Special - Zeig dein wahres Gesicht
versteckte sich etwa zehn Meter von Zane entfernt in einem Baum und ihr Tarnanzug fuhr kleine Stacheln aus, die aussahen wie Kiefernnadeln.
Im Laufe des Nachmittags wachten die Krims auf. Sie schienen sich keine besonderen Sorgen um die vom Wind verwehten Hubbretter zu machen und brachen dann ihr Lager ab.
Tally sah zu, wie die Flüchtlinge zum Pinkeln in den Wald stapften, wie sie sich etwas zu essen machten oder kurz im kalten Wasser schwimmen gingen, um sich vom Schmutz und Schweiß der Wanderung und dem allgemeinen Dreck zu befreien, der sich beim Schlafen unter freiem Himmel eben einstellt.
Alle außer Zane. Er verharrte im Schlaf, während das Be täubungsmittel sich langsam durch sein System arbeitete. Er wachte erst auf, als die Sonne unterging und Peris sich über ihn beugte, um ihn wach zu rütteln.
Zane setzte sich vorsichtig auf und nahm den Kopf in die Hände, der Prototyp des verkaterten Prettys. Tally hätte gern gewusst, woran er sich erinnern konnte. Peris und die anderen glaubten noch immer, dass der Wind ihre Hubbretter weggetragen hatte, aber das konnte sich ändern, wenn sie erst von Zanes kleinem Traum hörten.
Peris und Zane steckten eine Weile die Köpfe zusammen und Tally glitt langsam um ihren Baum herum, bis sie eine Stelle gefunden hatte, von der aus sie fast von den Lippen der beiden ablesen konnte. Peris schien zu fragen, ob Zane sich wohlfühlte. Neue Pretties wurden fast niemals krank - die Operation machte sie zu gesund für einfache Infektionen -, aber in Zanes Zustand ...
Zane schüttelte den Kopf und zeigte auf das Flussufer, wo die Hubbretter die letzten Sonnenstrahlen in sich aufsaugten. Peris zeigte auf die Stelle, wo Tally sie abgelegt hatte. Die beiden gingen hinüber und kamen beunruhigend dicht an der Stelle vorbei,
wo Tally sich an ihren Baum klammerte. Zane sah nicht gerade überzeugt aus. Er wusste, dass zumindest ein Teil seines Traums - dass die Bretter verschwunden waren - mit der Wirklichkeit übereinstimmte.
Nach einigen langen, angespannten Minuten machte Peris sich wieder ans Packen. Zane jedoch blieb stehen und ließ seinen Blick langsam über den Horizont wandern. Obwohl sie in ihrem Anzug unsichtbar war, zuckte Tally zusammen, als seine Augen über ihr Versteck hinwegglitten.
Er wusste es nicht mit Sicherheit, aber Zane hatte den Verdacht, dass das, was er gesehen hatte, mehr als nur ein Traum gewesen war.
Tally würde von jetzt an sehr vorsichtig sein müssen.
Unsichtbar
Während der nächsten Tage nahm Tallys Verfolgung der Krims einen gleichmäßigen Rhythmus an.
Die Flüchtlinge blieben jede Nacht länger auf, langsam gewöhnten sich ihre Zufallskörper daran, in der Dunkelheit unterwegs zu sein und tagsüber zu schlafen. Schon bald konnten sie die ganze Nacht hindurch fliegen und schlugen ihr Lager erst auf, wenn das erste Morgenlicht über den Horizont stieg. Andrews Positionsfinder führte sie nach Süden. Sie folgten dem Fluss bis zum Meer, dann wechselten sie auf die verrosteten Schienen einer alten Expresszuglinie über. Tally bemerkte, dass irgendwer die Küstenstrecke für das Befliegen mit Hubbrettern gesichert hatte, es gab keine gefährlichen Lücken mehr im magnetischen Feld. Dort, wo die Schienen unterbrochen waren, bewahrten vergrabene Metallkabel die Krims vor dem Absturz. Sie brauchten kein einziges Mal zu Fuß zu gehen.
Sie fragte sich, wie viele andere Flüchtlinge bereits diesen Weg genommen hatten und aus wie vielen anderen Städten David und seine Verbündeten neue Leute anwarben.
New Smoke lag jedenfalls weiter entfernt, als sie erwartet hatte. Davids Eltern stammten ursprünglich aus Tallys Stadt, und er hatte sich immer nur einige Tagereisen von ihrem alten Zuhause versteckt. Aber Andrews Positionsfinder hatte sie inzwi schen halbwegs zur Südhälfte des Kontinents geführt, die Tage wurden sichtlich länger und die Nächte wärmer, je weiter sie nach Süden kamen.
Als die Küste allmählich zu hohen Klippen anstieg, wurde das Brechen der Wellen tief unter ihnen zu einem dumpfen Dröhnen und hohes Gras überwucherte die uralten Schienen. In der Ferne leuchteten riesige Felder voll von weißem Unkraut in der Sonne. Dieses Unkraut war eine genmanipulierte Orchideenart, die irgendein Rusty-Wissenschaftler auf die Welt losgelassen hatte. Sie wuchs überall, saugte wie ein Blutegel die Nährstoffe aus dem Boden und erstickte bei ihrer Ausbreitung ganze Wälder. Irgendetwas am Ozean, vielleicht die salzige Luft, hielt sie
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