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SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

Titel: SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Opitz
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ab sofort selbst im eigenen Betrieb genauso zu machen. Er habe diesen Gedanken jedenfalls von Ritz-Carlton mitgenommen und das seitdem in seinem kleinen Unternehmen auch so gemacht.
    Toll, denke ich bei mir. Hört sich aber gar nicht so verlockend an, diese schöne neue Dienstleistungswelt. Ich stelle mir vor, wie ich reagieren würde, wenn ich ab jetzt nur noch im Stehen arbeiten dürfte.
    Es geht gleich weiter. »Wenn Sie nur einen einzigen Gedanken aus dieser letzten Viertelstunde mitnehmen, dann den: Beginnen Sie mit der wichtigsten Aufgabe zuerst und lassen Sie die E-Mails E-Mails sein, konzentrieren Sie sich auf Ihre zukunftsorientierten Prioritäten. Sie haben dann zwar nicht mehr Zeit, aber Sie haben garantiert eine Verdoppelung Ihrer Effektivität um fünfzig Prozent.«
    Eine Verdoppelung um fünfzig Prozent? Moment, da stimmt irgendwas nicht. Egal. Ich will ja nicht pingelig sein, und außerdem hab ich gar keine Zeit, so richtig über das Gesagte nachzudenken, so schnell reiht sich hier ein Ratschlag an den nächsten, eine Anekdote an die andere.
    Als Nächstes lerne ich, dass ich mein Umfeld dazu erziehen soll, mir nicht mit Problemen zu kommen, sondern mit Lösungen, Vorschlägen, Antworten. Gute Idee. Das werde ich doch gleich beherzigen, wenn mein zweijähriger Sohn das nächste Mal, bevor ich zu einem Dreh ins Ausland aufbreche, wieder krank wird und hohes Fieber hat. Dann sag ich einfach zu ihm: »Komm mir nicht mit Problemen, sondern mit Lösungen, mein Kleiner.«
    Als Seiwert etwas von der Prioritätenmatrix und dem Pizzataxieffekt erzählt, schweift meine Aufmerksamkeit für kurze Zeit etwas ab. Ich schaue mir die Leute um mich herum an und versuche mir vorzustellen, welche Lebenssituationen sie hierher gebracht haben. Gern würde ich wissen, welchen Beruf der Glatzkopf vor mir hat und warum der strohblonde Typ mit der randlosen Brille seine Frau und seine Kinder mit zu diesem Seminar bringt. Haben diese zwölfjährigen Jungs etwa auch schon ein Zeitproblem? Hoffentlich nicht. Wahrscheinlich sollen sie hier was fürs Leben lernen. Wie man bei Porsche oder Ritz-Carlton Stehungen abhält oder so. Ich hoffe, dass ich nie auf die Idee kommen werde, meinen Sohn auf solch eine Veranstaltung mitzunehmen. Aber wer weiß schon, was die Zukunft bringt?
    Als ich mich geistig wieder in die Seiwert’sche Zeitmanagementshow einklinke, führt er gerade einen Zaubertrick vor. Er füllt einen Messbecher, der für eine Woche stehen soll, mit großen und kleinen Steinen. Dabei stehen die großen Steine für die wirklich wichtigen beruflichen und privaten Dinge des Lebens und die kleinen Kieselsteine für die nicht so wichtigen Dinge. Wenn er nun die Kieselsteine zuerst in den Messbecher hineinfüllt, sagt er, passen die großen Steine nicht mehr hinein. Es passt nicht alles hinein in den Becher beziehungsweise die Woche. Die wichtigen Lebensprioritäten hätten also immer das Nachsehen. Das Problem ist somit klar.
    Und Seiwert bietet auch gleich eine einfache Lösung an: Er macht es umgekehrt, er füllt die großen Steine zuerst in das Gefäß, schüttet dann die Kieselsteine darüber – und siehe da: Alles passt hinein. Sein Fazit: »Das ist ein ganz entscheidender Tipp und ein wichtiges Erfolgsgeheimnis: Konzentrier dich auf die großen Steine deines beruflichen wie privaten Lebens. Auf Neuhessisch: Put the big rocks in first .« Ich notiere Tipp Nummer drei: auf die wichtigen Dinge des Lebens konzentrieren. Wieder hatte eine Dame im Publikum die Antwort geahnt oder vorher in einem der Ratgeber gelesen und zur Bühne gerufen. Dafür erhält auch sie ein kleines Werbegeschenk des Zeitmanagementpapstes. Ein kleines rotes Bärchen aus Stoff. Sie freut sich und stellt das Bärchen neben ihre Kaffeetasse.
    Als Nächstes empfiehlt Seiwert uns eine Übung. Sie sei auch in den Unterlagen zu finden, die auf jedem Platz lägen. Wir sollen über unsere Lebenshüte nachdenken. »Welche Hüte, Ämter, Jobs, Hobbys, Verpflichtungen, Rollen hab ich denn alle so in meinem Leben?« Zur Illustration setzt er sich verschiedene lustige Schirmmützen übereinander auf den Kopf. Erst eine rote, dann eine gelbe, dann eine grüne und so weiter. Auf Seiwerts Kopf baut sich ein lustiger Mützenturm auf, der jeden Moment umzukippen droht. Der Zeitmanagementpapst sieht in diesem Moment ein wenig

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