, dass es noch so früh war, denn sie war bereit, den neuen Tag anzugehen – bereit, Jessa zu sehen.
    Sie runzelte

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