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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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gesetzt hat, angeblich bekommt man für 1 Euro nur 1 Euro 10, wenn ich innerhalb der ersten Runde tot umfalle. Das macht mir nichts. Ich nehme mir an Pulsinger ein Beispiel, der seinen Kampf in Rekordzeit gegen Sven Hannawald gewonnen hat. Bei der Begrüßung im Ring hat Patrick mit seinen Boxhandschuhen so fest gegen die Boxhandschuhe des Skispringers geboxt, dass Hannawald zu Boden sank und liegen blieb. Noch vor dem Gong zur ersten Runde. Genauso will ich's auch versuchen. Ich bin eine FM4- Killermaschine.
    26.2.
    Liebes Tagebuch, wir sind draufgekommen, dass bei FM4 nur drei Mitarbeiter bei österreichischen Nationalratswahlen wahlberechtigt sind. Chefsekretärin Anna Nemeth, Chefcontroller Blumenau und Chefin Eigensperger. Alle anderen sind entweder zu jung oder Ausländer oder das Wahlrecht ist ihnen entzogen worden aufgrund einer kriminellen Vergangenheit oder Altersdemenz oder großer Verwirrtheit. Wir sind etwa 100 Mitarbeiter bei unserem kleinen Hippiesender, und wir alle werden also von 3% der Belegschaft demokratiepolitisch vertreten. Mir selbst wurde bereits vor fünf Jahren das Wahlrecht entzogen, wegen groben Unfugs und schwerer Urkundenfälschung, weil ich in meinem Pass das Geburtsjahr geändert habe. Auf 1986. Damit ich für mich Kinderbeihilfe bekomme. Außerdem habe ich die Asche meines verstorbenen Goldhamsters in die Wahlurne geschüttet. Urne ist Urne, dachte ich. Seit damals werde ich jedes Jahr auf meinen Geisteszustand überprüft. Bis jetzt habe ich von den Psychologen noch kein grünes Licht bekommen für die Wiederherstellung meines Wahlrechts. Na ja, bis zur nächsten Nationalratswahl habe ich ja noch ein bisschen Zeit. Wird schon werden.
    Liebes Tagebuch, in Österreich darf ich nicht wählen, weil ich Deutscher bin, und in Deutschland darf ich nicht wählen, weil ich in Österreich bin. Aber damit bin ich nicht allein. Stuart Freeman ist Engländer und darf auch nicht in England wählen, weil er 1984 bei einer Party im Buckingham-Palast Prince Charles an den Ohren gezogen hat und dessen Freundin Camilla Parker Bowles in die Erdbeerbowle warf. Duncan Larkin hat im Londoner Hyde Park auf einer Bananenkiste stehend jahrelang wirre Reden gehalten, in denen er forderte, dass sein Pudel Malcolm König von England werden solle. Interessanterweise stand damals auf einer Nebenkiste Christian Fuchs, der sich verständlicherweise vehement gegen die Fuchsjagd aussprach. Dort am Speaker's Corner haben sich die zwei kennen gelernt, und so ist Duncan dann auch zu FM4 gekommen. Joe Remick hat erst heuer sein Wahlrecht verloren, weil er bei den US -Wahlen nicht für Bush gestimmt hat und deshalb als Terrorist gilt. Ja, wer bei FM4 arbeitet, hat keine Wahl. Wir trösten uns mit dem alten schönen Satz: Wahlen ändern nichts, sonst wären sie verboten.
    27.2.
    Liebes Tagebuch, es zerreißt mir das Herz. Die jungen Kollegen Haipl, Puntigam und Schreiber sitzen mit leeren Gesichtern an ihren Schreibtischen. Lange haben sie alle für »Die Sendung ohne Namen« gearbeitet, jetzt arbeiten sie ohne »Sendung ohne Namen« und sind in ein tiefes Loch gefallen. Ohne Sendung, ohne Namen, ohne Perspektive, ohne Sinn. Ich verstehe ja den ORF , wenn Redakteure es jahrelang nicht einmal schaffen, einen Sendungsnamen zu finden, dann ist wahrscheinlich Hopfen und Malz verloren. So gesehen, waren die Fernsehbosse eh unglaublich geduldig mit den Herren. Fernsehsendungen brauchen nun mal einen Namen. Sie müssen »Am Dam Des« oder »ZiB 1« heißen oder von mir aus auch »Zu dritt in kleine Förmchen setzen«, so wie man ja auch Kindern einen Namen geben muss. Würden Kinder keinen Namen haben, dann wäre es in der Schule so: »Mädchen ohne Namen, setze dich neben das Mädchen ohne Namen und hör auf, von dem Jungen ohne Namen abzuschreiben.« Oder im Kaufhaus: »Der kleine Junge ohne Namen sucht seine Eltern.« Oder in der Politik: »Zur neuen Außenministerin wurde vom Bundeskanzler ohne Namen die Frau ohne Namen bestimmt.« Nein, die Herren Haipl, Puntigam und Schreiber mitsamt Regisseur David Schalko müssen sich da schon Kritik gefallen lassen.
    Liebes Tagebuch, mein höchstbegabter Kollege Grissemann hat völlig Recht. Man stelle sich mal den Kommentar eines Fußballspiels vor: »Mann ohne Namen passt zu Mann ohne Namen, aber da wird er vom Mann ohne Namen von hinten übel gefoult, und vom Mann ohne Namen wird der Mann ohne Namen jetzt zu Recht vom Platz gestellt.« Wie lang könnte man sich so einen Irrsinn

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