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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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der Beweis völlig geführt werden.« Mich überlief ein kalter Schauder. »Und die Regierung?« fragte ich. »Ach Gott, die Regierung«, sagte er ganz leise, – »braucht ihn.« Hier faßte es mich wie die Hölle. Ich hatte dergleichen Dinge oft gehört, jetzt sollte ich es sogar sehen.
    Freund, wenn ich ein Neapolitaner wäre, ich wäre in Versuchung, aus ergrimmter Ehrlichkeit ein Bandit zu werden und mit dem Minister anzufangen. Welche Regierung ist das, die so entsetzlich mit dem Leben ihrer Bürger umgeht! Kann man sich eine größere Summe von Abscheulichkeit und Niederträchtigkeit denken? »Jetzt wird er doch nun hoffentlich seine Strafe bekommen«; sagte ich zu meinem unbekannten Freunde. »Ach nein«, antwortete er; »jetzt sitzt er wegen eines kleinen Subordinationsfehlers, und morgen früh kommt er los.« – Wieder ein hübsches Stückchen von der Vergebung der Sünde! Die Amnestie des Königs hat die Armee und die Provinzen mit rechtlichen Räubern angefüllt. Er nahm die Banditen auf, sie waren brav, wie ihr Name sagt; er belohnte sie königlich, gab ihnen Ämter und Ehrenstellen, und jetzt treiben sie ihr Handwerk als Hauptleute der Provinzen gesetzlich. Dieses wird in der Residenz erzählt, auf den Straßen und in Provinzialstädten, und es werden mit Abscheu Personen und Ort und Umstände dabei genannt.
    Ich lief eine Stunde in Pompeji herum und sah, was die andern auch gesehen hatten, und lief in den aufgegrabenen Gassen und den zutage geförderten Häusern hin und her. Die Alten wohnten doch ziemlich enge. Die Stadt muß aber bei dem allen prächtig genug gewesen sein, und man kann sich nichts netter und geschmackvoller denken als das kleine Theater, wo fast alles von schönem Marmor ist; und die Inskription mit eingelegter Bronze vor dem Proscenium ist, als ob sie nur vor wenigen Jahren gemacht wäre. Die Franzosen haben wieder einen beträchtlichen Teil ans Licht gefördert und sollen viel gefunden haben, wovon aber sehr wenig nach Paris ins Museum kommt. Jeder Kommissär scheint zu nehmen, was ihm am nächsten liegt, und die Regierung schweigt, wahrscheinlich mit berechneter Klugheit. Es ist etwas mehr als unartig, daß die alten, schönen Wände so durchaus mit Namen bekleckst sind. Ich habe viele darunter gefunden, die diese kleine Eitelkeit wohl nicht sollten gehabt haben. Vorzüglich waren dabei einige französische Generale, von denen man dieses hier nicht hätte erwarten sollen; bei der Sibylle ist es etwas anders.
    Von Salerno aus war ich mit einer Dame aus Caserta und ihrem Vater zurückgefahren. Als diese hörten, daß ich von Portici noch auf den Berg wollte, taten sie den Vorschlag, Partie zu machen. Ich hatte nichts dagegen; wir mieteten Esel und ritten. Was vorherzusehen war, geschah: die Dame konnte, als wir absteigen mußten, zu Fuße nicht weit fort und blieb zurück, und ich war so ungalant, mich nicht darum zu bekümmern. Der Herr Vetter strengte sich an und arbeitete mir nach. Als wir an die Öffnung gekommen waren, aus welcher der letzte Strom über Torre del Greco hinuntergebrochen war, wollte der Führer nicht weiter und sagte, weiter ginge sein Akkord nicht. Ich wollte mich weiter nicht über die Unverschämtheit des Betrügers ärgern und erklärte ihm ganz kurz und laut, er möchte machen, was er wollte; ich würde hinaufsteigen. »Doch nicht allein?« meinte er. »Ganz allein«, sagte ich, »wenn niemand mit mir geht«; und ich stapelte immer rasch den Sandberg hinauf. Er besann sich doch und folgte. Es ist eine Arbeit, die schwerer ist, als auf den Ätna zu gehen, wenigstens über den Schnee, wie ich es fand. Der Sand und die Asche machen das Steigen entsetzlich beschwerlich, man sinkt fast so viel rückwärts, als man vorwärts geht. Es war übrigens Gewitterluft und drückend heiß. Endlich kam ich oben an dem Rande an. Der Krater ist jetzt, wie Du schon weißt, eingestürzt, der Berg dadurch beträchtlich niedriger, und es ist gar keine eigentliche größere Öffnung mehr da. Nur an einigen Stellen dringt etwas Rauch durch die felsigen Lavaritzen hervor. Man kann also hinuntergehen. Die Franzosen, welche es zuerst taten – wenigstens soviel man weiß – haben viele Rotomontade von der Unternehmung gemacht: jetzt ist es von der Seite von Pompeji ziemlich leicht. Fast jeder, der heraufsteigt, steigt hinab in den Schlund, und es sind von meinen Bekannten viele unten gewesen. Ich selbst hatte den rechten Weg nicht gefaßt, weil ich eine andere kleine Öffnung

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