Speechless (German Edition)
wollte er das Bad nun nicht betreten… Eigentlich. Dennoch stand er vor der Tür und schob diese Millimeter für Millimeter auf. Dichter Wasserdampf waberte durch den kleinen Raum und just in dem Moment, in dem er in das Bad trat, wurde die Dusche ausgestellt, das Handtuch vom Harken genommen und wenig später wurde der Duschvorhang beiseite geschoben.
Eneas stoppte in seinen Bewegungen, grinste dann aber für sich und nahm sich noch ein anderes Handtuch, um die Haare etwas zu trocknen.
„Ich warte dann … im … Wohnzimmer“, brachte er gerade so raus, wagte es nicht Eneas irgendwie anzusehen und richtete seinen Blick deswegen auf den Fußboden…
Doch stand Eneas dann direkt vor ihm, zwei Finger legten sich unter sein Kinn und hoben seinen Kopf leicht an.
Ihre Blicke trafen sich und Eneas schüttelte sein Haupt. Cassiel sollte eben nicht im Wohnzimmer warten. Er wollte ansetzen, etwas zu sagen, doch brachte ihn ein Kuss Eneas’ zum Schweigen.
Und ihm entfiel jedes Argument, welches er eigentlich hatte bringen wollen. Er stand einfach nur da, legte ihm die Arme über die nackten Schultern und ließ ihn gewähren. Denn eigentlich war es genau das, worauf er den ganzen Tag gewartet hatte.
Ruhige Zweisamkeit.
Nur unterbrach er den Kuss selbst wieder, sah das Azurblau der Augen.
Er wollte so gern mit ihm reden. Nur nicht hier im Bad … vor allem sollte sich Eneas erst was anziehen!
Etwas Abstand zwischen sie bringend, kam er gar nicht drumherum, den anderen doch zu mustern und da fiel ihm auch erst das Tattoo auf, welches sich über die ehemals gut sichtbare Narbe aus der Highschoolzeit zog. Never give in , stand dort in schwarzen, leicht verschnörkelten Buchstaben.
Es gab wohl so viel, was Eneas ihm in ihren abendlichen Skypesitzungen nicht mitgeteilt hatte und irgendwie war es merkwürdig. Dinge von seinem Freund über andere Personen oder über Zufälle herauszufinden…
„Seit wann hast du das?“, fragte er, ließ seine Finger über den Schriftzug gleiten.
Eneas hob zwei Finger. „Zwei Monate?“, wollte er wissen und sah das Nicken.
„Warum hast du’s mir nicht gesagt?“, fragte er weiter.
Ich strippe nicht vor der Webcam , folgte die simple Antwort und ein halbes Grinsen zog sich über das hübsche Gesicht.
„Und warum weiß ich nicht, dass du jetzt etwas Höheres bei Empire Gaming bist?!“, harkte er nach.
Ich wollte es dir persönlich sagen .
Nun nickte Cassiel leicht für sich selbst. Also persönlich. Schön…
Ich habe dich vermisst.
„Ich weiß … ich dich auch“, gestand er ihm, seufzte. „Du hast dich … verändert…“
Seine Hände griffen nach denen Eneas’ und drehten die Handflächen nach oben, sodass er sich die Unterarme ansehen konnte. Nichts. Nur ein paar hellrote, frischere Wunden … Aber nicht mehr so viele wie früher.
Dann besah er sich die Finger. Alles in Ordnung… anscheinend bekam Eneas seine Probleme in den Griff…
Er ließ Eneas wieder los und dieser erklärte: Ich gehe regelmäßig zur Therapie. Es gibt eine neue Therapeutin.
„Und sie hilft dir?“
Sie sagt dasselbe wie du… Nichts Neues… Aber sie versteht mich – besser als mein letzter Psychodoc.
Er lächelte darüber. Es freute ihn, dass Eneas diese Entscheidung getroffen hatte. Es schien wirklich besser zu werden. Immer besser… „Und deine Depressionen? Sind sie weg?“
Er wusste jedoch, dass es vielleicht auch nur eine kurze gute Phase sein könnte. In den letzten Monaten hatte er viel über diese verschiedenen Dinge gelesen, die sich in Eneas vereint hatte.
Diese Störung der Selbstwahrnehmung, die Depressionen… Er hatte viel gelesen und manchmal beinahe einen Heulanfall bekommen, wenn er daran dachte, was passieren könnte, wenn Eneas irgendwann einen starken Rückfall bekommen würde.
Diese waren meistens gefährlicher als die vorhergehende Phase. Und er wollte das nicht…
Phasenweise. Ja. Manchmal, manchmal nicht , erhielt er die Antwort und schloss kurz die Augen. Es wird alles gut, redete er sich selbst ein und nickte dann. „Ok“, sagte er. Das musste reichen… er musste einfach nur daran glauben und hoffen, dass nichts Größeres passieren würde. Es würde alles gut!
Sie meinte, ich solle mir einfach etwas anderes suchen. Ein anderes Medium, um Stress oder ähnliches abzubauen… Nicht mich selbst, etwas anderes. Laufen gehen oder so was… Irgendwas, das mich ablenkt.
„Und?“, wollte er wissen, wirkte hoffnungsvoll und
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