Speichelfaeden in der Buttermilch
Mottenkatastrophe steht.
Das milde Wetter hat die wie besoffen fliegenden Motten ganz schön aus ihren Löchern rausgeholt. Dem großartigen Joe Remick haben Kleidermotten gestern, als er die »News« mit mächtigem Bass verlas, innerhalb von drei Minuten das gesamte Beinkleid weggefressen. Remick kam mit Hose ins Studio und ohne diese verließ er es wieder. Über jedem Mitarbeiter surrt mittlerweile ein Mottenschwarm, dass es eine Art hat. Es sieht aus wie in einem Insektenhorrorfilm, hier im Büro. An jedem Körper kleben diese ekligen Mottenfallen, an denen die Redakteure hängen bleiben. Der Chefcontroller sieht nichts mehr, weil sich ein ganzer Mottenstamm auf seinem Nasenfahrrad niedergelassen hat. Irgendwas muss passieren und zwar schnell.
Dass tus Schluss macht mit lästigen Insekten, können wir nicht unbedingt bestätigen. Durch das hysterische Gespraye verloren leider nur zwei Internetredakteure vergiftet ihr kümmerliches Leben. Die Motten selbst zeigten sich erstaunlich unbeeindruckt und genossen die Giftbombardierung offensichtlich sogar noch. Wir haben jetzt über acht Milliarden Motten im 100m²-Büro. Und es werden stündlich Millionen mehr. Wir haben resigniert und wissen nicht mehr weiter. Wortchef Pieper liegt mit dem Gesicht nach unten vor dem Livestudio, abertausende Motten krabbeln über seinen Rücken. Lebt er noch? O mein Gott, vielleicht sollte doch irgendjemand mal kurz das Fenster öffnen …
11.3.
Liebes Tagebuch, in Wahrheit hat FM4 in Bayern mehr Hörer als in Österreich. Darum ist es mal an der Zeit, sich diesen bayrischen Hörern zu widmen. Viele von ihnen hatten jahrelang kein Radio mehr gehört, aus Selbstschutz und teilweise auch, weil es ihnen vom Arzt verboten wurde. In Bayern nämlich, wie auch im übrigen Deutschland, hört man auf jedem Sender bis zu 65-mal am Tag Tina Turner, noch viel öfter Phil Collins und Marius Müller-Westernhagen, den Rest des Tages läuft entweder »Scooter«, Jeanette Biedermann oder Yvonne Catterfeld. Das hat bei vielen Deutschen schon zu freiwilligen Hörstürzen geführt und zu Selbstverstümmelungen des Trommelfells. Tausende von jungen Bayern haben sich mit der Gabel und dem Messer in der Früh Amboss und Steigbügel kaputtgemacht, weil sie das Gedudel aus dem Radio nicht mehr ertragen konnten. Mit Hilfe von FM4 werden sie jetzt ganz langsam und vorsichtig wieder ans gute alte Dampfradio herangeführt.
Liebes Tagebuch, es gab Bayern, die bei einem Österreichbesuch ihren österreichischen Gastgebern die Radiogeräte stahlen, in der Hoffnung, dass sie dann auch zuhause im Freistaat FM4 hören können. Nördlich von München kann man FM4 ja nicht mehr empfangen, es gibt Regensburger, die sich 24-Stunden-Kassetten schicken lassen und dann so tun, als könnten sie FM4 empfangen. Da finde ich es nur recht und billig, wenn wir von Wien aus mal ein kräftiges »Pfüat eich Gott!« über die Grenze rufen. Und einen Rat. Wenn euch euer bayrisches Radio nervt, macht doch einfach euer eigenes. Das ist gar nicht so schwer und geht ohne jede Ausbildung, wie wir bei FM4 es täglich beweisen.
12.3.
Liebes Tagebuch, kennst du den größten Unterschied zwischen Ö3 und FM4 ? Kleiner Tipp: Du erkennst den Unterschied, wenn du mal einen Blick auf den Ö3 -Parkplatz wirfst und danach auf den FM4- Parkplatz. Bei uns steht kein einziges Auto, während die Kollegen des Erfolgssenders Doppel- und Dreifachgaragen haben. Tatsächlich hat bei FM4 niemand ein Auto, während manche Ö3 -Kollegen mehr Autos haben als Auto-Denzel oder Honda-Havelka oder wie diese Firmen heißen, mit denen man als FM4- Mitarbeiter niemals in Berührung kommt. Der Grund für unsere Autolosigkeit ist natürlich zum einen unsere Armut. Die Banken reißen sich nicht gerade um dich, wenn du um einen Kredit anfragst und als Sicherheit nur einen Job bei FM4 anbieten kannst. Tatsächlich reicht ein Durchschnittsverdienst bei uns nicht mal für ein Mofa. Unsere Fortbewegungsmittel sind aus Leder und haben Schnürsenkel. Zum anderen sind wir aber draufgekommen, dass nur drei Mitarbeiter überhaupt einen Führerschein haben. Stermann, Votava und Ostermayer. Ich selber habe nie versucht, den Führerschein zu machen, alle anderen haben die Prüfung nie geschafft. Stuart Freeman hält mit 69 Versuchen den redaktionsinternen Rekord. 69-mal durch die Führerscheinprüfung gefallen, weil er sich als Engländer reflexartig bei der praktischen Prüfung immer auf den Beifahrersitz gesetzt hat.
Liebes
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