Special - Zeig dein wahres Gesicht
Wie konnten die Wächter ihn also im Auge behalten?
„Dein neues Gesicht ist eine ganze Mega-Helena wert, Tally-wa“, sagte Zane und sein Blick wanderte über das Netz aus pulsierenden Tätowierungen in ihrem Gesicht und an ihren Armen. „Es könnte eine Milliarde Schiffe lossegeln lassen. Aber vermutlich Piratenschiffe.“
Sie lächelte über den lahmen Witz und versuchte sich eine Antwort zu überlegen. Seit zwei Monaten hatte sie auf diesen Moment gewartet, und jetzt konnte sie plötzlich nur wie eine Idiotin hier herumsitzen.
Aber es waren nicht nur ihre Nerven, die ihr die Sprache verschlugen. Je länger sie ihn ansah, umso verkehrter sah Zane irgendwie aus, und seine Stimme klang, als käme sie aus einem anderen Zimmer.
„Ich hatte gehofft, dass du kommen würdest“, fügte er leise hinzu.
„Sie hat darauf bestanden“, sagte Shay, ihre Worte ein nahes Flüstern.
Tally wurde klar, warum Zane so weit weg klang. Da er keine Hautantennen hatte, konnte er sich nicht wie die Schlitzer direkt mit ihr verständigen. Er gehörte nicht mehr zur Clique. Er war nichts Besonderes.
Shay setzte sich neben Tally auf das Bett. „Aber wenn es euch nichts ausmacht, könnt ihr zwei ein andermal blubberköpfig se in. “ Sie zog die kleine Plastiktüte mit den Nano-Pillen hervor, die Ho in der vergangenen Nacht dem Ugly-Jungen wegge nommen hatte. „Wir sind deshalb gekommen.“
Zane erhob sich halb aus dem Sessel und streckte die Hand aus, aber Shay lachte nur. „Nicht so eilig, Zane-la. Du hast die schlechte Angewohnheit, die falschen Pillen zu nehmen.“
„Erinnere mich bloß nicht daran“, sagte er müde.
Erneut durchfuhr Tally ein Schauer. Als er sich wieder in den Sessel sinken ließ, bewegte Zane sich langsam, mühselig, fast wie ein Runzling.
Tally fiel ein, wie Maddys Nanos seine Motorik beschädigt und den Teil seines Gehirns ausgeschaltet hatten, der Reflexe und Bewegungen kontrolliert. Vielleicht war es einfach nur das, ein winziges Zittern, das die Nanos hinterlassen hatten. Kein Grund, durchzudrehen.
Aber als sie dann in sein Gesicht blickte, fehlte auch dort etwas. Es zeigte kein Muster aus ungewöhnlichen, wunderschönen Puls-Tätowierungen und vermittelte ihr nichts von der Erregung, die sie verspürte, wenn sie in die kohlschwarzen Augen der anderen Schlitzer schaute. Er sah schläfrig aus, auf eine Weise, die es bei Specials nicht gab, wie eine Tapete, wie irgendein Pretty.
Aber es war doch Zane, nicht irgendein zufälliger Blubberkopf ...
Tally schaute zu Boden und wünschte, die perfekte Klarheit ihrer Sicht ausschalten zu können. Sie wollte diese vielen niederschmetternden Details nicht sehen.
„Woher kommen diese Pillen?“, fragte er. Seine Stimme klang noch immer wie gedämpft.
„Von einer Smokey-Frau“, antwortete Shay.
Er schaute zu Tally hinüber. „Eine, die wir kennen?“
Sie schüttelte den Kopf, ohne den Blick vom Boden zu heben. Das Mädchen war keine ehemalige Krim und auch keine aus dem alten Smoke. Tally fragte sich für einen Moment, ob sie wohl aus einer anderen Stadt kam. Vielleicht war sie eine der geheimnisvollen neuen Verbündeten der Smokies ...
„Aber sie kannte deinen Namen, Zane-la“, sagte Shay. „Hat gesagt, die hier seien speziell für dich. Wartest du auf eine Lieferung?“
Er holte langsam Atem. „Vielleicht solltest du sie fragen.“
„Sie ist entkommen“, sagte Tally und hörte, wie Shay ein leises Zischen ausstieß.
Zane lachte. „Die Besonderen Umstände brauchen also meine Hilfe?“
„Wir sind nicht so wie ...“, setzte Tally an, aber dann versagte ihre Stimme. Sie gehörte ja schließlich den Besonderen Umständen an, und Zane konnte das mit eigenen Augen sehen. Aber plötzlich hätte sie ihm gern erklärt, dass die Schlitzer etwas anderes waren, nicht wie die regulären Specials, die ihn in seinen Ugly-Zeiten herumgestoßen hatten. Die Schlitzer spielten nach ihren eigenen Regeln. Sie hatten alles erreicht, was Zane sich immer gewünscht hatte - sie lebten befreit von der Befehlsgewalt der Stadt in der Wildnis, ihr Denken war eisig, sie waren erlöst von den Unvollkommenheiten der Hässlichkeit ...
Und von der Durchschnittlichkeit, die Zane ausstrahlte.
Sie schloss den Mund und Shay legte ihr eine Hand auf die Schulter.
Tally spürte, dass ihr Herz schneller schlug.
„Sicher, wir könnten deine Hilfe brauchen“, sagte Shay. „Wir müssen verhindern, dass die hier“, sie hob die Tüte mit den Pillen hoch, „noch weitere
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