Speichelfaeden in der Buttermilch
zusammenzuarbeiten, feierlich unterschreiben mussten. Ich zitiere: »Die Unterzeichner verpflichten sich, sich nicht gegenseitig Stinkstange zu nennen und dürfen sich selbst und andere niemals eigenhändig erwürgen.« Ihre Beschimpfung ist ein eindeutiger Verstoß gegen diesen Vertrag.
G (immer betrunkener) : Na und? Nicht an meinen Worten, sondern an meinen Taten sollen Sie mich messen.
Mit einem lauten Krachen gelingt es den Radikalen, die schwere Tür des Präsidenten mit dem schweren Körper des deutschen Entertainers zu durchbrechen. Stermann fällt in den Schoß des weinenden Bundespräsidenten, der, wie immer, betreten schaut.
S (waidwund blutend, trotzdem in dieser Extremsituation Höflichkeit bewahrend) : Verzeihen Sie, Eure Exzellenz.
Bundespräsident Klestil schaut immer betretener und jammert leise vor sich hin. Stermann wird festgenommen, und Grissemann hört am anderen Ende mit, wie Stermann von zwei Polizisten durchs Fenster zurück auf die brennende Straße geworfen wird. Während des Fluges führt Stermann mit Grissemann das Telefonat zu Ende.
S : Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Es ist eine Schande für Österreich. Ich bin froh über die Gnade meiner deutschen Geburt, Herr Grissemann.
Grissemann hört über Telefon mit, wie Stermann auf die Pflastersteine des Ballhausplatzes kracht.
G (komplett betrunken) : Ach, es hieß doch, dass deutsche Chaoten mit Pflastersteinen auf Polizisten werfen. Dabei werfen Polizisten deutsche Chaoten auf Pflastersteine.
Grissemann legt auf und erwürgt sich eigenhändig, nachdem er sich mehrmals in den Kopf geschossen hat.
Zwei Nachrufe
Gestern Nacht ist Dirk Stermann gestorben. Ich kannte ihn seit über 25 Jahren als einen fleißigen, freundlichen Kollegen. Er hinterlässt 23 Frauen und 23 Kinder, seine eigenen nicht mitgerechnet. Er hat einen Schuss deutsche Fröhlichkeit in den österreichischen Schmäh mit eingebracht, auch wenn seine Fernsehauftritte immer seltener und seine Haare immer grauer wurden. Liebe Freunde, es geht kein Großer von uns, mehr ein kleines Rädchen, aber jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Das schwächste Glied der österreichischen Unterhaltung hatte all seine Kraft verbraucht und ist gestern in einem Flugzeug erschlagen worden. Nun, ich denke, wir können es verkraften. Und, lasst es mich so sagen, es trifft nie Unschuldige. Beerdigung findet keine statt, man hat den Körper auf Wunsch der Familie einfach im Flugzeug liegenlassen. Dass es mir überhaupt gestattet wurde, auf FM4 einen Nachruf auf meinen Kollegen halten zu dürfen, war erst nach langen Diskussionen mit den FM4 -Gewaltigen möglich, lieber hätte man an dieser Stelle einen Skateboard-Event in Attnang-Puchheim beworben oder eine Motorola-Werbung geschaltet. Stermanns Postfach übrigens hat direkt nach Bekanntwerden seines Todes ein junger Kollege übernommen. Als Ersatz für Stermann in der Radiosendung »Salon Helga« wurde der Ex-Schisprungweltmeister Jens Weisflog engagiert.
Christoph Grissemann war ein leuchtender Stern, ein eigenes Planetensystem, ein eigenständiges Universum, zu groß und strahlend für diese Welt. Ich weigere mich zu sagen, »Christoph Grissemann ist tot«. Ein Mann wie er kann niemals tot sein. Er lebt in mir, in uns. Sein Werk lebt als er selbst stets weiter. FM4 hat seinen einzigen Star und sein Gewissen verloren. Der ORF trauert um seinen größten Sohn. Österreich ist wieder zu einer Fußnote im Weltatlas geschrumpft. Es ist kalt ohne dich, Christoph! Unsere eigene Dummheit bläst uns ins Gesicht, wenn wir ohne dich, den stets mahnenden, ewig kritischen Geist, dahinvegetieren müssen. Du starbst, nein, vielmehr gabst du deine körperliche Hülle gestern an den zurück, der nach deinem Ebenbild geschaffen wurde, Gott. Christoph Mark Grissemann ging gestern für immer von uns, nachdem er im Alkoholrausch an meinem Erbrochenen erstickt ist. Ich hatte mich in sein Gesicht übergeben, als er mich nach der Uhrzeit fragte. Vorbei. Geschehen ist, was geschehen ist. Der Leichnam wurde sofort in den Vatikan überführt, weil Grissemann auch nach seinem Tod noch immer als Papstnachfolger im Gespräch ist. Es trauerten nicht nur die Erde, auch der Mond und Grissemanns Herkunftsplanet Uranus. Die Sonne wird zwei Tage lang nicht mehr scheinen, und danach immer nur ein kleines bisschen. Allen Erdenbürgern ist ein Schweigejahr verordnet worden. Wir alle sind mit ihm gestorben, nur weil ich alter Esel ihm ins Gesicht
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