Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802
Gärten des Alcinous im Homer und Hesiodus in seinen Tagewerken im sechshundertundzehnten Vers. Im Homer heißt es, daß an den Weinstöcken reife Trauben und grünende Blüten zugleich gewesen seien, worüber sich unsere Ausleger zuweilen quälen, sagte Landolina. Sie dürften nur die Sache wörtlich nehmen und zu uns nach Syrakus kommen, so konnten sie sich bei der ersten Ernte des Muskatenweins zu Anfang des Juli leicht überzeugen. Aber nur die Muskatentraube hat diese Eigenschaft des Orangenbaums, daß sie reife und unreife Früchte und Blüten zu gleicher Zeit zeigt. Landolina behauptet, diese Traube sei zunächst aus Tarent nach Syrakus gekommen; das mag er beweisen. Dieses alles wird Dir, als einem weingelehrten Manne, weit wichtiger sein als mir Abaccheuten. Er hat mir manche nicht unangenehme philologische Bemerkung über manche griechische Stelle gemacht, für die ihm sein Freund Heyne in Göttingen Dank wissen wird, dem er sie wahrscheinlich auch alle mitgeteilt hat. An der Arethuse kann man freilich manches etwas besser sehen als an der Leine. Übrigens sagte er noch, daß Homer, der, nach der Genauigkeit seiner Beschreibung zu urteilen, durchaus in Sizilien gewesen sein müsse, vielleicht nicht sonderlich hier aufgenommen worden sei, weil er bei jeder Gelegenheit einen etwas bösartigen Tick gegen die Insel äußere.
Catanien
Du siehst, ich bin nun auf der Rückkehr zu Dir. Syrakus, oder vielleicht schon Agrigent, war das südlichste Ende meines Weges. Vor einigen Tagen ritt ich zu Maulesel wieder mit einem ziemlich kleinen Führer hierher. Man kann die Reise in einem Sommertage sehr bequem machen, und wenn man recht gut beritten ist, recht früh aufbricht und sich nicht sehr umsieht, kann man wohl Augusta noch mitnehmen. Die Maulesel machen einen barbarisch starken Schritt, und das
Pungete, Don Juan, pungete!
wurde auch nicht gespart. Es war ein herrlicher, warmer Regenmorgen, als ich Syrakus verließ; der Himmel hellte sich auf, als ich aus der Festung war, und die Nachtigallen sangen wetteifernd in den Feigengärten und Mandelbäumen so schön, wie ich ihnen in Sizilien gar nicht zugetraut hätte, da sie sich noch nicht sonderlich hatten hören lassen. Ich ging wieder vor der Feigenquelle vorbei und durch einen Strich der schönen, herrlichen Gegend von Augusta. Aber vor derselben und nach derselben war es wüste, ununterbrochen wüste, bis diesseits der Berge an die Ufer des Simäthus. In einem Wirtshause am Fuße der Berge, ungefähr noch zehn Millien von Catanien, wo ich essen wollte und wenigstens Makkaroni suchte, gab der Wirt skoptisch zur Antwort: »In Catanien sind Makkaroni, hier ist nichts.« Der Mensch hatte die trotzige, murrsinnige Physiognomie der gedrückten Armut und des Mangels, der nicht seine Schuld war, und gewann nicht eher eine etwas freundliche Miene, als bis ich seinen Kindern von meinem schönen Brote aus Syrakus gab; dann holte er mir mein Lieblingsgericht, getrocknete Oliven. In der Gegend des Simäthus war das Wasser ziemlich groß, das man auf die Felder umher auf den Reis leitete. Mein Maulesel, den ich nordischer Reiter wohl nicht recht geschickt lenken mochte, fiel in eine morastige Lache des Flusses und bekam meine halbe Personalität unter sich. Mein linker Fuß, der wegen einer alten Kontusion nicht viel vertragen kann, wurde gequetscht und etwas verrenkt, und ich kam lahm hier an. Sehr leicht hätte ich eines sehr unidyllischen, schmutzigen Todes in dem Schlamme des Simäthus sterben können, doch zürne ich deswegen dem Flusse nicht; denn er ist doch der einzige Fluß, der diesen Namen auf der Insel verdient, und durchaus der größte; wenngleich einige den Salzfluß bei Alicata oder gar den Himera bei Termini größer machen. Der Simäthus ist ein eigentlicher Fluß, die Zierde und der Segen des eigentlichen Tales Enna, und die andern sind nur Waldströme, die sich freilich zuweilen mit vieler Gewalt von den Bergen herabwälzen mögen, wie ich schon selbst die Erfahrung gemacht habe. Das dauert aber gewöhnlich nur einige Tage, dann kann man wieder zu Fuß durch ihre Betten gehen. Nicht weit diesseits des Simäthus, über den hier eine ziemlich gute Fähre geht, führte mich mein unkundiger Eseltreiber tief in Büsche und Moräste hinein, daß weder ich noch er noch der Esel weiter wußten. Mein Schmutz und mein Schmerz am Fuße hatten mich etwas grämlich gemacht, so daß ich im Ärger dem Jungen mit der Rute einige Schläge über das Kollet gab. Darüber
Weitere Kostenlose Bücher