Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802
orientierte und erklärte ich mich, und da kam denn zum Vorschein, daß sich der Eseltreiber den Henker um meine Promenade bekümmert hatte und mit mir gerade den alten römischen Weg durch die Insel geritten war. Was war zu tun? Rechts einlenken? Da war eine ganze Welt voll Berge zu durchstechen, und niemand wollte den Weg wissen, und das Menschenkind verlangte nicht mehr als sechs goldene Unzen, um nach Palermo zurück und den andern Weg zu machen. Das war meiner Börse zuviel, ich entschloß mich endlich mit etwas Griesgrämigkeit, nun so fortzureiten und die eryzinische Göttin andern zu überlassen, die vielleicht ihren Wert besser zu würdigen verstehen. Wir ritten von Palermo bis fast an die Bagarie den Weg nach Termini und stachen dann erst rechts ab. Die Partien sind angenehm und könnten noch angenehmer sein, wenn die Leute etwas fleißiger wären. Sowie man sich von der Hauptstadt entfernt, wird es ziemlich wild. Wir kamen durch einige ziemlich unbeträchtliche Örter, und der Abfall der Kultur und des äußerlichen Wohlstandes war ziemlich grell. Alles war weit teurer als in der Hauptstadt, nur nicht die Apfelsinen, an denen ich mich erholte und von denen ich mein Magazin nicht leer werden ließ. Nicht weit von Bei Frati blieb uns rechts auf der Anhöhe ein altes Schloß liegen, das man Torre di Diana nannte, und wo die Sarazenen ehemals mit den Christen viel Grausamkeit getrieben haben sollen. Es war mir noch zu zeitig, bei den schönen Brüdern zu bleiben, zumal da das Wirtshaus geradezu der Revers des Namens war; wir ritten also ungefähr fünf Millien weiter an ein anderes. Hier war auch nicht einmal Makkaroni zu haben. Wir ritten also wieder weiter; mein Eseltreiber und noch ein armer Teufel, der sich angeschlossen hatte, fingen an, sich vor Räubern zu fürchten, und ich war es auch wohl zufrieden, als wir endlich ziemlich spät im Sankt Joseph, nicht weit von einem Flusse, ankamen, dessen Namen ich vergessen habe.
Hier fanden wir eine ganze Menge Mauleseltreiber aus allen Teilen der Insel und doch wenigstens Makkaroni. Aus Vorsicht hatte ich für mich in Palermo Brot gekauft, das beste und schönste, das ich je gesehn und gegessen habe. Hier war es mir eine Wohltat, und ich selbst konnte damit den Wohltäter machen. Die Leutchen im Hause, unter denen ein Kranker war, segneten die fremde Hilfe, denn das wenige Brot, das sie selbst hatten, war sehr schlecht. Ist das nicht eine Blasphemie in Sizilien, das ehemals eine Brotkammer für die Stadt Rom war? Ich konnte meinen Unwillen kaum bergen.
Einen lustigen Streit gab es zum Dessert der Makkaroni. Die Eseltreiber hatten mir abgelauert, daß ich wohl ihre Altertümer mit besuchen wollte, wie sich denn dieses in Sizilien einem Fremden sehr leicht abmerken läßt. Da erhob sich ein Zwist unter den edelmütigen Hippophorben über die Vorzüge ihrer Vaterstädte in Rücksicht der Altertümer. Der Eseltreiber von Agrigent rechnete seine Tempel und die Wunder und das Alter seiner Stadt her; der Eseltreiber von Syrakus sein Theater, seine Steinbrüche und sein Ohr; der Eseltreiber von Alcamo sein Segeste, und der Eseltreiber von Palermo hörte königlich zu und sagte – nichts. »Ihr könnt euch auch groß machen«, sagte der Treiber von Catanien zu dem Treiber von Alcamo, »mit eurem Margarethentempelchen, der nicht einmal euer ist«, und fing nun an auch die Altertümer seiner Vaterstadt, als der ältesten Universität der Erde, herauszustreichen, wobei er den Alcibiades nicht vergaß, der in ihrem Theater geredet habe. Du mußt wissen, Margarethe heißt bei den Siziliern durchaus ein gefälliges, feiles Mädchen; das war für die Mutter des ehrsamen Mannes der Äneide kein sonderlicher Weihrauch. Ohne mein Erinnern siehst Du hieraus, daß die sizilischen Mauleseltreiber sehr starke Antiquare sind, ob sie die Sache gleich nicht immer außerordentlich genau nehmen; denn der Agrigentiner rechnete den benachbarten Macaluba zu den Altertümern seiner Vaterstadt, ohne daß seine Gegner protestierten; und hätte der Streit noch länger gedauert, so hätte der Catanier vielleicht den Ätna auch mit aufgezählt.
Den Morgen darauf gingen wir durch die Jumarren, einen heillosen Weg, unter sehr schlechtem Wetter. Nie habe ich eine solche Armut gesehen, und nie habe ich mir sie nur so entsetzlich denken können. Die Insel sieht im Innern furchtbar aus. Hier und da sind einige Stellen bebaut; aber das Ganze ist eine Wüste, die ich in Amerika kaum so schrecklich
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