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Spaziergang im Regen

Spaziergang im Regen

Titel: Spaziergang im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Barnard
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davor.
    »Ich – Ich will Sie nicht stören, wenn Sie meditieren.«
    Jessa drehte sich nicht um. »Tue ich nicht. Möchten Sie Kaffee? Er steht auf dem AGA.«
    »Ja, danke. Soll ich Ihnen eine Tasse bringen?«
    Jessa schüttelte den Kopf. »Ich trinke nachher einen Kräutertee. Warum holen Sie sich nicht einen Kaffee und setzen sich zu mir?«
    Weil ich nicht sicher bin, dass ich das kann, ohne dich zu berühren. Erschreckt über ihre eigenen Gedanken wich Shara von der Tür zurück. »Es ist . . . Es ist noch etwas kühl heute Morgen. Ich glaube, ich trinke meinen Kaffee lieber drinnen. Aber danke für das Angebot.« Als sie sich zurückzog und die Tür schloss, meinte Shara zu spüren, dass Jessa lächelte.

Kapitel 9
    A ls Shara und Jessa sich zum Abendessen an den Tisch setzten, kam es ihnen vor, als wäre die Hütte Millionen Kilometer vom Rest der Welt entfernt. Sie hatten noch einen ganzen Tag vor sich, der Abend war der bisher wärmste, und sie hatten die Vorder- und Hintertür geöffnet, um die frische Brise durch die Hütte wehen zu lassen. An beiden Türen waren zusätzlich Fliegengitter-Türen angebracht, nicht nur um Harry fernzuhalten, sondern auch, weil Jessa sich zugegebenermaßen nicht viel aus Insekten machte. Shara zog sie damit auf und gab Insektengeschichten aus Laos zum besten, wo sie einmal drei Monate lang an einem Film gearbeitet hatte.
    »Da war ich noch nie.« Jessa setzte sich mit neu erwachtem Interesse in ihrem Stuhl zurück. »Ich war zwar mehrere Monate in Thailand, kurz bevor Stephanie und ich uns getrennt haben, aber mir wurde von einem Abstecher nach Laos abgeraten, weil es dort zu gefährlich sei, wegen all der Bomben und Minen, die während des Vietnamkriegs über dem Land abgeworfen wurden und damals nicht detonierten.«
    Shara schloss für einen Moment die Augen, während sie einen Löffel voll Mousse au chocolat genoss, das Jessa selbst gemacht hatte. »Mmm. . . Sie sind echt gut.«
    Ich würde dir gern zeigen, wie gut ich wirklich bin , dachte Jessa, und ihre Brustwarzen versteiften sich bei Sharas sinnlicher Reaktion auf den Geschmack und die Konsistenz des Nachtischs. »Danke«, sagte sie statt dessen und senkte den Blick auf ihren eigenen Teller. »Das war das mindeste, was ich tun konnte, nachdem Sie uns eine so leckere Mahlzeit gekocht haben.«
    »Das war mir ein Vergnügen –« Sharas Stimme versiegte, als Jessa wieder aufschaute. Ihre Blicke trafen sich und sie fühlte sich unfähig wegzuschauen. Sie hatten Kerzen angezündet und sich für ihr letztes gemeinsames Abendessen besondere Mühe gegeben. Am nächsten Tag stand die lange Rückfahrt nach London an und die letzten Vorbereitungen für ihre Abreise. Sie würden sich erst am darauffolgenden Tag am Flughafen wiedersehen. Ihre Zeit zusammen allein war etwas Besonderes gewesen, und die Entscheidung zum Feiern hatten sie wortlos gemeinsam getroffen.
    Die Ärmel an Jessas weißem Hemd waren aufgerollt und gaben den Blick auf gebräunte Unterarme frei; ihre Haut glühte förmlich im Kontrast zu dem weißen Baumwollstoff. Sie hatte ihr Haar mit Gel zu bändigen versucht, aber eine Locke hatte sich freigekämpft, und Shara verspürte den Drang, sie ihr aus der Stirn zu streichen. Sie stellte sich vor, wie ihre Fingerspitzen auf Jessas weicher Haut verweilten, und etwas in Jessas warmen, dunklen Augen offenbarte ihr, dass sie dieses Bedürfnis nach körperlichem Kontakt spüren konnte. Sie zwang sich wegzuschauen, weil sie den Bissen nicht hinunterschlucken konnte, wenn sie Jessa weiter anschaute.
    Sie hasste es, wenn das passierte – wenn die Luft zwischen ihnen vor Spannung förmlich knisterte und ihre eigenen Sinne auf Hochtouren liefen. Die meiste Zeit über, wenn sie zusammen waren, war es nicht so. Sie konnten stundenlang gemütlich miteinander über ihr Leben und ihre Erfahrungen reden; ihr war bewusst geworden, wie sehr sie sich nach Details über Jessa verzehrte, über ihr Leben und über das, was sie als Person ausmachte. Sie versuchte sich einzureden, dass es professionelle Neugier war, aber sie wusste, dass es das nicht war. Sie wusste es, weil sie auch das Bedürfnis verspürte, ähnliche Details über ihr eigenes Leben mit Jessa zu teilen, ihr Dinge zu erzählen, die sie noch nie jemandem anvertraut hatte – noch nicht einmal Derek oder ihrer besten Freundin Elise.
    Am Abend zuvor hatten sie draußen ein Lagerfeuer entzündet und unterm Sternenzelt auf einer Decke ein Picknick

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