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Spaziergang im Regen

Spaziergang im Regen

Titel: Spaziergang im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Barnard
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strafte, der in ihren dunklen Augen glühte, wenn sie Shara anschaute.
    Am Sonntag trafen sie zur Mittagszeit in Toronto ein. Es war ein wunderbarer Tag, an dem die Segelboote über das dunkelblaue Wasser des Ontario-Sees glitten und anmutige Menschen auf Rollschuhen den Sonnenschein nutzten, um sich auf den kilometerlangen gepflasterten Wegen am See entlang zu vergnügen.
    Lisa hatte eine Suite im Westin Harbour Castle Hotel gebucht, das Aussicht auf den See und auf die Skyline der Stadt bot, und das nur wenige hundert Meter den Queen’s Quay entlang von der Wohnung entfernt war, die für Jessa gemietet worden war. Sie lud die beiden zum Brunch in das Drehrestaurant ihres Hotels ein, aber Jessa klinkte sich aus, mit Verweis auf Kopfschmerzen.
    Kurz nachdem Lisa und Shara an einen Tisch begleitet worden waren und Getränke bestellt hatten, fragte Lisa frei heraus: »Was ist denn los mit Ihnen und Jessa?«
    »Überhaupt nichts«, erwiderte Shara ebenso offen, wobei allerdings ihr Ton unbeabsichtigt die Bitterkeit darüber verriet, wie schrecklich schief alles zwischen ihnen geraten war.
    »Das kommt mir aber ganz anders vor. Ich kenne Jessa, und es ist sehr untypisch für sie, sich so verschlossen zu verhalten, wie sie es in Ihrer Gegenwart ist. Und wenn Sie nicht zugegen sind, dann weigert sie sich, über Sie zu sprechen oder darüber, wie es mit Ihnen läuft.«
    »Vielleicht liegt es daran, dass sie mich nicht leiden kann. Haben Sie das schon mal in Erwägung gezogen?«
    Der Ober brachte ihre Getränke, und Lisa nippte an ihrem, ehe sie mit nachdenklichem Blick antwortete: »Ich habe noch nie erlebt, dass Jessa nicht einfach sagt, wenn sie jemanden nicht leiden kann. Außerdem vermittelte sie einen genau gegenteiligen Eindruck, als ich am Donnerstagmorgen mit ihr telefonierte. Weshalb sollte sie ihre Meinung geändert haben?«
    Shara wand sich unbehaglich und nahm einen großen Schluck, wobei sie sich plötzlich wünschte, dass sie etwas Stärkeres als Orangensaft bestellt hätte. »Ich glaube . . . Ich glaube, es hat was damit zu tun, dass Derek zu Besuch kommt.«
    »Oh . . .« Lisa nickte verständnisvoll, runzelte dann aber die Stirn. »Aber sie hat ihn doch noch nie getroffen, oder?« Es war nicht zu überhören, dass eine Bekanntschaft mit Derek die schlechte Stimmung erklärt hätte, bei der Aussicht, ihm noch einmal begegnen zu müssen.
    »Nein, aber sie hat ein paarmal mit ihm am Telefon gesprochen –« sagte Shara und errötete dann leicht, weil ihre Erläuterung Lisas Andeutung bestätigte und weil ihr peinlich war, dass ihr niemand von ihren Freunden oder Bekannten einfiel, der Derek wirklich mochte.
    »Warum zum Kuckuck sollte es sie stören, dass er kommt? Sie ist ja nicht gezwungen, Zeit mit ihm zu verbringen.« Sie holte ein paar Bögen Papier aus ihrer Handtasche. »Hier ist unser Programm für die nächsten drei Tage.«
    Shara faltete die bedruckten Blätter auseinander und schaute immer entsetzter drein, je länger sie las.
    Lisa nickte. »Ja, das sind keine Druckfehler. Jeder Morgen beginnt mit einem Interview in einer Frühstückssendung – zwei im Radio, eines im Fernsehen –, jeden Tag gibt es mindestens zwei reine Geschäftstreffen, und dann hat sie noch jeden Tag Probe. Zu allem Übel hat sie noch um eine Änderung fürs erste Konzert gebeten, für die nun Beilagen in Tausende gedruckter Programme gelegt werden müssen. Als die Agentin dieser launenhaften Künstlerin arbeite ich mit dem kanadischen Büro ihrer Plattenfirma daran, weil sonst niemand dafür zahlen will. Das ist zwar mein Problem, aber für Jessa bedeutet es, dass sie länger mit dem Orchester arbeiten muss, um sie auf den neuesten Stand zu bringen. Sie hat bis Freitagmorgen keine Minute Zeit für sich, noch nicht mal zum Essen.«
    Mist. Derek wird einen Koller kriegen. »Gibt es irgendeine Möglichkeit, dass Derek zu den Abendveranstaltungen mitkommen kann? Jessa hat geplant, dass ich mitkomme, aber ich hatte nicht erwartet, wie –«
    »Wie zeitaufwendig es sein würde, wenn sie eine Musikerin bei ihrer Reise auf Schritt und Tritt begleiten wollen?« Lisa bemühte sich nicht, ihre Ungeduld zu verbergen.
    Shara konnte es ihr nicht ankreiden. Es war ihre Aufgabe, sich trotz vollem Programm auch noch um Jessas launenhafte Änderungswünsche zu kümmern, aber sie taten Shara einen Gefallen damit, sie hiersein zu lassen, und ihr Verlobter sollte keine zusätzliche Arbeit bedeuten.
    »Hat er Sie denn noch nie auf eine

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