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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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könnten, so sehr auch einzelne Städte leiden möchten. Sie schienen das leicht zu begreifen und sich also nicht zu fürchten.
    Es würde zu weitläuftig werden, wenn ich anfangen wollte, Dir nur etwas systematisch über Literatur und Antiquitäten zu schreiben. Andere haben das besser vor mir getan, als ich es könnte. Es hat sich wesentlich nichts geändert. Der tätige Geist des alten Biskaris scheint nicht ganz auf seinen Nachfolger übergegangen zu sein, obgleich auch dieser noch immer die nämliche Humanität zeigt. Das Kabinet ist wohl nicht ganz in der besten Ordnung. Was mich im Antikensaale vorzüglich beschäftigt hat, waren einige sehr schöne griechische und römische Köpfe, ein Torso fast von der nämlichen Gestalt wie der jetzige Pariser, und den einige diesem fast gleich schätzen, und eine Büste der Ceres, die beste, die ich gesehen habe. Es sind mehrere Statuen der Venus da, aber keine einzige, die mir gefallen hätte. Unter den kleinen Bronzen zeichneten sich für mich aus ein Atlas, der Himmelsträger, ein Mars, ein Merkur und ein Herkules. Es sind auch noch einige andere von vortrefflicher Arbeit. Die Lampensammlung ist sehr beträchtlich, vorzüglich die Matrimoniallampen, unter denen viele sehr niedliche, leichtfertige, aphrodisische Mysterien sind, die dem Charakter nach aus den Zeiten der römischen Kaiser zu sein scheinen. Manches gehört wohl auf keine Weise in eine solche Samlung; vorzüglich nicht die Gewehre, welche wenig Interesse für Künstler und Kenner haben, einzelne Anekdoten müßten denn die Stücke merkwürdig machen. Vorzüglich schön ist noch eine längliche Vase, wo Ulyß und Diomed die Pferde des Rhesus bringen.
    Das Übrige findet man besser und geordneter bei dem Ritter Gioeni, dessen Fach ausschließlich die Naturgeschichte ist, und vorzüglich die Naturgeschichte Siziliens. Man findet bei ihm alle vulkanische Produkte des Ätna, des Vesuv und der Liparischen Inseln, und es ist ein Vergnügen, die Resultate eines anhaltenden Fleißes hier zusammen zu sehen. Hier sind alle sizilischen Steine, von denen die Marmorarten vorzüglich schön sind. Bei Landolina und Biskaris und Gioeni sind Tische, die aus allen sizilischen Marmorarten gearbeitet sind. Das Fach der Muscheln findet man wohl selten so schön und so reich als bei dem letzten. Was mich besonders aufhielt, waren die verschiedenen niedlichen Sorten von Bernstein, alle aus Sizilien, die ich hier nicht gesucht hätte. Ich wußte wohl, daß man in Sizilien Bernstein findet, aber ich wußte nicht, daß er so schön und groß angetroffen wird, und ich habe aus der Ostsee keine so schöne Farben und Schattierungen davon gesehen. Die Arbeiten waren sehr niedlich und geschmackvoll. In der neuern Chemie und Physik muß man indessen nicht sehr gewissenhaft mit fortgehen, denn es wurde zufällig von der Platina gesprochen, die Gesellschaft war nicht ganz klein und nicht ganz gewöhnlich, und man gestand sogar Deinem idiotischen Freunde eine Stimme über die spezifische Schwere des Metalles zu. Endlich mußte unser Landsmann Bergmann den Zwist entscheiden, und ich war wirklich seinem Ausspruche am nächsten gekommen. Der Ritter und sein Bruder sind Männer von vieler Humanität und unermüdetem Eifer für die Wissenschaft.
    Ich hatte das Vergnügen, in dem Universitätsgebäude einer theologischen Doktorkreation beizuwohnen. Der Saal ist groß und schön und hell. Rundherum sind einige große Männer des Altertums nicht übel abgemalt, von denen einige Catanier waren, nämlich Charondas und Stesichorus; auch Cicero hatte für seinen Eifer für die Insel die Ehre hier zu sein, sodann der Syrakusier Archimed und einige andere Sizilier. Theokrit war den frommen Leuten vermutlich zu frivol, er war nicht hier. Der Kandidat war ein Dominikaner und machte in ziemlich gutem Latein die Lobrede der Stadt und der Akademie Catanien. Der Promotor hielt sodann der Theologie eine Lobrede, die sehr mönchisch war, und die ich ihm bloß der guten Sprache wegen nur in Sizilien noch verzeihe. Nun, dachte ich, wird die Disputation angehen; und vielleicht vergönnt man sogar, da die Versammlung nicht zahlreich und ich von einem hiesigen Professor eingeführt war, mir Hyperboreer auch ein Wörtchen zu sprechen. Aber das war schon alles
inter privatos parietes
mit dem Examen abgemacht; man gab dem Kandidaten den Hut, die Trompeter bliesen, und wir gingen fort. Die Universitätsbibliothek ist nicht zahlreich, aber gut gewählt und geordnet, und der

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