Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802
Bibliothekar ist ein freundlicher, verständiger Mann. Er zeigte mir eine erste Ausgabe vom Horaz, die mit den Episteln anfing, und die, wie er mir sagte, Fabricius sehr gelobt habe.
In den antiken Bädern unter der Kathedrale, durch welche eine Ader des Amenanus geleitet ist, die noch fließt, war die Luft so übel, daß der Professor Gambino es nur einige Minuten aushalten konnte. Meine Brust war etwas stärker; aber ich machte doch, daß ich wieder herauskam. Sie werden selten besucht. Auch in den dreifachen Korridoren des Theaters etwas weiter hinauf kroch ich eine Viertelstunde herum; von hier hat der Prinz Biskaris seine besten Schätze gezogen. Auch hier ist ein Aquaedukt des Amenanus, aber sehr verschüttet. Nicht weit davon ist ein altes Odeum, das jetzt zu Privatwohnungen verbaut ist. Die Kommission der Altertümer hat aber nun die Oberaufsicht, und kein Eigentümer darf ohne ihre Erlaubnis einen Stein regen.
Das Kloster und die Kirche der reichen Benediktiner sind so gut, als man eine schlechte Sache machen kann. Die Kirche gilt für die größte in ganz Sizilien und ist noch nicht ausgebaut; an der Fassade fehlt noch viel. Sie mag dessen ungeachtet wohl die schönste sein. Die Gemälde in derselben sind nicht ohne Wert, und die Stücke eines Eingebornen, des Morealese, werden billig geschätzt. Am meisten tut man sich auf die Orgel zugute, die vor ungefähr zwanzig Jahren von Don Donato del Piano gebauet worden ist. Er hat auch eine in Sankt Martin bei Palermo gebaut; aber diese hier soll, wie die Catanier behaupten, weit vorzüglicher sein. Man hatte die wirklich ausgezeichnete Humanität, sie für einige Freunde nach dem Gottesdienste noch lange spielen zu lassen; und ich glaube, selbst in Rom keine bessere gehört zu haben. Schwerlich findet man eine größere Stärke, Reinheit und Verschiedenheit. Einige kleine Spielwerke für die Mönche sind freilich dabei, die durchaus alle Instrumente in einem einzigen haben wollen. Aber das Echo ist wirklich ein Meisterstück, ich habe es noch in keiner Musik so magisch gehört. Die Abenddämmerung in der großen, schönen Kirche und dann die feierlich schaurige Beleuchtung wirkten mit. Die Bibliothek und das Kabinet der Benediktiner sind ansehnlich genug und könnten bei den Einkünften des Klosters noch weit besser sein. Im Museum finden sich einige hübsche Stücke von Guido Reni und, wie man behauptet, von Raphael. Mehrere griechische Inschriften sind an den Wänden umher. Eine auf einer Marmortafel ist so gelehrt, daß sie, wie man sagte, auch die gelehrtesten Antiquare in Italien nicht haben erklären können, auch Visconti nicht. Ich hatte nicht Zeit, und was wollte ich Rekrut nach diesem athletischen Triarier? Doch kam es mir vor, als ob sie in einem späteren griechischen Stile das Märtertum der heiligen Agatha enthielte. Wenn Du nach Catanien zu den Benediktinern kommst, magst Du Dein Heil versuchen. In der Bibliothek bewirtete man mich als einen Leipziger aus Höflichkeit mit den
Actis eruditorum
, die in einer Klosterbibliothek in Catanien auch wirklich eine Seltenheit sein mögen. Die Byzantiner waren alle mit
Caute
in Verwahrung gesetzt und werden nicht jedem gegeben. Als einen sehr großen, seltenen Schatz zeigte man mir eine außerordentlich schön geschriebene Vulgata. Ich las etwas darin und verschüttete die gute Meinung der Herren fast ganz durch die voreilige Bemerkung, es wäre Schade, daß der Kopist gar kein Griechisch verstanden hätte. Man sah mich an, ich war also genötigt zu zeigen, daß er aus dieser Unwissenheit vieles idiotisch und falsch geschrieben habe. Die guten Leute waren verlegen und legten ihr Heiligtum wieder an seinen Ort, und ihre Mienen sagten, daß solche Schätze nicht für Profane wären. Der Pater Sekretär, ein feiner, gebildeter Mann, der in seinem Zimmer ein herrliches Instrument hatte, gab mir einen Brief an ihren Bruder oben am Berge im Namen des Abts, da er hörte, daß ich auf den Berg wollte. Er schüttelte indessen zweifelhaft den Kopf und erzählte mir schreckliche Dinge von der Kälte in der obern Region des Riesen; es würde unmöglich sein, meinte er, schon jetzt in der frühen Jahreszeit noch zu Anfange des Aprils hinaufzukommen. Er erzählte mir dabei von einigen Westfalen, die es noch bei der nämlichen Jahreszeit gewagt hätten, aber kaum zur Hälfte gekommen wären und doch Nasen und Ohren erfroren hätten. Ich ließ mich aber nicht niederschlagen, denn ich wäre ja nicht wert gewesen,
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