Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802
bis zu Bajas Tannen
Wo er die Bäder des Tyrannen
Aus der Verwandtschaft des Geschlechts,
Indem er weit umher verheerte,
Mit seinem tiefsten Feuer nähret.
Die Täler schnell zu Felsenhöhen,
Und rauschend zeigen seine Bahn,
Soweit die schärfsten Augen gehen,
Die Inseln in dem Ozean.
Wer bürget uns, wenn ihn der Sturm zerrüttet,
Daß er nicht einst in allgemeiner Wut
Noch fürchterlich mit seiner Flut
Den ganzen Golf zusammenschüttet?
Nicht alles noch, wo jetzt sein Feuer quillt,
Aus seiner Werkstatt tiefstem Grunde,
Von Stabiä bis zu dem Schwefelschlunde,
Mit seinen Lavaschichten füllt?
Hier brach schon oft aus seinem Herde
Herauf, hinab des Todes Flammenmeer,
Und machte siedend rund umher
Das Land zum größten Grab der Erde.
Unter diesen Phantasien schlief ich ruhig ein. Ob ich gleich gern das furchtbare Schauspiel eines solchen Vulkans in seiner ganzen entsetzlichen Kraft sehen möchte, so bin ich doch nicht hart genug, es zu wünschen. Ich will mich mit dem begnügen, was mir der Ätna gegeben hat. Der Vesus kräuselt zuweilen einige Rauchwölkchen; aber ich fürchte, sein Schlag und sein Verschütten sind von schlimmer Vorbedeutung. Der Ätna war auch verschüttet, ehe er Catanien überströmte, und in dem Krater des Vesuvs waren zuweilen große Bäume gewachsen. Bei seinem künftigen Ausbruche dürfte die Gegend von Portici, eben da, wo oben der heilige Januar steht, um den Feind abzuhalten, am meisten der Gefahr ausgesetzt sein; denn dort ist, nach dem äußern Anschein, jetzt die Erdschale am dünnsten. Man scheint so etwas gefühlt zu haben, als man den heiligen Flammenbändiger eben hierher setzte.
Die Russen in Neapel machen eine sonderbare Erscheinung. Sie sind des Königs Leibwache, weil man ganz laut sagt, daß er sich auf seine eigenen Soldaten nicht verlassen kann. Wenn dieses so ist, so ist es ganz gewiß seine eigene Schuld; denn ich halte die Neapolitaner für eine der bravsten und besten Nationen, sowie überhaupt die Italiener. Was ich hier und da Schlimmes sagen muß, betrifft nur die Regierung, ihre schlechte Verfassung oder Verwaltung und das Religionsunwesen. Die Russen haben sich sehr metamorphosiert, und ich würde sie kaum wiedererkannt haben. Du weißt, daß ich die Schulmeisterei in keinem Dinge verachte, wenn sie das Gründliche bezweckt; aber ich glaube, sie haben sich durch Pauls Veränderungen durchaus nicht gebessert. Brav werden sie immer bleiben, das ist im Charakter der Nation; aber Paul hätte das Gute behalten und das Bessere geben sollen. Ich habe nicht gesehen, daß sie Linie und besser den Schwenkpunkt hielten und fertiger die Waffen handhabten; aber desto schlechter waren sie gekleidet, ästhetisch und militärisch. Die steifen Zöpfe, die Potemkin mit vielen anderen Bocksbeuteleien abgeschafft hatte, geben den Kerlen ein Ansehen von ganz possierlicher Unbehilflichkeit. Potemkin hatte freilich wohl manches getan, was nichts wert war; aber diese Ordonnanz bei der Armee war sicher gut. Paul war in seiner Empfindlichkeit zu einseitig. Übrigens werden hier die russischen Offiziere, wie ich höre, zuweilen nicht wegen ihrer Artigkeit gelobt, und man erzählte sehr auffallende Beispiele vom Gegenteil. Das sind hoffentlich nur unangenehme Ausnahmen, denn man läßt im Ganzen der Ordnung und der Strenge des Generals Gerechtigkeit widerfahren.
Der heilige Januarius wird als Jakobiner gewaltig gemißhandelt und von den Lazaronen auf alle Weise beschimpft: es fehlt wenig, daß er nicht des Patronats völlig entsetzt wird. Dafür wird der heilige Antonius sehr auf seine Kosten gehoben, und es wird in diesem sogar durch Manifeste vom Hofe gehuldigt. Doch ist die Januariusfarce wieder glücklich vonstatten gegangen, und er hat endlich wieder ordentlich geblutet. Ich habe für dergleichen Dinge wenig Takt, bin also nicht dabei gewesen, ob die Schnurre gleich fast unter meinen Augen vorging. Einer meiner Freunde erzählte mir von den furchtbaren Ängstigungen einiger jungen Weiber und ihrer heißen Andacht, ehe das Mirakel kam, und von ihrer ausgelassenen heiligen, ekstatischen Freude, als es glücklich vollendet war. Womit kann man den Menschen nicht noch hinhalten, wenn man ihm einmal seine Unbefugnisse genommen hat?
Rom
Nun bin ich wieder in dem Sitz der heiligen Kirche, aber nicht in ihrem Schoße. Wie schade das ist! Ich habe so viel Ansatz und Neigung zur Katholizität, würde mich so gern auch an ein Oberhaupt in geistlichen Dingen halten, wenn nur
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