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SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

Titel: SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Opitz
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aussehe, fragt Sprenger freundlich, ob ich gut schlafen könne. Kann ich. Sonst irgendwelche körperlichen Symptome? Hier und da mal so leichte Knochen- und Rückenschmerzen, nichts Gravierendes. Rückenschmerzen? Was ich denn an Sport mache? Sehr wenig, keine Zeit.
    Â»Also geht es immer wieder um das Thema ›Keine Zeit‹«, fasst er zusammen. »Okay, wir haben eigentlich jetzt schon die wesentlichen Punkte gestreift, die bei dem Thema ›Burn-out‹ eine Rolle spielen. Es geht zum einen um körperliche Symptome, wobei Sie da noch relativ gut dabei sind. Und es geht um dieses Gefühl ›Ich habe keine Zeit mehr, ich komm nicht mehr zum Wesentlichen und fühle mich ständig gehetzt‹.«
    Wie, das sollen schon die wesentlichen Punkte gewesen sein? Meine erste Therapiestunde hatte ich mir aber etwas tiefgründiger vorgestellt. Ich will doch mindestens noch von Dr. Sprenger wissen, woran ich konkret erkennen kann, ob ich ein Burn-out-Syndrom habe.
    Â»Ein richtiges Burn-out erkennen Sie daran, wenn Sie wirklich nicht mehr können. Das Burn-out im Endstadium ist dadurch gekennzeichnet, dass die Leute auch physisch nicht mehr können. Die kommen tatsächlich die Treppe nicht mehr hoch. Die können sich nicht mehr konzentrieren, kriegen nichts mehr auf die Reihe. Ein typischer Burn-out-Patient kommt am Freitagnachmittag zu mir und sagt: ›Herr Doktor, am Dienstag habe ich einen wichtigen Termin, also machen Sie mich gesund.‹ Und dann muss ich ihm erst mal diesen Zahn ziehen, weil der versucht, seine Genesung genauso zu betreiben, wie er auch in das Burn-out reingekommen ist. Und wenn jemand an dem Punkt ist, an dem er nicht mehr kann, dann muss man ihn auch aus dem Verkehr ziehen: Da hilft in der Regel nur noch eine stationäre Behandlung.«
    Autsch. Das klingt nicht gut. In diese Situation möchte ich auf keinen Fall kommen. Ich würde jetzt sehr gern von Dr. Sprenger hören, dass ich kein Burn-out habe. Aber ich trau mich nicht, ihn zu fragen. Was ist, wenn er eins diagnostiziert? Muss ich dann in eine Klinik? Psychopharmaka schlucken? Ich hab Schiss.
    Â»Habe ich ein Burn-out Ihrer Meinung nach?«, frage ich dann aber doch unter Aufbringung all meines Mutes.
    Â»Sie haben, glaube ich, sehr wohl die Anfangssymptome, die in ein Burn-out reinführen können. Und Sie sind sehr gut damit in Kontakt, dass das ein Problem ist. Deshalb würde ich Ihnen raten, jetzt auf der Stelle schon Maßnahmen zu ergreifen, die etwas mit Grenzsetzung zu tun haben, dann werden Sie nicht in das Burn-out reinkommen.«
    Ich muss schlucken. Was heißt das jetzt? Klingt, als sei ich zumindest auf dem besten Weg dahin. Ich spüre Panik in mir aufsteigen.
    Es gäbe da einen guten alten Satz von Tucholsky, sagt Dr. Sprenger: »Leben heißt aussuchen.« Da wäre schon damals was dran gewesen und heute umso mehr. Wir müssten ständig aussuchen und Ja und Nein sagen – und eines der Hauptprobleme, bei Leuten, die ausbrennen, sei, dass sie keine klaren Grenzen setzten. Wenn ich zum Beispiel das Gefühl hätte, immer erreichbar sein zu müssen, würde er empfehlen, Zeiten festzulegen, an denen das Handy ausgeschaltet wird. Das sei der eine Punkt. Der zweite Punkt sei die Frage, wonach man sich eigentlich richten sollte. Und sehr gute Taktgeber seien da der eigene Organismus und die eigenen Grundbedürfnisse. Das seien gar nicht so viele. Körperlich seien es drei: Schlaf, Bewegung, Ernährung. In den entwickelten Industrieländern hätten wir in allen dreien oft Probleme. Daneben gäbe es vier psychische Bedürfnisse: Bindung, Selbstwertbestätigung, das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle. Und das Bedürfnis nach Lustbefriedigung. Damit sei nicht nur die sexuelle Lust gemeint, sondern etwa auch Achterbahn zu fahren und Spaß zu haben.
    Â»Das sind sieben verschiedene Bedürfnisse«, sagt Dr. Sprenger. »Wenn die einigermaßen im Gleichgewicht sind, geht’s uns eigentlich gut. Es ist nur wichtig, darauf zu achten, dass sie im Gleichgewicht sind. Und Ihr Organismus sagt Ihnen das eigentlich, wenn Sie auf die Signale hören.«
    Das Problem bei vielen modernen Menschen sei jedoch, dass sie das nicht tun oder die Signale, die ihnen der eigene Organismus gibt, zu beseitigen versuchen. Ob nun mit Kaffee, Energydrinks, Medikamenten oder Drogen. Kommt mir auch nicht unbekannt vor: Hab ich

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