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Special - Zeig dein wahres Gesicht

Special - Zeig dein wahres Gesicht

Titel: Special - Zeig dein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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verschärft.“
    Tally schnaubte. „Ihr sperrt mich also wegen meiner Herkunft ein! Seid ihr denn total rusty im Kopf?“
    Auf diese Frage folgte ein langes Schweigen. Tally stellte sich vor, dass die Ärzte sich darüber stritten, was sie der Softwarestimme einflüstern sollten. „Warum foltert ihr mich?“, schrie sie und versuchte wie eine harmlos quengelnde Pretty zu klingen. „Zeigt mir eure Gesichter!“
    Sie rollte sich auf dem Bett zusammen und produzierte Schluchzgeräusche, machte sich aber bereit, jederzeit loszuspringen. Diese Trottel hatten wahrscheinlich nicht begriffen, dass Tallys Arme sich restlos geheilt hatten, während sie nicht bei Bewusstsein gewesen war. Sie brauchte jetzt nur eine Tür, die sich einen halben Zentimeter öffnete, und dann wäre sie im Handumdrehen aus diesem Krankenhaus raus, nackt oder nicht.
    Nach einem weiteren Moment des Schweigens war die Stimme wieder da. „Ich fürchte, wir können dich nicht laufenlassen, Tally. Aufgrund deiner körperlichen Veränderungen entsprichst du unserer Definition einer gefährlichen Waffe. Und gefährliche Waffen sind in Diego illegal.“
    Tally unterbrach ihre Schluchznummer, weil ihr Kinn nach unten klappe. „Das soll heißen, ich bin illegal ?“, rief sie. „Kein Mensch ist ja wohl illegal!“
    „Dir wird keinerlei Vergehen vorgeworfen, Tally. Wir halten die Behörden in deiner Stadt für verantwortlich. Aber ehe du dieses Krankenhaus verlässt, müssen die Gestaltsvergehen an dir korrigiert werden.“
    „Vergesst es! Ihr werdet mich nicht anrühren!“
    Die Stimme reagierte nicht auf Tallys Zorn, sie redete einfach in ihrem beruhigenden Tonfall weiter. „Tally, deine Stadt hat sich oft in die Angelegenheiten anderer Städte eingemischt, vor allem in der Flüchtlingsfrage. Wir glauben, dass du ohne dein Wissen verändert und hergeschickt worden bist, um unter unserer Zuwandererbevölkerung für Unruhe zu sorgen.“
    Sie hielten sie nur für ein dumpfes Werkzeug, noch nicht einmal für eine bewusste Agentin der Besonderen Umstände. Natürlich hatten sie keine Ahnung davon, wie kompliziert die Wahrheit war.
    „Dann lasst mich nach Hause“, sagte sie leise und versuchte ihre Frustration in Tränen zu verwandeln. „Ich gehe, das verspreche ich. Nur lasst mich frei.“ Sie bohrte die Zähne in ihre Unterlippe. Ihre Augen brannten, aber wie immer wollten sich keine Tränen einstellen.
    „In deiner derzeitigen morphologischen Konfiguration können wir dich nicht frei herumlaufen lassen. Du bist einfach zu gefährlich, Tally.“
    Wenn ihr wüsstet, dachte sie.
    „Es steht dir offen, Diego zu verlassen“, fuhr die Stimme fort. „Aber erst, nachdem wir einige physische Korrekturen vorgenommen haben.“
    „Nein!“ Kälte erfüllte sie. Das durften sie nicht.
    „Wir dürfen dich nicht freilassen, ohne dich zu entwaffnen.“
    „Aber ihr könnt mich nicht operieren, wenn ich das nicht will.“ Sie stellte sich vor, wie sie wieder schwach wäre, jämmerlich und erbärmlich und durchschnittlich. „Was ist denn mit der ... Einverständniserklärung in Kenntnis der Risiken?“
    „Wenn du es vorziehst, werden wir keinen experimentellen Vorstoß wagen, um deine manipulierte Gehirnchemie zu verändern. Unter sorgsamer Anleitung kannst du vielleicht lernen, dein Verhalten zu kontrollieren. Aber deine gefährlichen körperlichen Veränderungen werden durch bewährte chirurgische Praktiken korrigiert werden. Dazu ist dein Einverständnis nicht nötig.“
    Tally machte wieder den Mund auf, aber sie brachte keinen Ton heraus. Diese Leute wollten sie wieder durchschnittlich werden lassen, ohne dabei ihr Gehirn in Ordnung zu bringen? Was für eine albtraumhafte Logik sollte das denn sein?
    Die vier undurchdringlichen Wände, die sie umgaben, drohten sie plötzlich zu ersticken, ihre funkelnden Augen blickten hungrig und spöttisch. Tally stellte sich vor, wie kalte Metallinstrumente in sie hineingriffen und alles Besondere herausrissen.
    Als sie Zane geküsst hatte, hatte sie für einen kurzen Moment geglaubt, sie wolle wieder normal sein. Aber jetzt, wo ihr drohte, auf Durchschnittlichkeit zurückgestutzt zu werden, konnte sie diese Vorstellung nicht ertragen.
    Sie wollte Zane ohne Widerwillen ansehen, wollte ihn berühren, ihn küssen können. Aber nicht, wenn das bedeutete, schon wieder gegen ihren Willen verändert zu werden ...
    „Lasst mich doch einfach laufen“, flüsterte sie.
    „Ich fürchte, das geht nicht, Tally. Aber wenn wir

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