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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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untersuchen wollte, aus welcher noch etwas Dampf kam und zuweilen auch Flamme kommen soll. Die Zeit war mir nun zu kurz; sonst wäre ich von der andern Seite noch ganz hinuntergestiegen. Gefahr kann weiter nicht dabei sein als die gewöhnliche. Während mein Führer und der Kasertaner ruhten und schwatzten, sah ich mich um. Die Aussicht ist fast die nämliche wie bei den Kamaldulensern; ich würde aber jene noch vorziehen, obgleich diese größer ist. Nur die Stadt und die ganze Partie vom Posilippo diesseits der Grotte hat man hier besser. Nie hatte ich noch so furchtbare Hitze ausgestanden als im Heraufsteigen. Jetzt schwebten über Sorrent einige Wölkchen und über dem Avernus ein Donnerwetter; es ward Abend und ich eilte hinab. Hinunter geht es sehr schnell. Ich hatte schon Durst, als die Reise aufwärts ging; und nun suchte ich lechzend überall Wasser. Ein artiges, liebliches Mädchen brachte uns endlich aus einem der obersten Weinberge ein großes, volles Gefäß. So durstig ich auch war, war mir doch das Mädchen fast willkommener als das Wasser; und wenn ich länger hier blieb, ich glaube fast, ich würde den Vulkan gerade auf diesem Wege vielleicht ohne Führer noch oft besuchen. In einem großen Sommerhause, nicht weit von der heiligen Maria, erwartete uns die Dame und hatte unterdessen Tränen Christi bringen lassen. Aber das Wasser war mir oben lieber als hier die köstlichen Tränen, und die Hebe des ersten wohl auch etwas lieber als die Hebe der zweiten.
    Es war schon ziemlich dunkel, als wir in Portici ankamen, und wir rollten noch in der letzten Abenddämmerung nach Neapel. Mit dem Museum in Portici war ich ziemlich unglücklich. Jetzt war es zu spät, es zu sehen. Das erstemal war es nicht offen, und ich sah bloß das Schloß und die Zimmer, die, wenn man die Arbeit aus Pompeji, einige schöne Lavatische und die Statuen zu Pferde aus dem Herkulanum wegnimmt, nichts Merkwürdiges enthalten. In dem Hofe des Museums liegen noch einige bronzene Pferdeköpfe aus dem Theater von Herkulanum, die Statuen selbst sind in der Lava zusammengeschmolzen. Soviel ich von den Köpfen urteilen kann, möchte ich wohl diese Pferde haben, und ich gäbe die Pariser von Venedig sogleich dafür hin. In dem Theater von Herkulanum bin ich eine ganze Stunde herumgewandelt und habe den Ort gesehen, wo die Marmorpferde gestanden hatten, und den Ort, wo die bronzenen geschmolzen waren. Bekanntlich ist es hier viel schwerer zu graben als in Pompeji, denn diese Lava ist Stein, jene nur Aschenregen. Dort sind nur Weinberge und Feigengärten auf der Oberfläche, hier steht die Stadt darauf; denn Portici steht gerade über dem alten Herkulanum; und fast gerade über dem Theater steht jetzt oben eine Kirche. Die Dame von Caserta gab mir beim Abschied am Toledo ihre Adresse; ich hatte aber nicht Zeit, mich weiter um sie zu bekümmern.
    Obgleich der Vesuv gegen den Ätna nur ein Maulwurfshügel ist, so hat er doch durch seine klassische Nachbarschaft vielleicht ein größeres Interesse als irgendein anderer Vulkan der Erde. Ich war den ganzen Abend noch voll von der Aussicht oben, die ich noch nicht so ganz nach meinem Genius hatte genießen können. Ich setzte mich im Geist wieder hinauf und überschaute rund umher das schöne, blühende, magische Land. Die wichtigsten Szenen der Einbildungskraft der Alten lagen im Kreise da; unvermerkt geriet ich ins Aufnehmen der Gegenstände um den Vulkan.

    Vom Schedel des Verderbers sieht
    Mein Auge weit hinab durch Flächen,
    Auf welchen er in Feuerbächen
    Verwüstend sich durch das Gebiet
    Der reichgeschmückten Schöpfung zieht.
    Wo steht der Nachbar ohne Grausen,
    Wenn zur Zerstörung angefacht
    Aus seinem Schlund der Mitternacht
    Ihm hoch die Eingeweide brausen?
    Wenn donnernd er die Felsen schmelzt,
    Und sie im Streit der Elemente,
    Als ob des Erdballs Asche brennte,
    Hinab ins Meer hoch über Städte wälzt?
    Der Riese macht mit seinem Hauche
    Die schönste Hesperidenflur
    Zur dürrsten Wüste der Natur,
    Wenn er aus seinem Flammenbauche
    Mit roter Glut und schwarzem Rauche
    Die Brandung durch die Wolken hebt,
    Und meilenweit was Leben trinket,
    Wo die Zerstörung niedersinket,
    In eine Lavanacht begräbt.
    Parthenope und Pausilype bebt,
    Wenn tief in des Verwüsters Adern
    Die Feuerfluten furchtbar hadern;
    Und was im Meer und an der Sonne lebt,
    Eilt weit hinweg mit blassem Schrecken,
    Sich vor dem Zorn des Tötenden zu decken.
    Es kocht am Meere links und rechts,
    Bis nach Sorrent und

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